Mittwoch, 7. Oktober 2009

Die Schröder-Ära als Weg in Richtung neue Klassengesellschaft

Das Wahldesaster der SPD bei den Bundestagswahlen 2009 und die einige Jahre zuvor geschehene Neugründung der Linkspartei ist in der Parteiengeschichte der Sozialdemokraten vom Muster her keine neue historische Erscheinung. Wann immer Parteichef Franz Müntefering in der Berliner Parteizentrale seine Berührungsverbote gegenüber der Linken verkündete, stand die Bronzebüste des "Parteiheiligen" Willy Brandt nicht weit. Wie kleinkariert sich die SPD-Führung in dieser Frage verhielt, wird deutlich, wenn man weiß, dass Brandt selbst einmal einer linken Abspaltung der SPD angehörte.

Derartige Abspaltungen sind also prinzipiell nicht neu, neu aber sind die gesellschaftspolitischen Konstellationen, die aktuell zur Gründung der Linkspartei und der Krise der SPD führte. Anfang des 20. Jahrhunderts war es die Zustimmung zu den Kriegskrediten 1914 durch die SPD-Fraktion im Reichstag, warum sich mehr als ein Dutzend SPD-Abgeordnete von der Mutterpartei abwandten. Sie wurden aus der Partei ausgeschlossen und gründeten daraufhin 1917 die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD). Links sein, das bedeutete damals sich gegen den Ersten Weltkrieg zu wenden.

Rund 14 Jahre später wiederholte sich der Vorgang der linken Abspaltung. Diesmal waren es sechs Mitglieder der SPD-Reichtagsfraktion, die von der Mutterpartei ausgeschlossen wurden und daraufhin im Herbst 1931 die Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (SAP) gründeten. Die SAP kritisierte die zögerliche und unentschlossene Haltung der SPD gegenüber der aufkommenden faschistischen Gefahr durch die NSDAP und setzte sich für eine Einheitsfront von SPD, KPD und Gewerkschaften ein. Auch Willy Brandt trat in seiner Heimatstadt Lübeck der SAP bei. Nach ihrer letzten Regierungsbeteiligung 1928 wurde die SPD in der Opposition angesichts der sich verschärfenden Wirtschaftskrise zwischen KPD und NSDAP zerrieben und kam im März 1933 nur noch auf 18,3 Prozent der Stimmen.

Die jüngste linke Abspaltung der SPD begann mit dem Partei-Ausschluss von regierungskritischen Gewerkschaftern in Nürnberg, was im Januar 2005 zur Gründung der Partei "Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit" führte, die sich 2007 mit der "Partei des demokratischen Sozialismus" (PDS) zur Linkspartei verband. (...)

Im Mittelpunkt der Schröderschen "Reformen" stand der Arbeitsmarkt. Der ursprüngliche Auftrag an die von dem ehemaligen VW-Manager Peter Hartz geführte und nach ihm benannte Kommission lautete, die Arbeitsämter zu modernisieren, um die Vermittlung von Arbeitslosen in Arbeit zu beschleunigen. Als Hartz im August 2002 seinen Bericht der Bundesregierung übergab, war daraus ein Werk mit umfangreichen Reformvorschlägen geworden. Mit zahlreichen Neuerungen wie "Ich-AG" oder der Erleichterung von Leiharbeit wollte man die steigende Arbeitslosigkeit in den Griff bekommen. Die Redlichkeit dieser Absicht ist sicherlich der Grund, warum Sozialdemokraten auch heute noch an der Agenda 2010 festhalten wollen, dabei aber die Augen vor den gravierenden gesellschaftlichen Folgen verschließen.

Denn das den Reformen zugrundeliegende Paradigma, dass Maßnahmen am Arbeitsmarkt der Schlüssel zu mehr Beschäftigung sind, ist in höchster Linie fragwürdig. Wer ein Auto besitzt, kauft nicht deshalb 200 Reifen, weil die momentan günstig zu haben sind. Auch ein Unternehmer ohne Aufträge stellt nicht deshalb neue Mitarbeiter ein, weil sie gerade ihre Arbeitskraft für billiges Geld zu Markte tragen müssen. Sondern wegen gestiegener Nachfrage nach seinen Produkten. Aus diesem Grund gibt es auch keinen Wissenschaftler auf diesen Planeten, der einen kausalen Zusammenhang von Arbeitsmarktreformen und mehr Arbeitsplätzen nachweisen kann. Es ist die anspringende Konjunktur oder es sind Investitionsprogramme, die neue Arbeitsplätze schaffen und nicht die Absenkung des Arbeitslosengeldes auf Sozialhilfeniveau.

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