Freitag, 31. Dezember 2010

2010 - ein Abgesang



Ayreon - "Come Back To Me" (2005)

Come back to me
There's no way out, our whole world is black!
Come back to me


Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern einen schönen Übergang ins neue Jahr, das viele Herausforderungen und Prüfungen für uns alle bereit halten wird.

Donnerstag, 30. Dezember 2010

Spanien im Würgegriff der Neoliberalen: Ab in die Obdachlosigkeit

Wer in Spanien vom Nikolaus bestraft und wer von ihm belohnt wird, hat die Regierung unter Ministerpräsident José Rodriguez Zapatero heute einmal mehr deutlich gemacht. Der Chef einer Partei, die das Wort sozialistisch im Namen führt, hat im Parlament ein weiteres Krisenpaket angekündigt. Drei Punkte stechen besonders hervor: Das vor gut einem Jahr eingeführte Sozialgeld wird ersatzlos gestrichen, die Steuern für Klein- und Mittelbetriebe werden gesenkt und Privatisierungen vorangetrieben.

Anders als "antiökonomisch, zutiefst unsozial und widersprüchlich", wie die große spanische Gewerkschaft Arbeiterkommissionen (CCOO) das Paket bezeichnet, kann man diese Maßnahmen nicht nennen. Nach bisherigen Kürzungen des Sozialgelds wird es nun ganz abgeschafft, obwohl es erst im August 2009 eingeführt worden war. Dabei muss gesagt werden, dass die 426 Euro monatlich ohnehin nur sechs Monate an die gezahlt werden, die kein anderes Auskommen mehr haben, weil auch der Bezug von Arbeitslosengeld ausgelaufen ist. Es war nur ein schwacher Ersatz für eine Sozialhilfe, die es in vielen Regionen des Staates nicht gibt. So war es der CCOO-Sprecher, der Zapatero daran erinnerte, dass ab Februar, wenn die Maßnahme ausläuft, erneut zahllose Familien jede Unterstützung verlieren. Fernando Lezcano erinnerte daran, dass schon etwa 500.000 Haushalte keinerlei Einkommen oder Unterstützung mehr haben.

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Anmerkung: Man kann nur noch fassungslos mit dem Kopf schütteln, wenn man einmal mehr bemerkt, wie überall in der Welt der neoliberale Irrsinn weiterhin seine Triumphe feiert - und das trotz der durch ihn ausgelösten "Krise", die in Wahrheit eher eine totale humanistische und gesellschaftliche Katastrophe ist. Man schickt die Menschen, die aufgrund der Zockerei der Superreichen zu Verlierern des Systems gemacht wurden, ohne selbst etwas dazu beigetragen zu haben, einfach und ohne mit der Wimper zu zucken ins Nichts und verweigert ihnen jedewede weitere Unterstützung. Was ist das bloß für ein menschenverachtendes System?

500.000 Haushalte in Spanien, die dank der neoliberalen Wahnvorstellungen auch deutscher Politiker schon jetzt keinerlei Einkommen oder Unterstützung mehr haben - und wir tolerieren das??? All diese Menschen - darunter wer weiß wieviele Kinder, Alte, Kranke, Behinderte - werden sich selbst und damit der Obdachlosigkeit und Kriminalität überlassen, mitten in Europa, um ein vollkommen krankes System zu retten, das bei näherer Betrachtung niemals zu retten ist, während zeitgleich Unternehmenssteuern gesenkt und Privatisierungen vorangetrieben werden? Was ist das bloß für eine Farce ... ?

Ich komme mir allmählich vor wie in einem Irrenhaus, in dem mich von irgendwelchen Monitoren an allen Wänden groteske Fratzen wie von der Leyen, Merkel oder Ackermann salbungsvoll angrinsen - natürlich alle 20 Sekunden unterbrochen von noch groteskerer Werbung für absurde Produkte -, während auf dem Boden ringsherum die Menschen dahinsiechen und sterben. In einer solchen Alptraumwelt will niemand leben ... wieso tun wir es dennoch?

Und ich frage mich immer wieder, wieso diese selbsternannte "Elite" so grausam dumm ist. Sie könnte noch viele, viele Jahre ihr luxuriöses Prunkleben am Rande der menschlichen Gesellschaft weiterführen, wenn sie es denn fertig brächte, den Armen nicht mehr nur Brotkrumen oder gar nichts mehr, sondern vielleicht ein paar Brotscheiben zu überlassen. Aber selbst das ist ihr zuviel - sie will eben alles und beschleunigt damit den Untergang ganz massiv. Oder spekuliert sie darauf, dass es keine Aufstände geben wird bzw. dass diese Aufstände locker niedergeschlagen werden können? Die Geschichte hat gezeigt, dass so manche selbsternannte "Elite" darauf schon gewettet hat ... meistens zu unrecht. Ein wenig Hoffnung verbleibt also.

