Freitag, 27. August 2010

Die Kosten des Neoliberalismus: 50 Milliarden für Niedriglöhne

  1. Seit dem Start von Hartz IV haben die Steuerzahler weit über 50 Milliarden Euro ausgegeben, um Niedriglöhne aufzustocken. Dies geht aus Zahlen des Bundesarbeitsministeriums hervor, die der Frankfurter Rundschau vorliegen.

    Die Ausgaben für die Aufstocker steigen kontinuierlich, von acht Milliarden Euro in 2005 auf elf Milliarden Euro in 2009. Das entspricht der Summe, die die Bundesregierung mit dem Paket zur Einhaltung der Schuldenbremse einsparen möchte. Damit dient im Hartz-IV-System fast jeder dritte Euro dazu, niedrige Löhne aufzustocken, weil diese allein den Lebensunterhalt nicht sichern. 2005 hatte dieser Anteil noch bei einem Fünftel gelegen.

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  2. (...) Der Widerspruch zwischen der Ideologie vom "schlanken Staat" und der Wirklichkeit eines milliardenschweren Kostensenkungsprogramms für Firmen liegt zwar auf der Hand, und es läge nahe, die FDP einmal zu fragen, warum sie diese Subvention nicht abzubauen gedenkt. Aber Vorsicht: Dafür gäbe es zwei unterschiedliche Wege. Der eine bestünde darin, die Rückkehr zur menschenwürdigen Bezahlung von Arbeitnehmern durch Unternehmen zu erzwingen, etwa durch einen gesetzlichen Mindestlohn. Die andere läge darin, den Niedriglöhnern die Zuschüsse zu kürzen, also den Lebensstandard der Ärmeren noch weiter zu senken. Wofür sich unsere Regierung wohl entscheiden würde?

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Anmerkung: Die Beantwortung der obigen (rhetorischen) Frage fällt nicht schwer - die neoliberale Bande kennt schließlich nur einen Weg, und der führt für den Großteil der Menschen in diesem Land in die Armut.

Was mich aber, wie so oft, an diesen Artikeln (nicht nur) aus der Frankfurter Rundschau stört: Fast immer lesen sich die Texte so, als seien die erkannten und benannten Missstände und Probleme "versehentlich" entstanden, also quasi "handwerkliche Fehler" der Politik. Das ist grotesk - denn das Gegenteil ist der Fall: Diese Ergebnisse sind nicht zufällig oder versehentlich zu beklagen, sie sind genau so gewollt.

Auch das politische Theater der Grünen und der SPD - alle beide Urheber dieses staatlichen Verarmungs- und Unterdrückungsinstruments - wird vollkommen kritik- und kommentarlos von der Zeitung hingenommen. Statt dessen wird Schwarz-Gelb verhalten kritisiert - allerdings in einer so lauen Form, dass man als Leser dem Eindruck verfällt, hier werde ein ungezogenes Kind gescholten. Angesichts der Tragweite und Dringlichkeit des Themas ist es schlichtweg lächerlich, was die Frankfurter Rundschau hier bietet.

4 Kommentare:

Mrs. Mop hat gesagt…

Brillianter Kommentar von dir, auf den Punkt gebracht. Danke!

Charlie hat gesagt…

So brilliant finde ich den Kommentar jetzt gar nicht, zumal ich ähnliches schon fünfzigmal zuvor geschrieben habe. ;-) Ich rege mich aber immer noch jedesmal darüber auf, wenn ich wieder auf so ein laues Lüftchen von (Schein-)Kritik stoße, und das ausgerechnet in einem der letzten Blätter, die sich noch ein gewisses Maß an Unabhängigkeit, Kritikfähigkeit und eigener Meinung bewahrt haben. Zumindest von Zeit zu Zeit.

Aus anderen Blättern - insbesondere den Springer-Auswürfen - ist man das ja gewohnt. Erst gestern hat mir flatter wieder den Abend verdorben, weil er auf einen Text aus der "Welt" hingewiesen hat, für den das Wort "lächerlich" noch eine Auszeichnung wäre:

http://feynsinn.org/?p=4487

Mrs. Mop hat gesagt…

Sag' ich doch. Stete Binse höhlt den Stein, du erinnerst dich? Das 50-malige Wiederholen schließt ja nicht aus, dass die 49. Wiederholung besonders treffend gelungen ist...;)

Charlie hat gesagt…

Falls Du auch zukünftig gelegentlich hier vorbeischaust, werden Dir ausufernde Wiederholungen ohnehin nicht erspart bleiben. :-) Das liegt in der Natur der Sache ... da hast Du vollkommen recht.

Wenn es um die reine Faktenlage ginge, könnte man beispielsweise die Nachdenkseiten auch morgen schließen - es ist alles gesagt, die Fakten liegen auf dem Tisch, und man müsste unverzüglich die Reißleine ziehen und tabula rasa machen.

So jedenfalls müsste eine aufgeklärte und denkfähige Menschheit bzw. deren gewählte Vertreter handeln. Nun ja.

Also auf zur 50. ... 78. .... 189. .... Wiederholung - auf dass das Korn irgendwann doch noch auf fruchtbaren Boden trifft, solange es den noch gibt.