Samstag, 10. April 2010

Deutschland: Schwebend vor dem Abgrund

Schulen, Schwimmbäder und Theater werden geschlossen, an allen Ecken und Enden wird gekürzt. Dennoch geht die Überschuldung vieler deutscher Städte unaufhaltsam weiter. Ein Besuch in Wuppertal – einer ganz normalen Stadt mit zwei Milliarden Euro Schulden.

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Anmerkung: Dieser ausführliche, sehr lesenswerte Bericht (der bezeichnender Weise in der Schweiz publiziert wurde und nicht in Deutschland) steht stellvertretend für die Situation so vieler Städte und Kommunen in Deutschland. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis der wütende Neoliberalismus ganze städtische und kommunale Infrastrukturen nachhaltig zerstört hat und die Bürger dieses Landes sich in einem Ruinenfeld wiederfinden. Egal, aus welchem Blickwinkel man es auch betrachtet - ob global, bundesweit, landesweit oder auf kommunaler Ebene - dieser Irrweg der Ökonomisierung aller Lebensbereiche und der "Verschlankung des Staates" (radikale Kürzung der Steuerzahlungen der Reichen) führt unweigerlich ins Aus. Überall ist das zu sehen und zu spüren, und dennoch wird er weiterverfolgt. Wann begreifen die Menschen endlich, dass diejenigen, die sie immer wieder wählen, nicht ihr Wohl im Sinn haben?

Und wieder produziert der Neoliberalismus Faschismus: Italien wählt rechts

In der Stunde seines Erfolges kam Italiens Landwirtschaftsminister ins Stammeln. Dass Luca Zaia als gemeinsamer Kandidat des rechten Bündnisses von Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi im reichen Venetien gewinnen würde, stand außer Frage. Doch selbst in seinen kühnsten Träumen hätte sich der Politiker von der Lega Nord wohl nicht vorstellen können, welches Kunststück ihm gelingen sollte: Der 42-Jährige aus Treviso lehrte Berlusconi im Nordosten das Fürchten und machte die Lega zur stärksten Partei - mit fast zehn Prozent Vorsprung vor dessen "Volk der Freiheit" (PdL).

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Anmerkung: Die allgegenwärtige Propaganda wirkt und die Menschen lernen einfach nicht dazu. Immer und immer wieder wählen sie stumpf ihre eigenen Schlächter.

Deutschlands einsamer Sonderweg: Ein explodierender Niedriglohnsektor und keine Mindestlöhne

Der Arbeitsmarktforscher Gerhard Bosch meint, Deutschland brauche einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn. (...)

BZ: Sie plädieren für einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn. Das Gegenargument lautet, dass ein Mindestlohn Arbeitsplätze gerade für Geringqualifizierte vernichtet.

Bosch: Das Argument ist insofern absurd, weil der Niedriglohnsektor in Deutschland kein Sektor ist, der Geringqualifizierten irgendeine Chance geboten hat. Im Gegenteil, 75 Prozent der gering Bezahlten sind gut qualifizierte Beschäftigte. Das unterscheidet den Niedriglohnsektor in Deutschland auch von dem anderer Länder, weil wir eine sehr gut qualifizierte Erwerbsbevölkerung haben. (...) In Großbritannien hat die Einführung eines Mindestlohns zu keinem Einbruch bei der Beschäftigung geführt, obwohl das viele Ökonomen genau wie in Deutschland vorausgesagt haben. Die neueste Mindestlohnforschung in den USA zeigt, dass selbst sehr hohe regionale Mindestlöhne wie etwa in San Francisco keine negativen Wirkungen auf die Beschäftigung haben. Also, wir haben Handlungsspielraum.

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Anmerkung: Auch wenn die Argumentationslinie des Herrn Bosch sehr an der Oberfläche bleibt und er es tunlichst vermeidet, Ross und Reiter zu nennen, ist es begrüßenswert, dass zumindest vereinzelte Stimmen in den Mainstreammedien auftauchen, die abseits des neoliberalen Glaubensweges liegen. Ein Abkehr von diesem Weg ist indes nirgends in Sicht - mit der schwarz-gelben Bande ist das gewiss nicht umzusetzen, und auf die SPD - die diesen Wahnsinn ja erst richtig ins Rollen gebracht hat - darf man auch nicht zählen, solange sie keinen wirklichen Bruch mit ihrer asozialen, neoliberalen Schröder- und Agenda-Vergangenheit vollzogen hat. Im Westen nichts Neues.