Mittwoch, 29. Dezember 2010

Die Rückkehr der Faschisten

Steht Deutschland bald eine neue Rechtspartei ins Haus? Ein Jörg Haider oder Geert Wilders hätte auch hierzulande heute gute Chancen

Ein Dialog, irgendwo in Deutschland: "Wird Sarrazin der deutsche Haider?". "Ach nein, das hat der nicht in den Genen." Die Umstehenden lachen gequält.

Für die Rolle eines Populistenführers wäre der tapsige, vollkommen charismafreie Erfinder eines muslimischen Deppen-Gens die absolute Fehlbesetzung. Doch die Debatte über seine Thesen und vor allem die Art und Weise, wie er medial gehyped wurde, hat gezeigt, dass es auch in Deutschland ein Potenzial für eine populistische Kraft rechts von der Union gäbe.

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Anmerkung: Die taz ist sich nicht zu blöde, weiterhin von den "Thesen" Sarrazins zu sprechen, obwohl diese längst als Lügen oder bestenfalls freie Erfindungen entlarvt sind. Typisch. Nochmal zum Mitschreiben: Sarrazin hat keine "Thesen" aufgestellt, sondern selbst zugegeben, dass seine Zahlen frei erfunden sind. Es hat auch keine "Debatte" über diese "Thesen" in den Mainstreammedien stattgefunden, sondern, wie im taz-Text auch richtig steht, ein Hype.

Des Weiteren behauptet der Autor: "Die wesentlichste Vorbedingung für eine neue populistische Partei ist aber die Delegitimierung der etablierten politischen Parteien: ein grassierendes Anti-Eliten-Ressentiment. Weite Milieus der Bevölkerung müssen zur Auffassung gelangen, dass 'die Politik' und 'die Parteien' nur mehr abgekapselt ihren Geschäften nachgehen, dass sie die 'wahren Sorgen der Menschen' nicht mehr kennen und nicht die 'wirklichen Probleme'. Diese Auffassung muss nicht sehr bewusst sein - es reicht, wenn sie gewissermaßen atmosphärisch herumwabert. Und diese schlechte Stimmung muss medial geschürt werden."

Wo lebt der Mann denn? Das ist doch alles längst Realität - und man muss das auch nicht in Anführungszeichen setzen, denn es ist doch de facto genau so, wie es dort geschrieben steht. Daran ist jedoch nicht die Bevölkerung oder der Berichterstatter schuld. Es ist die neoliberale Bande selbst, die den Boden für einen neuen Faschismus bereitet. Sie beweist es doch jeden Tag aufs Neue, dass ihr das Hemd näher als die Hose ist und dass die Kumpel in der Wirtschaft es schon honorieren werden, wenn sie das Volk weiter auspresst und die Gelder auf die Konten der Reichen schaufelt. Worauf zielt diese Kampagne? Will die taz allen Ernstes behaupten, dass es die Benennung von wirklichen Missständen ist, die den Weg für einen neuen Faschismus frei macht? Also sind nicht die schuld, die das Volk verarschen, sondern die, die darauf aufmerksam machen? taz, quo vadis??

Ansonsten ist dem Autor in weiten Teilen zuzustimmen: Seit dem Sarrazin-Hype ist der Weg für neue rechte Hetzer freigeschaufelt - und wir dürfen gespannt sein, ob der neue "Führer" sich innerhalb der neoliberalen Bande (die FDP ist dabei nur eine Option) oder mittels einer neuen oder alten rechten Partei in das Medieninteresse bringen wird. Halten wir die Augen weit offen!

Hartz IV: Armut per Gesetz

  1. Acht Kilometer zum Bäcker, 14 Kilometer zum Sportverein - warum der Regelsatz nicht ausreicht und wie eine Familie in der westdeutschen Provinz dennoch versucht, ihren vier Kindern soziale Teilhabe zu ermöglichen.

