Samstag, 12. Juni 2010

Zitat des Tages (35): Der lag besonders mühelos am Rand

Der lag besonders mühelos am Rand
Des Weges. Seine Wimpern hingen
Schwer und zufrieden in die Augenschatten.
Man hätte meinen können, dass er schliefe.

Aber sein Rücken war (wir trugen ihn,
Den Schweren, etwas abseits, denn er störte sehr
Kolonnen, die sich drängten), dieser Rücken
War nur ein roter Lappen, weiter nichts.

Und seine Hand (wir konnten dann den Witz
Nicht oft erzählen, beide haben wir
Ihn schnell vergessen) hatte, wie ein Schwert,
Den hartgefrorenen Pferdemist gefasst.

Den Apfel, gelb und starr,
Als wär es Erde oder auch ein Arm
Oder ein Kreuz, ein Gott: Ich weiß nicht was.
Wir trugen ihn da weg und in den Schnee.

(Walter Höllerer [1922-2003]: Der andere Gast. München 1952)


Propaganda: Volksverhetzung auf Amerikanisch

Als in den ersten Tagen meines Aufenthaltes [in den USA] in meiner Gästewohnung der Fernseher noch nicht angeschlossen war, blieb mir nur mein Küchenradio und dessen einziger Sender, der allerdings auch mit Abstand der meistgehörte ist: Fox News. Natürlich weiß man, dass Obama es schwer hat und von allen Seiten angegriffen wird. Aber das Ausmaß der Desinformation und vor allem der Tonfall der Attacken sind unvorstellbar. (...)

"Das Maß an Wut und Angst ist unvergleichbar mit allem, was ich während meiner Lebenszeit erfahren habe", sagte Noam Chomsky vor 1000 Zuhörern, als er im April eine Auszeichnung der Universität Wisconsin für seinen lebenslangen Beitrag zu kritischer Lehre bekam. Die kolossalen Kosten der "institutionalisierten Verbrechen des Staatskapitalismus", die die Menschen an den Rand drängen, schürten Empörung und Zorn. "Die Menschen erwarten Antworten", sagte Chomsky, "aber sie bekommen sie nur aus einer Richtung: Fox, Talk Radio und Sarah Palin." Deshalb sei es ein ernster Fehler, deren "Tea Party" zu verhöhnen oder zu unterschätzen. Die Verbitterung habe eine materielle Basis.

Chomsky verwies darauf, alt genug zu sein, um sich noch an Hitlers Reden im Radio erinnern zu können. Nicht an Worte, aber an den Tonfall. Die Deutschen seien anfällig gewesen für Hitlers Beschwörungen [von] nationaler Größe und der Notwendigkeit, sie zu verteidigen, zur Erfüllung der "Vorsehung". Und das in einem Land, das in den 1920er Jahren als "Spitze der westlichen Zivilisation", als "Modell für Demokratie" gegolten habe. "Keine Analogie ist perfekt", sagte Chomsky, aber der Widerhall des Faschismus sei noch wahrnehmbar. Die historischen Lektionen müssten bedacht werden.

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Anmerkung: Wer in kleinen Ausschnitten und Zitaten erfahren möchte, wie die neoliberale Bande in den USA Stimmung und Propaganda macht, sollte sich diesen Text zu Gemüte führen. Die Autorin hat nur leider vergessen zu erwähnen, dass auch der vielgerühmte Obama ein Teil dieses perfiden Systems ist. So wie hierzulande ein "sozialdemokratischer" Kanzler den Eliten Hartz IV geschenkt hat, so wirkt auch Obama in den USA maßgeblich weiter daran mit, die Konten der Reichen zum Überquellen zu bringen. Kasperletheater.

Dereguliert bis zur Katastrophe oder: Wie man in der Zeitung kapitalismusfreundlich kommentiert

Gelegentlich schenkt uns die Geschichte erklärende Momente, in denen Zusammenhänge grell beleuchtet werden. So verhält es sich mit den Krisen im Golf von Mexiko und bei Finanzen und Banken. Was beide verbindet, ist ein Krisenkapitalismus, der von einer Katastrophe in die nächste taumelt. (...)

