Sonntag, 6. Dezember 2009

Unabhängige Medien, freie Presse, "vierte Gewalt"?

  1. Kein Zweifel: Was sich Koch (CDU) und seine Freunde im ZDF-Verwaltungsrat geleistet haben, ist ein Anschlag auf die Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Mediums ZDF. Aber der Protest der Chefredakteure und anderer Medienmacher wäre glaubwürdiger, wenn sie sich genauso vehement gegen den Zugriff der Wirtschaft und der neoliberalen Ideologen wehren würden. Das tun sie nicht, offensichtlich weil sie in diesem Zugriff mittendrin stecken. (...)

    Ich könnte diese Reihe von Ungereimtheiten um viele weitere Beispiele ergänzen. Die Intervention unserer Spitzenmedienvertreter ist leider sehr unglaubwürdig, sie ist verlogen. Es geht den meisten vermutlich nicht um die Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Offensichtlich nutzen sie diesen Fall, um sich als unabhängig zu präsentieren, was sie nachweisbar nicht sind.

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  2. Etwas Grundlegendes geschieht, nicht nur in Anklam, sondern im ganzen Land. In bislang nicht gekanntem Umfang entlassen Zeitungsverlage ihre Leute, schließen ganze Redaktionen, lagern sie aus, ersetzen fest angestellte Redakteure durch billige Leihkräfte. Ein "Revolutionsjahr" nennt es Michael Seidel, der Chefredakteur des Nordkuriers. Über ein "Jahr der großen Transformation" spricht Konstantin Neven DuMont, der Verleger der Berliner Zeitung. Es ist ein Jahr, in dem die Werbeerlöse um schätzungsweise 20 Prozent gesunken sind. Eine der zwei wichtigen Geldquellen der Verlage wurde zum Rinnsal. Die große Frage ist, was bleibt nach diesem Jahr von der Presse übrig? (...)

    Wenn der Philosoph Jürgen Habermas sagt, eine Demokratie könne ohne Öffentlichkeit nicht existieren, dann meint er eine Öffentlichkeit, in der Journalisten eine gut informierte, kritische Kontrollinstanz sind. In der sie Zeit haben, nachzudenken und zu recherchieren. Wenn der Historiker Wolfgang Mommsen sagte, menschliches Handeln sei nicht in erster Linie vom objektiven Dasein bestimmt, sondern davon, wie der Mensch sein Leben wahrnehme, dann heißt das für die Medien: Sie prägen das Bewusstsein. Heute gilt das mehr denn je: Was die Menschen nicht selbst erleben, nehmen sie meist durch Medien wahr.

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