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  2. (...) Der Regelsatz für erwachsene Hartz-IV-Empfänger soll ab 1. Januar um fünf Euro auf 364 Euro steigen. Die Summe setzt sich laut des Gesetzentwurfs von Arbeitsministerin von der Leyen folgendermaßen zusammen:

    128,46 Euro für Nahrungsmittel, alkoholfreie Getränke

    30,40 Euro für Bekleidung und Schuhe

    30,24 Euro für Wohnen, Energie und Wohnungsinstandhaltung (ohne separat erstattete Miet- und Heizkosten)

    27,41 Euro für Innenausstattung, Haushaltsgeräte und -gegenstände

    15,55 Euro für Gesundheitspflege

    22,78 Euro für Verkehr

    31,96 Euro für Nachrichtenübermittlung

    39,96 Euro für Freizeit, Unterhaltung, Kultur

    1,39 Euro für Bildung

    7,16 Euro für Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen

    26,50 Euro für andere Waren und Dienstleistungen

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Anmerkung: Dass es dieser Frau von der Leyen und dem Rest der neoliberalen Bande nicht die Schamesröte ins Gesicht treibt, wenn sie eine solche "Bedarfs-Berechnung" vorlegen, kann rational nicht mehr erklärt werden. Man sieht förmlich das süffisante Grinsen dieser unsäglichen Frau und hört fast ihre Gedanken dazu, die eigentlich nur so lauten können: "Mir ist es doch vollkommen gleichgültig, was aus euch Schmarotzern wird".

Die Höhe des "Regelsatzes" ist eine Frechheit, die einzelnen Positionen sind es um ein Vielfaches mehr. Man möchte dieser Bande beispielsweise die 1,39 € (in Worten: Ein Euro und neununddreißig Cent), die sie einem Hartz-Opfer pro Kopf und Monat für Bildung zugestehen, um die Ohren hauen, bis sie rot sind und brennen und sie dann an den selbigen vehement in die Schamecke ziehen. Das sind übrigens dieselben Figuren, die noch vor kurzem einen "Bildungsgipfel" veranstaltet, das Land zur "Bildungsrepublik" ausgerufen - und privaten Casino-Banken über Nacht 300 Milliarden Euro Steuergelder in den Schlund geworfen haben. Es ist unfassbar, dass die Menschen in diesem Land diese Diskrepanzen, diese schrille Umverteilung von Arm zu Reich so klag- und widerstandslos über sich ergehen lassen.

Und vergessen wir nicht: Schwarz-Gelb nutzt das gesetzliche Hartz-Instrumentarium nur dankbar aus, wie immer natürlich zum Nachteil der Menschen - geschaffen wurde es bewusst von Rot-Grün. Deren Herumlamentieren über die "Neuberechnung" durch Schwarz-Gelb, das zurzeit von der Propagandapresse verbreitet wird, ist einfach nur peinlich und bigott.

Diese Leute, die sich selbst an den Töpfen der Staatskasse reichlich bedienen und ihrer Klientel immer wieder Unsummen zuschieben, stellen hier allen Ernstes eine "Berechnung" vor, die das monatliche "Existenzminimum" für ein Leben mit sozialer Teilhabe für Millionen von Menschen in diesem Land darstellen soll - in Höhe von 364 Euro pro Monat. Zynischer geht es kaum. Das sind Zustände wie im Mittelalter.

Montag, 27. Dezember 2010

Die Folgen des Neoliberalismus: "There is a war going on"



Anmerkung: Diese Rede könnte 1:1 auch im Bundestag gehalten werden. Wie sich die katastrophalen Zustände doch gleichen ... und die neoliberale Bande macht dennoch immer weiter, hierzulande genauso wie in den USA und all den anderen Staaten. Es ist in der Tat ein Krieg, der da stattfindet - ein Krieg gegen die eigenen Bevölkerungen.

Weil Propaganda wirkt: 3% für die FDP, 35% für die CDU

FDP wird zur Splitterpartei

Geht's noch schlimmer? Die FDP stürzt im stern-RTL-Wahltrend auf 3 Prozent - eine Splitterpartei. Erneut gibt es Rücktrittsforderungen gegen Parteichef Westerwelle.

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Anmerkung: Dieser "Wahltrend" war genauso vorhersehbar wie die Reaktionen in Bezug auf Westerwelle darauf. Seit Tagen dreschen die Medien auf Westerwelle ein - er soll offenbar das Bauernopfer darstellen, damit die FDP, die sich zuvor allzu offensichtlich als marktradikale "Eliten"-Partei aufgeführt hat, wieder hoffähig gemacht werden kann (siehe diesen Artikel dazu).

Propaganda wirkt eben. Wenn sogar eigene Parteifreunde einen Rücktritt Westerwelles (nur vom Parteivorsitz, wohlgemerkt) fordern und sämtliche Medien mitziehen, ist dieses momentane Ergebnis von 3 Prozent für die Partei nicht überraschend. Bezüglich der Union geschieht das ja nicht, und so überraschen auch die 35 Prozent keineswegs. Gemessen an ihrem Handeln zum Wohle der Bevölkerung dürfte auch die CDU eigentlich nicht mehr als 3 Prozent Zustimmung erhalten. Welche 35 Prozent der Bevölkerung sollen das denn auch sein? So viele Milliardäre gibt es auch in Deutschland nicht.