Wie sich die Bilder doch gleichen: In Louisiana durfte die Ölindustrie staatliche Inspektionsberichte gelegentlich selbst ausfüllen, indes die Washingtoner Lobbyisten der New Yorker Banken Gesetze zur Deregulierung entwarfen, die der Kongress prompt absegnete. Das Fazit in beiden Fällen lautet, dass Gewinne privatisiert, Verluste jedoch sozialisiert werden.

Es ist kaum anzunehmen, dass der Ölkonzern BP in der Lage sein wird, für die bereits jetzt gewaltigen Kosten der Umweltkatastrophe einzustehen. Stattdessen werden Steuerzahler sowie die Gemeinden längs der Golfküste für einen Schaden aufzukommen haben, der sich gleichermaßen technologischer Überheblichkeit wie fehlender staatlicher Aufsicht verdankt – ein Paradebeispiel eines Krisenkapitalismus, den es zu reformieren gilt, ehe er uns erledigt.

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Anmerkung: Dieser recht zahnlose Kommentar aus der Basler Zeitung ist symptomatisch für das gesamte Pressesystem - nicht nur in der Schweiz oder in Deutschland. Nachdem zunächst die richtigen Fakten (zumindest teilweise) auf den Tisch gelegt werden, kommt der Kommentator zu dem merkwürdigen Schluss, dass der Kapitalismus "reformiert" werden müsse. Man sitzt ungläubig staunend vor dem immer gleichen Ritual, in welchem mit stoischer Gelassenheit Redakteure weltweit - größtenteils wohl gedrängt von den Medienkonzernen, von denen sie bezahlt werden - immer und immer wieder einzig den Kapitalismus (egal in welcher Form) als "Lösung" erkennen. In dieser Hinsicht wird nichts hinterfragt, nichts diskutiert, über nichts anderes berichtet - der Kapitalismus bleibt in den Medien stets die einzige, alternativlose Form des Wirtschaftens.

Und so mutiert ein zunächst scheinbar kritischer Kommentar am Ende zu einem Rohrkrepierer, der - um bei den im Text genannten Beispielen zu bleiben - weder dem Konzern BP, noch den Banken und den dahinterstehenden Milliardären den Angstschweiß auf die Stirn treibt.

Perfekter könnte die Propagandamaschinerie kaum funktionieren.

Strafanzeige gegen Horst Köhler

(...) Es bleibt hier folgendes festzuhalten, zu präzisieren und zu untersuchen:
  1. Bundespräsident Horst Köhler legitimiert den Einsatz der Bundeswehr außerhalb des Bundesgebietes der Bundesrepublik Deutschland als Notfall, in dem auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege, zum Beispiel ganze regionale Instabilitäten zu verhindern, die mit Sicherheit dann auch auf unsere Chancen zurückschlagen negativ durch Handel, Arbeitsplätze und Einkommen.

  2. Bundespräsident Horst Köhler erklärt den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan als Krieg.

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Anmerkung: Der Anzeigenerstatter hat bereits die Antwort des Generalbundesanwaltes erhalten und diese in seinem Blog auch kommentiert - ein wirklicher Lesegenuss sowie ein weiterer Beleg für einen sich selbst unablässig demontierenden Rechtsstaat.

Freitag, 11. Juni 2010

Minister gönnen sich die Rente mit 51

(...) Es ist nicht unbedingt die Höhe der Ruhegehälter [von Ministern], die gerade wieder Aufsehen erregt. Vielmehr ist es der Zeitpunkt, zu dem sie fällig werden. Denn reif für die Rente ist ein Minister im Freistaat [Thüringen] schon nach zehn Jahren im Amt. Scheidet er dann aus, bekommt er mindestens die Hälfte seiner Dienstbezüge als Sofortrente.

Als prominentester Nutznießer gilt Dieter Althaus. Bis Herbst 2009 war er CDU-Ministerpräsident. (...) Laut Berechnung des Bundes der Steuerzahler hat Althaus – nach sieben Jahren als Kultusminister und sechs Jahren als Regierungschef – derzeit ein Ruhegehalt von monatlich rund 8.500 Euro. (...)

Althaus fühlt sich mit seinen 51 Jahren noch voller Tatkraft. Er heuerte jüngst als Vize-Präsident beim Autozulieferer Magna an, einem österreichisch-kanadischen Weltkonzern. Die damit verbundenen Einkünfte werden offenbar nicht auf sein Ruhegehalt angerechnet.

