Montag, 31. Januar 2011

Das schlimme K-Wort

(...) Dass die [Linke] "aus der medialen Aufmerksamkeit (für das 'schlimme Wort'; A.K.) politische Erfolge schlagen" könnte, wie in der jungen Welt zu lesen ist, kommt mir unwahrscheinlich vor, weil zu kurzatmig gedacht. Aber es empfiehlt sich, dem Kommunismus nachzuforschen, über ihn nachzudenken und öffentlich zu sprechen. Seit dessen Aufstiegszeiten sitzt er als Anfechtung dem Kapitalismus im Nacken: Möglicherweise ist der gegenwärtige Furor um das K-Wort auch angstgetrieben. Denn die kapitalistischen Verhältnisse können derzeit nur noch ihre Profiteure beglücken, und die sind nicht sehr zahlreich. Allzu viele Risse kommen in den Fugen des Kapitalismus zum Vorschein. Auf Angsterfahrungen, weiß die Psychologie, lässt sich unterschiedlich reagieren: mit Verdrängung, mit Aggression oder mit dem Versuch, Ursachen zu erkennen und Problemlösungen zu finden. Für den Einzelnen ist das nicht leicht, für die Gesellschaft erst recht nicht, was schon Bert Brecht gesagt hat: Der Kommunismus sei das Einfache, das schwer zu machen ist.

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Anmerkung: Was bedeutet Kommunismus überhaupt? Diese simple Frage kann doch in unserem "Informationszeitalter", das eher die Bezeichnung "Propagandazeitalter" verdient, nur noch eine kleine Minderheit tatsächlich beantworten. Die Erwähnung dieses Wortes löst allenthalben nur noch reflexartige Worthülsen aus, die nichts mit der Wortbedeutung zu tun haben.

Anders als der Autor des obigen Artikels bin ich aber durchaus der Meinung, dass es Sinn macht, dieses Wort zu vermeiden. Die neoliberale Bande hat es ja schließlich auch geschafft, ihre alten, braunen Ideen des "Elite"-Denkens in den Deckmantel der Scheindemokratie zu verpacken, ohne sich dem offensichtlichen Faschismusvorwurf aussetzen zu müssen. Es ist exakt so gekommen, wie Adorno es seinerzeit fast schon prophetisch formuliert hat: "Ich fürchte mich nicht vor der Rückkehr der Faschisten in der Maske der Faschisten, sondern vor der Rückkehr der Faschisten in der Maske der Demokraten."

Was spricht also dafür, das "schlimme K-Wort" zu bemühen? Aus meiner Sicht nichts: Wir meinen alle weitgehend dasselbe, wenn wir die herrschenden Verhältnisse geißeln, und es ist belanglos, wie wir die Alternative nennen - ob es nun der "demokratische Sozialismus" oder der mir persönlich besser gefallende demokratische "solare Sozialismus" oder auch der Kommunismus ist. Die Diskussion darüber ist mehr oder weniger redundant - die Außenwirkung ist es jedoch nicht.

Wenn man in einem perversen Propagandasystem lebt, muss man seine Äußerungen diesen perversen Regeln anpassen, wenn man etwas erreichen will - so niederschmetternd diese Erkenntnis auch ist. Halten wir also fest: Nein, wir wollen um Himmels Willen keinen Stalin, wir wollen keine Sowjetunion, wir wollen keine DDR - wir wollen kein autoritäres Regime. Wir wollen Demokratie - echte, wirkliche Demokratie, und wir wollen keine "Elite", keine höher- oder geringerwertigen Klassen oder Einzelpersonen.

Eigentlich ist das ganz einfach ... aber ich will Brecht nicht die Worte stehlen.

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