Einerseits wäre es ja sehr begrüßenswert, wenn die peinliche Figur Westerwelle endlich von der politischen Bühne abtreten würde. Andererseits wäre es ein noch viel größerer Segen für dieses Land, wenn die FDP komplett tatsächlich zur Splitterpartei schrumpfen würde - was sie inhaltlich ja auch ist, wie der gesamte Rest der neoliberalen Bande ebenfalls. Das allerdings wird - dank der Propagandamedien - wohl nur ein frommer Wunsch bleiben.

Deutschland braucht solche Gesetze wie in Ungarn nicht. Hier erledigen die Medien die Propagandaarbeit auch ganz ohne gesetzliche Kontrolle. 35 Prozent für die CDU ... man müsste angesichts dieser unkommentierten Zahl in schallendes Gelächter ausbrechen. Das ist genauso absurd wie es die 90 Prozent und mehr für die SED bei "Wahlen" in der DDR waren.

"Ungarns Regierung schafft die Demokratie ab"

Staatlich kontrollierte Medien, machtlose Verfassungsrichter, eingezogene Renten: Ungarn wird immer unheimlicher. Korrespondent Bernhard Odehnal erklärt, was in dem Land vor sich geht.

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Anmerkung: Es ist zweifellos höchst problematisch, was da gerade in Ungarn geschieht - allerdings sollte man sich schon sehr genau informieren, bevor man sich eine Meinung bildet. Bei den im obigen Interview erwähnten "eingezogenen Renten" handelt es sich nämlich lediglich um eine erneute Verstaatlichung des zuvor privatisierten Rentensystems, was der neoliberalen Bande natürlich ein Dorn im Auge ist, denn so entgeht den privaten Versicherungen viel Profit, während ärmere Rentner davon profitieren.

Besonders peinlich waren viele Reaktionen auf diese Entwicklungen, wie sie z.B. von der tagesschau verbreitet wurden. Einige Kostproben:

  • "Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die ungarische Regierung vor einer Verletzung rechtsstaatlicher Prinzipien im Umgang mit den Medien gewarnt." - Was für eine lächerliche Farce - gerade die Union schert sich einen Teufel um "rechtsstaatliche Prinzipien", egal in welchem Zusammenhang.


  • "Nach Ansicht von Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin kann Ungarn ohne eine Rücknahme des Gesetzes den EU-Ratsvorsitz nicht übernehmen. 'Diese fatale Entscheidung muss sofort zurückgenommen werden', sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. Ein solcher 'Anschlag auf die Pressefreiheit' sei mit der EU-Ratspräsidentschaft Ungarns unvereinbar. / Trittin forderte die Bundesregierung und vor allem Außenminister Guido Westerwelle zum sofortigen Eingreifen auf. Die Regierung müsse dafür sorgen, dass europäische Grundrechte von keinem Mitgliedstaat unterminiert würden." - Herr Trittin, welchen Unterschied macht es, wenn Medien per Gesetz vom Staat kontrolliert werden (Ungarn) oder aber ganz freiwillig Hofberichterstatter und Propagandaministerium spielen, weil es private Unternehmen sind, deren Besitzer der neoliberalen Religion huldigen und ihren Profit maximieren wollen (Deutschland)? Eine gesetzlich garantierte Pressefreiheit nützt nicht viel, wenn sie von den Massenmedien im Sinne der Wahrheit und Information nicht angewendet wird.


  • "[Luxemburgs Außenminister] Asselborn sagte weiter, Ungarn müsse klargemacht werden, dass das Land nicht die EU-Präsidentschaft übernehmen könne, wenn diese Gesetze in Kraft träten. 'Wenn eine Regierung sich anmaßt zu definieren, was das allgemeine Interesse ist, und das mit einer Behörde kontrolliert, sind wir nicht mehr in einer Demokratie. Das ist hochgefährlich.' - Eine solche Feststellung gerade aus Kreisen der EU-Bürokratie ist eine Lachnummer, wie sie grotesker nicht sein könnte. Die EU ist ein undemokratisches, von Lobbyisten verseuchtes Elitenförderungskonstrukt, das ständig irgendwelche Richtlinien oder Standards erlässt oder festlegt, die für alle EU-Bewohner Geltung haben. Und der FDP-Europaabgeordnete Alexander Alvaro setzt noch einen drauf, wenn er zum Besten gibt: "Die ungarische Regierung müsse sich fragen, ob sie mental überhaupt hinter dem Projekt Europäische Union stehe." - Wer ist es denn, der seit Jahren das "Projekt Europäische Union" torpediert - beispielsweise durch einen immensen Exportüberschuss, durch einen sich immer weiter ausbreitenden Niedrigstlohnsektor und sich abschwächenden Binnenmarkt, durch in den Bankrott getriebene andere Mitgliedsstaaten? Und welche Partei verkündet dieses Hohelied der "freien Märkte" bis heute am lautesten? Richtig: die FDP.