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Anmerkung: Ja, der von der CDU so gerühmte und seit Jahrzehnten geforderte "schlanke Staat" ist wirklich toll. Wie soll Herr Althaus denn auch mit 8.500 Euro im Monat über die Runden kommen? ... Seine Idole "verdienen" schließlich ein Vielfaches dieser Summe, und da muss es doch möglich sein, dass jemand, der sich der Oberschicht zugehörig fühlt, auch ordentlich dazuverdienen kann. Wenn die Steuergelder für Bildung, Soziales, Infrastruktur und all den anderen überflüssigen Kram schon nicht reichen, dann sollen doch wenigstens die verdienten Genossen der "Elite", die sich jahrelang im Schweiße ihres Angesichts darum bemüht haben, die Kassen der Konzerne zu füllen und die der Bürger zu leeren, ein wenig profitieren dürfen. Oder ist da jemand in der CDU oder gar der SPD anderer Meinung?

Interessant wäre da mal eine kleine Übersicht, wieviel Geld der Staat denn pro Monat für diese ganzen ehemaligen Minister auf Bundes- und Landesebene aus dem Zylinder zaubert - die kommunale Ebene mag man da vor lauter Schaudern gar nicht mehr in die Gedanken einbeziehen. Beispielhaft hat das Kurt Tucholsky vor 80 Jahren mal getan - die damaligen Beträge wirken ja geradezu harmlos angesichts der heutigen Summen.

Und was würde wohl die deutsche Rentenversicherung tun, wenn sie davon erführe, dass der 70jährige Kurt Schmitt - früher Arbeiter bei Opel in Bochum, heute Rentner - einen Nebenjob als Vizepräsident bei Magna (oder wahlweise als Zeitungszusteller in einem Leiharbeitsbetrieb der WAZ-Gruppe) aufgenommen hat? Bekäme er seine 760 Euro Rente im Monat wohl weiterhin abzugsfrei ausgezahlt?

Aber wir haben ja "über unsere Verhältnisse gelebt" und müssen nun alle "sparen". Na ja, nicht alle, aber fast alle. Die "Elite" ist wie immer außen vor. Die muss nicht sparen, die verdient lieber, ohne dass sie etwas dafür tut.

Man wähnt sich in einem Szenario Kafkas. Nur leider ist das die Realität.

Populismus pur: Wie SPD und Grüne eine linke Regierung in NRW verhindert haben

  1. Woran Rot-Rot-Grün wirklich scheiterte

    Fünf Stunden verhandelten SPD und Grüne mit der Linken über eine Koalition in Nordrhein-Westfalen - bis Rot-Grün der Kragen platzte [sic!]. Grund dafür waren vor allem drei Punkte.

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  2. (...) Die Grünen sind, wie ihre Führung am Abend des 9. Mai hocherfreut konstatierte, "in der Mitte angekommen"; das heißt: Sie haben kapitalismuskritische Anwandlungen hinter sich. Und die SPD, die sich darüber freut, "wieder da" zu sein, wenn auch ziemlich beschädigt, bleibt nach dem Willen ihres Managements im politischen Kern die Partei, die sie zu Zeiten Gerhard Schröders war: Sie macht keine "Politik gegen die Wirtschaft". Wolfgang Clement ist irrtümlich aus dieser Partei ausgetreten; er würde mit Hannelore Kraft, seiner ehemaligen Ministerin, gut auskommen.

    Die Stellung der SPD im Politmarkt würde sich zweifellos verbessern, wenn die als Siegerin gefeierte Hannelore Kraft nun auch Ministerpräsidentin würde. Da ihr die CDU dieses Amt schwerlich überlassen kann, müsste sie neben den Grünen ein paar Überläufer auftreiben, um eine Mehrheit zu erlangen. Oder der im Wahlkampf als "marktradikal" bekämpften FDP ein verlockendes Angebot machen; an den Grünen würde das nicht scheitern. Üblicherweise – der Fall Ypsilanti war die Ausnahme – halten die Medien den Parteien nicht vor, welche Koalitionen sie vor der Wahl ausgeschlossen haben.