Donnerstag, 8. April 2010

Korruption 2.0: Warum Banken in der Krise horrende Gewinne machen, während der Staat und die Bevölkerung verarmen

(...) Erstaunlicherweise profitiert der Finanzsektor dennoch auch in der Krise. Milliarden fließen in die Rettungen von Banken, während die öffentliche Verschuldung explodiert. Wie kann es sein, dass sich die Interessen der Finanzbranche auf Kosten der Allgemeinheit durchsetzen? Der Grund liegt auf der Hand, wird aber kaum diskutiert: Die Politik ist aufs Engste mit der Finanzwirtschaft verflochten, die sie eigentlich regulieren sollte.

Die offensichtlichste Form der Verflechtung sind die fliegenden Personalwechsel zwischen Politik, Aufsichtsbehörden und Banken. Gerade ist mit Andreas Dombret ein Investmentbanker in den Vorstand der Deutschen Bundesbank berufen worden. Sie wird in Zukunft die Hoheit über die deutsche Bankenaufsicht haben.

Umgekehrt heuerte die Deutsche Bank 2008 die obersten Bankenaufseher der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) an. Axel Nawrath ließ die Drehtür gleich um 360 Grad kreisen: Er wechselte vom Finanzministerium zur Deutschen Börse und zurück.

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Anmerkung: Noch vor 20 Jahren wäre angesichts dieses Korruptionssumpfes ein Aufschrei durch sämtliche Medien des Landes (freilich mit Ausnahme der Springer-Presse) gegangen und es hätte umfangreiche Berichte, Recherchen und letzten Endes staatsanwaltliche Ermittlungen gegeben. Heute allerdings beschränken sich die Massenmedien darauf, diese Dinge geflissentlich zu ignorieren und berichten (die Frankfurter Rundschau ist eine rühmliche Ausnahme) allenfalls gelegentlich kurz darüber. Konsequenzen gibt es keine. Und so wird munter weiter gezockt im Casino, die Superreichen füllen sich weiter die Taschen, und wir alle haften und zahlen und bluten dafür. Welch eine schöne, vorbildliche Demokratie.

Denn sie wissen, was sie tun: Bundestag scheut härtere Korruptionsregeln

Beamte werden für Bestechlichkeit hart bestraft. Doch wenn es um sie selbst geht, sind deutsche Politiker großzügig. Seit sieben Jahren verweigert der Bundestag die Unterschrift unter die Anti-Korruptions-Konvention. Sogar viele Entwicklungsländer haben inzwischen strengere Vorschriften.

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Anmerkung: Ein erstaunlicher Artikel für die Welt, der einige wichtige Informationen enthält. Dennoch bleibt auch dieser Text an der Oberfläche und benennt keine Beispiele für die grassierende Korruption unter Politikern - statt dessen wird die Sachlage so dargestellt, als gäbe es in Wirklichkeit keine Korruption in deutschen Politkreisen - nur die entsprechenden gesetzlichen Regelungen seien noch nicht ratifiziert. Das ist natürlich grober Unfug - die Korruption steht in voller Blüte.

Passend dazu: Wieder einmal macht uns Bolivien vor, was wir bräuchten: Kampf gegen die Korruption

Pharmaindustrie: Wie Rösler und die Medien uns für dumm verkaufen

  1. (...) Schon heute gibt es eine Institution, die den Zusatznutzen und die Wirksamkeit neuer Arzneien wissenschaftlich feststellen soll: das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Die Kölner Einrichtung hat Rösler erst vor Kurzem geschwächt: durch den Sturz von dessen renommiertem Chef. Das Institut führte einen Kleinkrieg gegen Pharmaunternehmen, um sie zur Herausgabe aller Studienergebnisse zu bewegen. Die Konzerne haben natürlich ein Interesse daran, nur ihnen genehme Ergebnisse zu veröffentlichen. Und nun will Rösler allen Ernstes festschreiben, dass auf Grundlage ebendieser Daten die Wirksamkeit einer Arznei beurteilt werden soll. Das ist ungefähr so, als überließe die Stiftung Warentest Unternehmen das Testen ihrer Produkte.

