Mittwoch, 19. August 2009

Die Sendung mit der Ursula

Vorzulesen im "Die Sendung mit der Maus"-Tonfall:

Das ist die Ministerin. Sie sieht nett aus, hat viele Kinder und ist irgendwie wichtig. Deshalb mögen wir sie. Sie weiß etwas, was viele wissen: nämlich, dass in manchen Postämtern in manchen Schließfächern kriminelle Pakete liegen. Also nicht die Pakete sind kriminell, sondern der Inhalt. Nicht Haschisch oder so was, sondern - das wollt ihr nicht wissen. Sicher. Ganz sicher. Und die Leute, die die Pakete da hingelegt haben, das sind Leute, die will wirklich niemand kennen. Und es gibt Leute, die wollen diese Pakete abholen, die kennt man auch besser nicht. Alle anständigen Leute wollen, dass diese kriminellen Pakete verschwinden. Und die, die die Pakete hingelegt haben, gleich mit. Da sind sich alle einig. Eine Ministerin, weil sie so wichtig ist, kann eine Menge tun. Sie kann zum Beispiel den Polizeipräsidenten anrufen und sagen: Schick' mal deine Leute los, beschlagnahmt die Pakete und verhaftet die Besitzer.

Das wäre ganz einfach. Das macht sie aber nicht.

Sondern: Sie geht zum Postdirektor und sagt: Schraube mal von diesen Fächern die Namensschilder ab. Der Postdirektor weiß, dass das Unsinn ist, denn die Pakete sind ja immer noch da, macht es aber trotzdem.

Wenn ihr das nicht versteht, dann seid ihr damit nicht allein. Das versteht nämlich niemand. Man könnte sagen, das ist einfach nur dusselig, aber das ist noch nicht die ganze Geschichte.

Wo nämlich die Schilder abgeschraubt werden, ist geheim. So will es die Ministerin. Und wenn Erwachsene etwas heimlich tun, führen sie nur selten Gutes im Schilde. Gut, man könnte sagen, sonst hätte die Aktion ja gar keinen Sinn. Aber es gibt viele Leute, die man aber in der Tagesschau nicht zu sehen kriegt, die sagen: vielleicht lässt die Ministerin diese kriminellen Pakete ja mit Absicht nicht beschlagnahmen, damit sie eine Ausrede hat, warum sie heimlich an den Schildern schrauben lässt.

Die Leute, die denken, die man aber in der Tagesschau nicht sieht, denken deshalb außerdem, dass, wenn sie auch weiterhin denken und das, was sie da denken, auch noch aufschreiben, dass also dann ihnen auch mal die Schilder vom Briefkasten abgeschraubt werden. Zum Beispiel, weil sie beim Denken auf die Idee gekommen sind, dass die Ministerin vielleicht ein bisschen doof ist. Worüber sich die Ministerin so sehr ärgert, das sie ... na? Kommt ihr selber drauf ...? Richtig. Sie ruft heimlich den Postdirektor an, und der schraubt das Namensschild ab von dem, der denkt, dass seine Gedanken eigentlich in der Tagesschau gedacht werden sollten, wo er aber nicht zu sehen ist.

Und dann könnte ja jemand von denen, die nicht so viel denken, auf die völlig verkehrte Idee kommen: Oh, da fehlt das Namensschild! Das ist wohl eins von diesen kriminellen Schließfächern, die so einem gehören, den man nicht kennen will. Und das wäre für den Denker ganz schlecht. (Das könnt ihr jetzt gern selbst weiterdenken.)

Und, das ist jetzt das Ende der Geschichte, damit wäre das Gegenteil passiert von dem, was die Ministerin gesagt hat, was passieren sollte.

Was lernen wir daraus? Denken ist gefährlich. Deshalb wird es euch in der Schule auch nicht beigebracht.

(Text von Wolfram (nowhereman.de))

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