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Anmerkung: Vielleicht wird nun ja auch endlich dem Letzten klar, dass es in Deutschland ein breites neoliberales Bündnis, bestehend aus CDU/CSU, SPD, den Grünen und FDP, gibt, das jede Zusammenarbeit mit nicht marktradikalen Parteien systematisch ausschließt. Das ist kein "politisches Spektrum" mehr, das ist ein Einheitsbrei mit einer ekelhaften bräunlichen Färbung. Es ist vollkommen egal, welche der genannten vier Parteien etwas zu sagen hat - das Ergebnis ist immer dasselbe (mit kleinen Abweichungen in den Randbereichen, die keinerlei Auswirkungen auf das Gesamtbild haben). "In der Mitte angekommen" - diese Formulierung könnte entlarvender kaum sein, denn mit der "Mitte" meinen diese Demagogen stets die oberen Zehntausend.

Einmal mehr bezeichnend ist der Subtitel des taz-Artikels, laut dem "Rot-Grün" angeblich "der Kragen platzte" - zeichnet der Artikel doch selbst die absurden Spielchen der Scheingespräche nach, wie sie alberner kaum sein könnten - ohne freilich ebenso treffende Worte zu benutzen.

Wer es also - aus welchen Gründen auch immer - bislang nur geahnt haben sollte, dass CDU-SPD-Grüne-FDP sich alle im selben Morast suhlen und rund um ihren Schlammkasten eine solide Mauer aufgebaut haben, der dürfte spätestens jetzt zu den Wissenden zählen.

Der Selbstbetrug der Mittelschicht oder: Hurra, wir dürfen zahlen

Die schwarz-gelbe Bundesregierung war für die Mittelschicht ein absehbar schlechtes Geschäft – und trotzdem hat diese Schicht, die noch immer die weitaus meisten Wahlberechtigten stellt, die "Koalition der Mitte" an die Macht gewählt. Wie ist das zu erklären? / Ulrike Herrmann macht in ihrem Buch "Hurra, wir dürfen zahlen" einen interessanten Versuch, diesen "Selbstbetrug der Mittelschicht" zu erklären. (...)

Das Spiel, das die Mittelschicht mit sich treiben lasse, funktioniere folgendermaßen: "Die Reichen rechnen sich arm, während die Armen reich gerechnet werden. Damit verkehrt sich die Wahrnehmung, was eigentlich Ausplünderung ist. Es sind nicht mehr die Unternehmer, die ihre Angestellten ausbeuten – stattdessen beuten angeblich die Armen die Mittelschicht aus". / Wenn die Mittelschicht aber erst einmal glaube, dass der Staat nur noch den Armen nutze, dann stimme sie auch Steuersenkungen zu, von denen nur die Begüterten richtig profitierten. (...)

"Umverteilung" sei in Deutschland ein "Tabuwort", aber es werde permanent umverteilt – bisher allerdings von unten nach oben. Die Finanzkrise verstärke den Umverteilungsprozess: Zum einen, weil der Staat das Vermögen der Eliten rettete, indem er die Banken gestützt hat. Zum anderen, weil der Staat dafür Schulden aufnehmen musste und diese Kredite wiederum vor allem von den Eliten gewährt würden, die dafür die Zinsen kassierten. / Bisher sehe es ganz danach aus, dass die Mittelschicht alleine auf den Kosten der Finanzkrise sitzen bleibe.

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Anmerkung: Man darf von diesem Buch nicht allzu viel erwarten - schließlich ist Herrmann Journalistin bei der taz, die sich in den letzten Jahren ja immer wieder als zahnloser Tiger - oder wahlweise als "Realo-Fraktion" des pseudolinken Spektrums - präsentiert hat. Dennoch ist es wichtig und richtig, dass endlich mal jemand, der selbst der oberen Mittelschicht angehört, derselben einen Spiegel vorhält und deutlich macht, dass sie gerade nicht mit der selbsternannten "Elite" im selben Boot sitzt.

Zusammenfassend kann man das vielleicht so ausdrücken: Ihr Lehrer, Architekten, Ingenieure, Abteilungsleiter, Anwälte, Handwerker, Journalisten, Ärzte, Designer, Busfahrer, Polizisten, Kaufleute da draußen - ihr seid dem vermeintlichen Hartz-IV-"Abschaum" so viel näher als den Reichen. Letztere lachen sich einen feuchten Pups in die seidene Unterwäsche, wenn ihr weiterhin "bürgerliche" oder andere neoliberale Parteien wählt und euch damit tief ins eigene Fleisch schneidet, damit der große, fette Kuchen der Reichen immer weiter anwachsen kann.