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  2. (...) Röslers Initiative scheint deshalb weniger ein Preissenkungsmittel, als eine Zuckerummantelung, mit welcher der Bevölkerung zum Schlucken der unbeliebten Kopfpauschale gebracht werden soll. Geplant ist nämlich, dass die "Preissenkung" im Rahmen eines "Pakets" verabschiedet wird. Dass die oberste Pharmalobbyistin Cornelia Yzer die Initiative als "dirigistisch" ablehnt, passt in diese Erklärung: Würde sie den Vorstoß loben, dann wäre der Werbeeffekt nämlich schnell zunichte.

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Anmerkung: Wer sich auch nur ansatzweise mit Rösler und der FDP beschäftigt hat, könnte nicht einmal im Traum auf die absurde Idee kommen, diese Partei und im Besonderen dieser Mann würden auch nur im Ansatz die erschlichenen Milliardengewinne der Pharmaindustrie antasten wollen. Zur Erinnerung: Philipp Rösler ist genau derjenige, der an anderer Stelle in einer Rede gesagt hat: "Wenn man sich den gesamten Bereich der Gesundheitswirtschaft ansieht, dann haben wir mit über 250 Milliarden Gesamtumsatz, 10% des Bruttoinlandproduktes kann man schon sagen, und wir haben über 4 Millionen Beschäftigte insgesamt im Gesundheitswesen. (...) / Und vor allem wissen Sie allesamt, wir befinden uns grundsätzlich, momentan eher noch theoretisch, in einem Wachstum. Viele Untersuchungen sagen: Es muss nicht bei 250 Milliarden Euro Umsatz stehen bleiben, sondern man kann sogar von einer Verdoppelung ausgehen, wenn die Rahmenbedingungen, wie das so schön heißt, dann stimmen."

Jemand, der auf einer Lobby-Veranstaltung solche Worte in den Mund nimmt und von einer Verdoppelung des Umsatzes im Gesundheitswesen fabuliert, hat alles mögliche im Sinn - aber ganz gewiss nicht die Deckelung der Fantasiepreise im Pharmabereich.

Medienmanipulation: Der endlich gefallene Hartz-IV-Groschen

(...) Aus letztgenanntem "Bild"-Artikel wiederum bediente sich laut einem FDP-Sprecher Guido Westerwelle für seinen mittlerweile legendären Kommentar in der Welt. Um die Gefahr des Abdriftens in "spätrömische Dekadenz" zu unterstreichen, nannte der FDP-Chef das Beispiel einer verheirateten Kellnerin mit zwei Kindern, die angeblich 109 Euro weniger verdient als ein Hartz-IV-Empfänger — denn genauso stand es in der Tabelle mit den unvollständig berechneten Zahlen, die "Bild" aus dem FAZ-Artikel übernommen hatte. Es folgten ein großes Medienecho und eine hitzige Debatte über alles mögliche, nur nicht über den Wahrheitsgehalt der Westerwelle'schen Beispielrechnung.

Als Anfang März der Paritätische Wohlfahrtsverband eine Gegenstudie veröffentlichte, in der die Zahlen der FAZ widerlegt wurden, berichteten verschiedene Medien darüber — so auch die Welt. Dort stand unter anderem, dass Ulrich Schneider, der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, beklagte, Guido Westerwelle berufe sich auf "äußerst dubiose Rechenbeispiele" (BILDblog berichtete). Für Welt und andere Medien ein Anlass, diese Vorwürfe zu überprüfen? Nein.