Ganz unabhängig davon, wie man die geplanten Mediengesetze in Ungarn bewertet - ich persönlich halte sie in der Tat auch für skandalös -: Diejenigen, die da laut tagesschau so vehement Kritik daran üben, haben mit Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und einer wirklichen, echten Pressefreiheit (im Sinne von "frei von Wirtschafts- und Ideologieinteressen") selber nichts am Hut. Wenn es hierzulande eine starke und wirklich kritische Presse gäbe, können wir sicher sein, dass man ähnliche Gesetze auch hier schon längst versucht hätte zu etablieren. Zum Glück der neoliberalen Bande gibt es eine solche kritische Presse dank der besagten "freien Märkte" aber nur noch rudimentär. Und die kann man dann in solchen Momenten als schönes Feigenblatt in die Kameras der Weltöffentlichkeit halten, während zur gleichen Zeit die Propaganda wieder Fahrt aufnimmt.

Abrechnung 2010: Die "Eliten" verramschen Demokratie und Natur

(...) Wir leben in einer von Grund auf verkehrten Welt. Die meisten wissen das inzwischen. Neun von zehn Deutschen, so hat Emnid unlängst ermittelt, wollen eine andere Wirtschaftsordnung. Was für ein Erkenntnisgewinn! Sie trauen dem Kapitalismus nicht zu, die anstehenden Probleme zu lösen. Sind doch die Banken die eigentliche Parallelgesellschaft – Piraten, die den Bürger in Geiselhaft nehmen. Und niemand macht ihnen den Prozess, weil niemand Gesetze gegen sie macht. Alle wissen, dass die Krise noch nicht vorbei ist. Ihre angeblich so versierte Bewältigung hat die Gesellschaft weiter in eine prekäre Richtung verwandelt: Neue Arbeitsplätze sind zwar begrüßenswert – aber auch dann, wenn es vorwiegend im Niedriglohnbereich liegende Zeit-, Leih- und Minijobs sind? Nur noch 38 Prozent der Beschäftigten haben eine unbefristete Vollzeitarbeit. Das ist ein weiterer Schritt hinab in den Hades der Angstgesellschaft. (...)

Fehlgesteuert von Zinstreiberei und Profitmaximierung, gleichsam im Wachkoma, schaffen wir die Instrumente unserer Selbstzerstörung. Offenbar unfähig, Lebenssinn außerhalb des beschleunigten Wachstums materieller Güter zu finden, beschwören wir das Verhängnis herauf. Adorno sprach von der lieblosen Nichtachtung der Dinge, die sich notwendig gegen die Menschen kehren, von der "Ideologie für die, welche mit schlechtem Gewissen das Ihre behalten wollen. Es gibt kein richtiges Leben im falschen." Dieses nach 1989 mit unerbittlicher Anklagepose gegen alle Ostbiografien gerichtete Verdikt bezieht sich, aus seiner Verkürzung gelöst, vielmehr auf die Destruktivität des Privateigentums in der bürgerlichen Gesellschaft.

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Anmerkung: Dieser Text stellt eine hübsche, kleine Zusammenfassung der gegenwärtigen schlimmen Entwicklungen dar, auch wenn er wichtige Punkte wie z.B. das Geldsystem, die Kriege oder die weiter fortschreitende Abschottung Europas gegenüber Flüchtlingen außen vor lässt. Die Frage, die die Autorin im letzten Absatz aufwirft, ist tatsächlich die zentrale Frage der kommenden Jahre. Werden die Propagandamedien in trauter Eintracht mit korrupten Politikern und einer asozialen "Elite" dafür sorgen, dass das beschworene "Wir-Gefühl" gar nicht erst entsteht? Die Chancen dafür stehen nicht schlecht, wie ich fürchte.

"Werden wir das Ende der Zuschauerdemokratie und des Herrschaftswissens einläuten oder uns einer oligarchischen Elite beugen? Es geht ums Ganze – Prost Neujahr."