Mittwoch, 9. Juni 2010

Zitat des Tages (34): Auf einem andern Stern

Auf einem andern Stern
wäre ich aus Gold,
nur dass dort niemand
ein Zahlungsmittel braucht.
Und keiner schämt sich dort -
nicht mal, wenn er raucht.
Obwohl ich nutzlos wär',
hätten sie mich gern.
Auf einem andern Stern.

(Heinz Rudolf Kunze [*1956]: Auf einem andern Stern. Aus dem Album "Protest", 2009)


Lachnummer des Tages (7): Was die neoliberale Bande als die "Wurzel allen Übels" erkennt

Die Wurzel des Übels und die "wahre Ursache der Krise" liegen nach Meinung der Bundesregierung und der sie tragenden Parteien darin, dass "wir" über unsere Verhältnisse gelebt haben und deshalb in der Schuldenfalle stecken. Deshalb mussten "wir Schutzschirme für Sparer, Arbeitnehmer und den Mittelstand aufspannen". In dieser Logik ist [es] dann auch selbstverständlich, dass "die Sparer, Arbeitnehmer und der Mittelstand" die "hohe Staatsverschuldung" auch wieder abtragen müssen. Ein Textbeleg aus der gestrigen Sitzung des Bundestags (...).

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Anmerkung: Orwell lacht lauthals in seinem Grab. Da schiebt diese Bande seit Jahrzehnten der "Elite" Millionen und Milliarden zu, verarmt die Bevölkerung, senkt Spitzensteuersätze im selben Tempo, wie sie Renten und sämtliche Sozialleistungen kürzt, erhöht hingegen die Mehrwertsteuer, lässt dem Raubtierkapitalismus freien Lauf und schaufelt dann den durch selbst verschuldete Zockerspiele wankenden Privatbanken, die Milliardären gehören, dreist Steuermilliarden auf die Konten, um im Gegenzug jetzt noch dreister von der Notwendigkeit weiterer massiver Einsparungen (natürlich bei den Bürgern, nicht bei der "Elite") zu schadronieren - und Schuld daran sind selbstverständlich die Bürger höchstselbst.

Ich bin mir nicht sicher, ob Merkel, Homburger, Kauder & Co. diesen grotesken Quatsch wirklich glauben, den sie da verbreiten - wenn es so wäre, müssten man diese Personen dringend einer psychologischen Radikalbehandlung unterziehen und sie einweisen. Wenn sie einen solchen Unfug aber bewusst wider besseren Wissens verbreiten, müsste unverzüglich die Staatsanwaltschaft tätig werden. - Beides wird nicht geschehen, denn in einem Unrechtsstaat ist es nicht üblich, der Wahrheit den Weg zu ebnen.

Dazu fällt mir nur noch ein altes Lied ein:

Wie lange woll'n wir noch warten,
wie weit sie wirklich geh'n?
Reden wir endlich in der einzigen Sprache
mit ihnen, die sie verstehn!

(Heinz Rudolf Kunze: Wunderkinder, 1986)

Merkels alternativlosen Eilgesetze

Es ist nur Dagmar Enkelmann, die Geschäftsführerin der Linksfraktion, die sich da am Rednerpult echauffiert, und wären die Zeiten normal, würden sich die Abgeordneten von Union und FDP einfach in ihren blauen Sitzen fläzen und ein paar spöttische Bemerkungen in den Plenarsaal rufen. Aber die Zeiten sind nicht normal, und als Enkelmann lauthals klagt, das Parlament werde mit den dauernden Eilgesetzen der Regierung zur Rettung der Banken, der Griechen und des Euro zur "Abstimmungsmaschine degradiert", da muss sich mancher Christ- oder Freidemokrat beherrschen, nicht aus Versehen Beifall zu klatschen.

Natürlich wird der Geschäftsordnungsantrag der Linken, die Schlussdebatte über den Euro-Rettungsschirm zu verschieben, am Ende wie immer abgelehnt. Wäre die Abstimmung allerdings geheim gewesen, sie wäre wohl anders ausgegangen.