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Anmerkung: Dieser Vorgang ist ein schönes Beispiel dafür, wie von Seiten der Massenmedien Stimmung und Meinung gemacht wird - und man darf nun darüber spekulieren, ob solche Kampagnen aufgrund mangelhafter Recherchen in die Welt posaunt werden - oder ob das ganze nicht vielleicht doch mit Bedacht - also gewollt - geschieht. - In Bezug auf die Springer-Presse kann man diese Spekulationen allerdings gleich wieder einstellen, denn da ist jedem Hauptschüler sofort klar, dass es sich um grobe Fehlinformationen handelt, um gezielt Menschen und Meinungen zu manipulieren.

Mittwoch, 7. April 2010

Zitat des Tages (27): "FDP ist eine extremistische Partei"

"Der Ältestenrat des Düsseldorfer Landtags hat gestern gegen den Widerstand der FDP einen Antrag des fraktionslosen Abgeordneten Rüdiger Sagel (Die Linke) auf die Tagesordnung der nächsten Plenarsitzung gesetzt. Darin werden die Parteien aufgefordert, nach der Wahl nicht mit den Liberalen zu koalieren, da die FDP eine 'extremistische Partei' sei. Gerhard Papke, Fraktionschef der FDP, erklärte, der Antrag kennzeichne 'einen Tiefpunkt der politischen Kultur' in Nordrhein-Westfalen."

(aus der "Rheinischen Post" vom 18.03.2010)


Kriegspropaganda: Wie die CIA die öffentliche Meinung in Deutschland manipulieren will

Ich habe bisher noch nie auf Wikileaks zurückgegriffen und auch noch nicht darüber gebloggt, aber durch einen Hinweis bei Fefe bin ich auf ein internes CIA-Memorandum (vier Seiten, pdf) gestoßen, das durchaus interessant ist, beschäftigt es sich doch mit der Unterstützung des Afghanistaneinsatzes durch die deutlich kritische deutsche und französische Öffentlichkeit und wie man Abhilfe schaffen kann. Das Dokument ist äußerst interessant, da es die Bedeutung aufzeigt, die die öffentliche Meinung hierzulande in den Augen der US-Stellen hat. Es ist auch deswegen interessant, weil diese Einschätzungen und Handlungsanweisungen auf furchtbare Weise zutreffend sind. Man sollte sich deswegen bewusst machen, auf welche Weise hier manipuliert werden soll, um gegen die Propagandaoffensive gewappnet zu sein.

Das Papier beginnt mit einer Einschätzung der Lage. Darin wird festgestellt, dass nur eine winzige Minderheit der Deutschen und Franzosen (0,1 - 1,3%) "Afghanistan" als wichtigstes politisches Topic einschätzt. 80% seien gegen den Einsatz. Das Papier konstatiert, dass es den Regierungen trotzdem gelungen sei, ihre Beiträge zum Einsatz kontinuierlich zu erhöhen, was allein der "Apathie" der Bevölkerung hinsichtlich des Themas zu verdanken sei. Die Überschrift drückt es treffend aus: "Public Apathy Enables Leaders To Ignore Voters".

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Anmerkung: Dies nur als Hinweis für diejenigen, die noch Zweifel daran hatten, dass die "öffentliche Meinung" auch in Deutschland massiv manipuliert und gesteuert wird - freilich nicht nur von der amerikanischen CIA. Das Netzwerk der Neoliberalen schnürt uns alle immer enger ein - Orwell lässt grüßen.

Überblick: Welche Banken am meisten Staatshilfe bekamen

Die gestrige Bilanz-Pressekonferenz der WestLB war nicht nur wegen der Zahlen an sich ein wichtiges Ereignis: so ganz "nebenbei" gab das Geldhaus ein historisches Ereignis bekannt. Zum ersten Mal bekommt eine Landesbank finanzielle Unterstützung vom Bund. Ein Überblick, welche deutschen Geldhäuser vom Staat gerettet wurden.

Die Commerzbank ist der Spitzenreiter in Sachen Kapitalhilfen. 18,2 Mrd. Euro hat sie vom Staat bekommen. Weitere fünf Mrd. Euro hat sich das Institut garantieren lassen. Bis 2012 will die Bank die Staatshilfen zurückzahlen. [sic!] Deshalb rechnen Experten bereits in diesem Jahr mit einer Kapitalerhöhung, die ein Volumen von bis zu drei Mrd. Euro umfassen könne. Zuletzt hatte ein überraschend hoher Verlust von 4,5 Milliarden Euro die Anleger verschreckt.

