Dienstag, 29. November 2011

Griechenland: Jenseits der Demokratie

Nach fünf Tagen Verhandlungen hat man sich in Athen am Donnerstagnachmittag auf den Nachfolger von Ministerpräsident Giorgos Papandreou geeinigt. Loukas Papadimos, im Ausland anglifiziert als Lucas Papademos bestens bekannt, soll bis auf weiteres die Fäden in Griechenland ziehen. Der ehemalige Vizechef der Europäischen Zentralbank gehörte sicherlich zu den Wunschkandidaten sowohl der einheimischen als auch der in Brüssel und Washington herrschenden Eliten. Hatte er sich doch schon zu seiner Amtszeit als Präsident der griechischen Nationalbank lang vor der Krise für eine rigorose Umverteilungspolitik zugunsten des Kapitals eingesetzt. (...)

Bis zu einer Rückkehr zur regulären parlamentarischen Demokratie kann nun beliebig viel Zeit vergehen. Denn Papadimos hat die Übernahme des Amtes von der Rücknahme des Wahltermins am 19. Februar nächsten Jahres abhängig gemacht.

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Anmerkung: Was soll man dazu noch sagen – eine nicht gewählte, demokratisch nicht legitimierte "Regierung", die den regulären nächsten Termin für eine neue Wahl nicht anerkennt – mitten in Europa und auf Geheiß der stärksten europäischen Führungen installiert ... – Mehr muss man eigentlich nicht wissen um zu erkennen, dass wir in einer Diktatur leben.

Ich hoffe sehr, dass die Menschen in Griechenland diesen Putsch nicht einfach akzeptieren, sondern richtig Randale machen und das neue Unrechtsregime alsbald stürzen!

Es wäre ein Treppenwitz der Geschichte, wenn ausgerechnet Griechenland – die Wiege der Demokratie – heute zur Leichengruft der Demokratie mutierte. Aktuell sieht es aber genau so aus.

Nebenbei wirft dieser Vorgang ein sehr erhellendes Licht auf das (nicht vorhandene) Demokratieverständnis der in anderen europäischen Staaten herrschenden neoliberalen Banden – allen voran wieder einmal Deutschland. Merkel hat genauso viel Demokratie in ihrem Blut wie Bush, Honnecker, Schröder oder Kohl.

Bemerkenswert an diesem Vorgang ist vor allem, dass in Griechenland ein streng neoliberal agierender Pseudosozialist weggepuscht wurde, um von einem noch viel strengeren Neoliberalen ersetzt zu werden ... allein dieser an sich absurde Vorgang zeigt uns schon, dass die kapitalistische Zerstörung ihrem großen Finale entgegen driftet. Anders ist das kaum mehr erklärbar.

Vor allem die Armen, die Migranten, die gesellschaftlichen Minderheiten überall in Europa sollten sich sehr warm anziehen, denn die kommende Zeit wird brutal und hart. Der Angriff der Superreichen geht in seine finale Phase.

Update 30.11.11: Die griechische Publizistin und Ökonomin Nadia Valavani hat eine bemerkenswerte Rede zu diesem Thema gehalten - bitte unbedingt lesen!

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