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Anmerkung: Dieser Artikel der Süddeutschen ist ein laues, muffiges Lüftchen angesichts der Brisanz des Themas. Wer passende Worte dazu lesen möchte, sollte sich die Kommentare dazu ebenfalls zu Gemüte führen. Es ist schlichtweg eine Farce, was sowohl Merkel, als auch ihre Parteifreunde samt den versammelten Fraktionen der SPD und Grünen da wieder einmal geboten haben. Diese "gespielte Demokratie" demaskiert sich immer wieder selbst. Und den Redakteuren der Süddeutschen fällt dazu nicht einmal der auf der Hand liegende Vergleich mit anderen "Eilgesetzen" der deutschen Geschichte ein - es wird lediglich lapidar berichtet, der Unmut sei "auch deshalb so groß, weil es (...) diesmal eigentlich gar keinen Zeitdruck gab". Da fällt dem gemeinen Leser die Kinnlade aufs Brustbein vor Schreck - aber die Süddeutsche schreibt einfach fröhlich weiter: "Die Abgeordneten von Union und FDP, sie quälen sich (...). Oh, die armen Abgeordneten. Wie leid sie uns doch tun, dass sie sich so böse quälen müssen, indem sie gegen ihr Gewissen und vielleicht auch gegen ihre Überzeugung irgendwelchen hanebüchenen Eilgesetzen zustimmen "müssen", weil ... ja, warum eigentlich? Weil Merkel oder Ackermann mit gezogenem Colt vor ihnen steht?

Ein Tollhaus ist ein chinesischer Entspannungsgarten gegen das absurde Theater, das im Bundestag und den Massenmedien derzeit veranstaltet wird.

Lachnummer des Tages (6): Innenministerium sieht eine "Gefahr von links"

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) wird am heutigen Dienstag erneut zum Kampf gegen "linken Extremismus" aufrufen. Anlass ist die Polizeiliche Kriminalstatistik für das Jahr 2009, die auf einer Pressekonferenz vorgestellt wird. (...)

Zu den linken Gewalttaten werden pauschal Angriffe auf Polizeibeamte gezählt, ohne zwischen passivem und aktivem Widerstand gegen eine Festnahme zu unterscheiden. Auch "Brandstiftungen" und Fälle von Landfriedensbruch werden aufgezählt, obwohl bei größeren Krawallen wie etwa am 1. Mai die meisten Tatverdächtigen nicht aus politischen Motiven heraus handeln, sondern betrunken auf "Erlebnissuche" sind. Was bei de Maizières Betrachtung ebenfalls herausfällt, ist der Umstand, dass antifaschistische Blockaden gegen Neonazis häufig als Straftat gewertet werden, und der Widerstand gegen die Räumung als Gewalttat.

Die wirkliche Sorge der Herrschenden hat der Innenminister schon bei der Erstvorstellung des Zahlenwerks formuliert: Dass "die gewaltbereite linke Szene ihre Aktionen mit Themen in einen Zusammenhang stellt, die auch Teile der friedliebenden Bevölkerung bewegen". (...) Dahinter steht die Angst, die friedliche Bevölkerung könnte sich in Zukunft mit mehr Nachdruck als bisher dagegen wehren, dass sie für die Kosten der neoliberalen Politik aufkommen soll. Deswegen wird alles, was auch nur ansatzweise nach sozialen Unruhen aussieht, als "extremistisch" diffamiert. Protest gegen Mieterhöhungen, Kriegseinsätze und Verarmung wird mit Neonazi-Verbrechen in einen Topf geworfen.

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Anmerkung: Soziale Unruhen wären in der Tat eine Gefahr - allerdings weniger für die Bevölkerung, sondern vielmehr für die "Elite", die befürchtet, ihre leistungslos erschlichenen Vermögen oder Teile davon wieder an die rechtmäßigen Besitzer zurückgeben zu müssen. Man kann also (auch) an diesem Beispiel sehr deutlich sehen, wie "bürgerlich" (um das Wort "christlich" gar nicht erst zu erwähnen) die CDU ist und wessen Interessen sie vertritt. Nichts Neues für aufgeklärte Menschen - aber es ist doch immer wieder für einen Schenkelklopfer gut, wenn man wieder miterleben kann, wie sich diese Bande regelmäßig die "bürgerliche" (oder auch wahlweise "sozialdemokratische", "ökologische" oder "liberale") Maske von der hässlichen Fratze reißt.