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Anmerkung: Eine interessante, allerdings unkritische Übersicht. Von einer Rückzahlung der Staatsgelder ist staatlicherseits nirgends die Rede - wenn sie erfolgen sollte, was auszuschließen ist, geschähe das auf einer rein freiwilligen Basis. Wer wird Ende 2012 in den Medien schon danach fragen, ob das wirklich geschehen ist? - Angesichts dieser horrenden Summen, die vom Staat in privatwirtschaftliche Casino-Betriebe gepumpt wurden, die sich durch eigenes Verschulden ins Aus manövriert hatten, wird das Gezeter der Politik über "zu hohe Sozialleistungen" für die Bürger dieses Landes zu einem zynischen Treppenwitz.

Bankentribunal – Attac klagt an: Merkel, Schröder, Ackermann

Das globalisierungskritische Netzwerk Attac will mit einem Bankentribunal die Ursachen und die Verantwortlichen der Finanzkrise sichtbar machen.

Am Donnerstag haben Vertreterinnen von Attac der Bundeskanzlerin eine 24-seitige Anklageschrift zugestellt. Angela Merkel wird unter anderem vorgeworfen, als Regierungschefin "in Komplizenschaft mit den Banken und ihren Beratern die Kosten der Rettung dem Staat und der Allgemeinheit auferlegt" zu haben. Sie soll sich einem zivilgesellschaftlichen Bankentribunal stellen. (...)

Neben dem Kabinett Merkel sind die Bundesregierung unter Gerhard Schröder, der Bundesverband deutscher Banken und die Europäische Zentralbank angeklagt. Stellvertretend werden die Regierungschefs, der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank, Josef Ackermann, sowie der Präsident der Deutschen Bundesbank, Axel Weber, geladen. (...)

Einer der Ankläger auf der Attac-Veranstaltung ist Detlef Hensche, ehemaliger Vorsitzender der IG Medien. Dass Banken das ihnen anvertraute Geld verzocken konnten, sei auf politische Weichenstellungen zurückzuführen, erläuterte er die Anklage gegen Schröder und Merkel. Die Folgen trügen vor allem Arbeitnehmer und Arbeitslose – also nur diejenigen, "die sich nicht an dem gigantischen Spiel der Spekulation beteiligt haben", so Hensche.

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Anmerkung: Wenn die Justiz nicht das tut, was sie eigentlich tun müsste, muss es eben Attac tun. Die Damen und Herren Angeklagten werden das indes schweigend ignorieren und frei nach Reinhard Mey das tun, "was ein Baum tun würde, wenn ein Schwein sich an ihm kratzt". Trotzdem ist die Attac-Aktion sehr begrüßenswert und sollte weite mediale Verbreitung finden.

"Kolonialismus des 21. Jahrhunderts": Konzerne und Staaten kaufen fruchtbares Land in Entwickungsländern

Land für ein Butterbrot

In vielen Ländern der so genannten Dritten Welt findet derzeit die größte Landnahme seit dem Ende des Kolonialismus statt. Konzerne und Regierungsorganisationen aus Schwellen- und Industriestaaten kaufen vor allem in Afrika riesige Agrarflächen auf, um dort Lebensmittel oder Nutzpflanzen für ihre heimischen Märkte anzubauen. Der Sonderberichterstatter des UN-Menschenrechtsrats für das Recht auf Nahrung, der Belgier Olivier de Schutter, stellte Anfang März einen diesbezüglichen Bericht vor, der Landkäufe oder -pachtungen in Entwicklungsländern erfasst. Demnach sind seit 2006 bis zu 20 Millionen Hektar Anbaufläche von ausländischen Investoren aufgekauft oder langfristig gepachtet worden. Diese Fläche entspricht in etwa einem Drittel der landwirtschaftlich genutzten Böden in der EU. (...)

Betroffen sind mit Äthiopien, der Demokratischen Republik Kongo, Madagaskar, Somalia, Mali, dem Sudan und Tansania einige der ärmsten Länder der Welt. Rund 80 Prozent der Landkäufer seien "private Investmentfirmen", betonte De Schutter, während die "lokalen Eliten" die größtenteils "nicht transparent" ausgehandelten Landdeals als Gelegenheit wahrnähmen, "rasches Geld zu machen". (...)

Die Bevölkerung in den betroffenen Gebieten, die zumeist Subsistenzlandwirtschaft betreibt (also sich von ihrem kargen Stück Land lediglich zu ernähren versucht), wird enteignet. Ihr Land sei ihnen "weggenommen worden" und sie hätten keinerlei Entschädigung erhalten, erklärten Äthiopier aus der Region Gambela gegenüber dem Observer: "Tausende Menschen sind betroffen, und Tausende Menschen werden hungern." Dies sei ein "neuer Kolonialismus des 21. Jahrhunderts". Weltweit sterben nach UN-Angaben inzwischen 24.000 Kinder an den Folgen von Hunger und Unterernährung – täglich.

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Anmerkung: Es müsste inzwischen jedem klar sein, dass der Neoliberalismus gerade vor den Ärmsten der Armen nicht halt macht, sondern diese ganz gezielt auspresst, ausbeutet und letzten Endes (als reinen "Kostenfaktor") zu entsorgen versucht. An dieser weltweiten Katastrophe, die unabsehbare, langfristige Folgen für den gesamten Planeten und die Menschen haben wird, haben auch die Marktschreier in Deutschland, all die Ideologen von Schröder und Steinmeier über Merkel, Koch, Westerwelle, Metzger bis hin zu den "wissenschaftlichen" Mietmäulern wie Sinn, Rürup oder Raffelhüschen ihren nicht geringen Anteil. - Gier, Korruption, Menschenverachtung und "Eigenverantwortung" der oberen Zehntausend, wohin man blickt - und ein Ende dieser elendigen Katastrophe ist nirgends in Sicht ...

Deutsche Waffen für die Welt - Rüstungsexporte seit 2005 mehr als verdoppelt

  1. Deutschland hat seine Rüstungsexporte seit 2005 mehr als verdoppelt. Das geht aus einer Studie des schwedischen Friedensforschungsinstituts SIPRI (Stockholm International Peace Reasearch Institute) hervor, die am Montag (15. März) veröffentlicht wurde. Der Anteil der deutschen Exporte am weltweiten Rüstungsmarkt beträgt demnach elf Prozent. Damit belegt die Bundesrepublik Platz drei hinter Russland und den USA. Hauptposten sind U-Boote und gebrauchte Panzer. Weltweit gefragt sich auch Kleinwaffen deutscher Produktion.

    Die Abnehmer deutscher Rüstungsgüter sind breit über den Globus verstreut. Zu 14 Prozent geht die Kriegsware in die Türkei und zu 13 Prozent an Griechenland. Somit liefert Deutschland in großem Umfang Militärausrüstung an zwei Staaten, die sich u.a. in der Zypernfrage feindlich gegenüberstehen. Die Waffenimporte Athens stammen zu 35 Prozent aus der BRD. Eine dpa-Meldung vom Montag weist darauf hin, dass "das Geschäft mit Kriegswaffen die deutschen Werften stärkt" und dort "Arbeitsplätze sichert".

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  2. Das Geschäft mit dem Tod

    Was haben Indien, Israel, Nigeria, Pakistan und Thailand gemeinsam? All diese Länder sind in interne oder grenzüberschreitende Konflikte verwickelt. Und sie erhalten Waffen aus Deutschland. Von Afghanistan bis zur Zentralafrikanischen Republik reicht die Kundenliste der hiesigen Rüstungsindustrie. Und die macht im wahrsten Sinne des Wortes Bombengeschäfte. Ob U-Boote oder Fregatten, ob Panzer, Sturmgewehre oder Maschinenpistolen, deutsche Waffenschmieden verkaufen immer mehr Kriegsgüter ins Ausland. Ihre Exporte haben sich auch in Zeiten der Finanzkrise verdoppelt, die Bundesrepublik ist auf der Hitliste der Todeshändler auf den dritten Platz vorgestoßen.

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Anmerkung: Es ist pure, zynische Menschenverachtung, dass auch dieser Staat es gestattet, dass Konzerne mit der Produktion und dem Verkauf von Waffen Geschäfte und Profit machen. Drogenhandel ist in Deutschland illegal - Waffenhandel nicht. Wie kann diese Groteske anders erklärt werden als durch Lobbyismus und Korruption, gepaart mit einer gehörigen Portion Zynismus, Ignoranz und brutaler Menschenverachtung?


Dienstag, 6. April 2010

Merkels Exportfixierung: Lost in Translation

Hallo Berlin, hören Sie uns? Verzweifelt versucht Europa, mit Deutschland in einen volkswirtschaftlichen Dialog zu treten. Doch dort versteht man immer nur BWL (...)

Frau Merkel denkt in betriebswirtschaftlichen Kategorien, aber als Kanzlerin vertritt sie das ganze Land und spricht folglich als Volkswirtschafterin. Das ergibt ein babylonisches Sprachgewirr mit Sätzen ohne jeden Sinn. Beispiel: "Deutschland hat kein Geld." Da steht die Frau aus der Ex-DDR im falschen Laden Schlange. Kein Geld gibt es drüben in der Betriebswirtschaft. In einer Volkswirtschaft werden höchstens einmal die Devisen knapp oder die Produktionskapazitäten. Genau diese sind in Deutschland sogar im Übermaß vorhanden. Bloß hängt daran ein Verbotsschild: Halt, nur für den Export bestimmt! Einheimischer Gebrauch nur zwischen sechs und neun Uhr morgens. Drei Arbeitsstunden täglich reichen nämlich dicke, um das zu produzieren, was Hartz IV und der Niedriglohnsektor an Konsum zulassen. In Deutschland fehlt es nicht an Geld, es ist leider bloß immer seltener dort, wo die Nachfrage sein könnte.

Noch ein Beispiel aus Babylon. Angela Merkel hält an Deutschlands Exportüberschüssen fest, verlangt aber vom Ausland die Begleichung der Schulden. Wenn ein Unternehmer das sagt, ist es in Ordnung. Sagt eine Kanzlerin dasselbe, ist es peinlich. Beides geht einfach nicht. Solange die Bundesrepublik Leistungsbilanzüberschüsse erzielt, steigen per Definition die Schulden des Auslands gegenüber Deutschland.

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Anmerkung: Die Grundlagen der Volkswirtschaftslehre kommen allmählich auch an den Rändern der Mainstreammedien an. Dort dümpeln sie vor sich hin, während die Politik und die zugehörigen Medien weiter ihren neoliberalen Irrsinn verbreiten und umsetzen - allen Grundlagen zum Trotz. Und wie so oft stellt sich hier wieder einmal die Frage: Sind Frau Merkel und all die anderen Akteure in der Politik einfach so gnadenlos dumm, dass sie nicht verstehen, was für einen absurden Unsinn sie verbreiten und tun - oder tun sie es wider besseres Wissen? Auch diesmal mag sich diese Frage jeder selber beantworten und die Konsequenzen bedenken.

Wie hoch qualifizierte Wissenschaftler an deutschen Unis ausgebeutet werden

Die studentischen Proteste gegen die Bologna-Reform waren wirkungsvoll. Dabei fand leider kaum Beachtung, wie krank an Haupt und Gliedern auch die Personalstruktur an den deutschen Universitäten ist. Nur über den Weg der Habilitation und einer im Idealfall kurzen Existenz als Privatdozent kann man in Deutschland normalerweise Professor werden. Einem "Alles oder nichts"-Prinzip folgend, werden dabei gnadenlos alle jene Wissenschaftler ausgebeutet, die nicht als Sieger durchs Ziel gehen – sprich eine Professur erhalten. Gleichzeitig wurde der Mittelbau der Akademischen Räte und Direktoren abgeschafft, ohne ihn durch die versprochene Vermehrung der Professorenstellen auszugleichen. Wohin also mit jenen Forschern, die keine Professoren werden?

Das System hinterlässt gebrochene Lebensläufe. Es gibt Tausende hoch qualifizierter Wissenschaftler an deutschen Unis, die über Jahre eine unbeachtete Randexistenz führen. Diese neuen Sklaven dürfen sich "Privatdozenten" und "außerplanmäßige Professoren" nennen. Diese Titel hören sich beeindruckend an, sind aber nur hohle Dekoration. Hinter ihnen verbirgt sich die nackte Ausbeutung, verschleiert mit dem harmlosen Namen "Titellehre": Denn die Betroffenen müssen ohne jede Entlohnung und ohne Aussicht auf Anstellung an der Uni, an der sie sich habilitiert haben, unter Umständen jahrelang unterrichten. Die einzige Alternative ist, den mit der Habilitation errungenen Titel "Privatdozent" oder später "außerplanmäßiger Professor" wieder aufzugeben.

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Anmerkung: So sieht also nach neoliberaler Vorstellung die Zukunft der Wissenschaft und universitären Foschung und Lehre aus - aha. Da können wir uns ja freuen, dass es noch ein paar echte Professoren wie z.B. Hans-Werner Sinn gibt, die uns in ihrer allumfassenden Weisheit immer wieder kund tun, welch ein segensbringender Heilsweg der Neoliberalismus doch sei. Dass dieser Professor neben seinem Staatsgehalt auch noch andere Gelder (man rate mal, von wem) erhält, spielt da natürlich keine Rolle. - Es ist nur noch eine Farce.

Lohndumping made in Germany gefährdet den Euro

Ist Wirtschaftswachstum ein Selbstzweck? Wenn man die jüngere Vergangenheit der deutschen Politik betrachtet, könnte man diesen Eindruck gewinnen. Im letzten Jahrzehnt feierte die hiesige Wirtschaft einen Rekord nach dem anderen, während davon beim normalen Bürger so gut wie gar nichts ankam. Das "Gürtel enger schnallen" wurde über die Jahre zum alles bestimmenden Dogma und wir schluckten eine Kröte nach der anderen.

Sag mir wer Dich lobt und ich sage Dir, was Du falsch machst – natürlich priesen die so genannten Wirtschaftsexperten die "maßvolle Zurückhaltung" der Arbeitnehmer über den grünen Klee, und der ehemals politische Arm der Gewerkschaften forcierte die zwanghafte Fixierung auf den Export in nie gekannten Dimensionen. Deutschlands Außenhandel ist konkurrenzfähig wie nie zuvor. Doch zu welchem Preis? Die Reallöhne deutscher Arbeitnehmer dümpeln seit 1995 auf einer Nulllinie, während der Niedriglohnsektor förmlich explodiert und Millionen Deutsche in die Armut abgleiten. Sieht so das erfolgreichste Land Europas aus? Kann Europa am deutschen Wesen genesen?

Verlierer des deutschen Sparzwangs sind nicht nur die deutschen Arbeitnehmer und Arbeitslosen, die in Vorkrisenzeiten die Bilanzen der Unternehmen durch einen relativen – und oft sogar absoluten – Kaufkraftverlust dopten. Wenn sich die mit Abstand stärkste Volkswirtschaft Europas den Gürtel so eng schnallt, dass sie selbst kaum mehr Luft zum Atmen hat, leiden darunter vor allem unsere Nachbarn, die sich dieser Entwicklung widersetzen.

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Anmerkung: Im Fazit seines Kommentars kommt der Autor auf den Punkt - ohne ihn jedoch beim Namen zu nennen: Natürlich war und ist es ein gewolltes Szenario, dass die Währungen Europas abgeschafft und die Staaten dadurch des wichtigsten regulatorischen Instruments in Bezug auf den Im- und Export beraubt wurden. Das Drücken der Löhne, die Verarmung so vieler Menschen inmitten der reichsten Länder der Welt hat Methode - das ist kein "Kollateralschaden", sondern Voraussetzung für die weitere neoliberale Zerstörung, die viel Geld auf die Konten der Superreichen spülen wird. - Wessen Interessen vertreten die Volksvertreter doch gleich?