Samstag, 9. Juli 2011

Die Grünen weiter auf neoliberalem Kurs: "Ja" zur Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke

Sonderparteitag in Berlin: Die Mitglieder der Grünen stimmen [der] schwarz-gelben [Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke bis] 2022 zu und hoffen, so nicht mehr als Dagegen-Partei diffamiert zu werden. (...)

Durch ihren vorauseilenden Gehorsam gegenüber der Kanzlerin Merkel, die sich einen parteiübergreifenden Konsens wünscht, ohne ernsthaft mit der Opposition in Verhandlungen zu treten, profilieren sich die Grünen vor allem als Ersatz für die Liberalen, die aller Voraussicht nach im kommenden Bundestag nicht mehr anzutreffen sein werden.

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Anmerkung: Beides war zu erwarten - sowohl die Zustimmung der Grünen zu dieser faktischen Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke in Deutschland um satte 11 Jahre, als auch die weitgehend vollkommen unkritische Berichterstattung darüber, die einhellig einen "Atomausstieg" herbeifabuliert, den es aber gar nicht gibt.

Fakt ist: Dieser "Beschluss" der schwarz-gelben Bande ist spätestens nach der nächsten Bundestagswahl nicht mehr das Papier wert, auf dem er geschrieben steht - wie es zuvor mit den weit in die Zukunft hinein verlagerten "Ausstiegsplänen" von Rot-Grün ja vorexerziert worden ist. Jede neue Regierung kann auch diesen Beschluss wieder kippen - und bis 2022 warten noch so einige neue Regierungen auf die gespannten Bürger.

Zudem verschießt die Energielobby schon jetzt ihre ersten Giftpfeile, wenn sie - wie beispielsweise hier in einer Kurzmeldung auf wdr.de - eine finstere Zukunft herbeischwadroniert:


(Screenshot wdr.de)


Dabei wird sich bis zum Winter in diesem Jahr noch gar nichts an der Situation verändert haben, wie sie nicht auch vorher schon (geplant) war - und dennoch wird da schon jetzt in den schwärzesten Farben ein Energiemangel herbeifabuliert, wie er grotesker kaum sein könnte. Der "Schaden" in Höhe von einer Milliarde Euro, der da unheilschwanger beschworen wird, meint offensichtlich die Profitlöcher, die den Energieriesen entstehen werden, wenn sie einzelne Atomkraftwerke nicht länger als marode Goldesel nutzen können. Das jedoch ist vollkommen unabhängig von dem jetzigen Beschluss der schwarz-gelben Bande, an dem die Grünen sich nun tatkräftig beteiligt haben.

Wer sich die hochalbernen Rechtfertigungsreden von Roth, Trittin & Co. wirklich angetan hat, kann sich von dieser schamlosen, opportunistischen Partei nur noch mit Grausen abwenden. Es wäre an der Zeit gewesen, der neoliberalen Bande endlich ein klares, deutliches "Nein" dauerhaft entgegen zu schleudern - es war jedoch vorhersehbar, dass die Grünen selbstverständlich keine "Dagegen-Partei" sind, sondern eine klar neoliberale, machtbesessene Ja-Sager-Partei, die keine demokratische Existenzberechtigung mehr besitzt. Die mitgetragene und zurechtgelogene Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke war da nach Hartz IV, diversen Kriegen und vielen anderen sozialen und ökologischen Grausamkeiten nur ein weiterer Beweis in einer langen Kette.

Im Jahr 2022 wird der Großteil der heutigen "Granden" der grünen Parteispitze die politische Laufbahn längst beendet haben und ihren Vorgängern wie Schlauch oder Fischer in das lukrative Pöstchenkarussell der Wirtschaft gefolgt sein - und keiner von ihnen wird mehr von einem "Atomausstieg" reden. Da gehe ich jede Wette ein.

Die Grünen sind heute eine weitere redundante neoliberale Partei, die sich vom Rest der Bande nicht unterscheidet und die niemand braucht - mit Ausnahme der neoliberalen Bande selbst, um weiterhin den Anschein eines grotesken "Parteienspektrums" und der Demokratie aufrecht zu erhalten.

Afghanistan: Sterben deutsche Soldaten für Heroin?

(...) Im Juli 2000 verbot Mullah Mohammed Omar, der Führer der radikal-islamischen Taliban, die 95 Prozent des Landes regierten, mit einer Fatwa, einem religiösen Rechtsgutachten, den Opiumanbau, weil er gegen den Islam verstoße. Die Bauern Afghanistans haben das Mohnanbauverbot der Taliban strikt befolgt und schon im Jahr 2001 Jahr war die Produktion fast eingestellt und es blühte der Weizen, so weit das Auge reichte. (...)

Trotz des Angebotes der Taliban, Osama bin Laden bei stichhaltigen Beweisen für seine Mittäterschaft am Anschlag auf das WTC in New York auszuliefern, wurde mit der US-geführten Invasion am 7. Oktober 2001, unter dem Vorwand, bin Laden zu suchen, begonnen. So konnte ab 2002 wieder der vorherige Standard des Schlafmohnanbaus erreicht und in den folgenden Jahren sogar noch gesteigert werden. Zu einem Beweis dafür wurde der jüngste Jahresbericht des UN-Büros für Drogen- und Kriminalitätsbekämpfung (UNODC), wonach die afghanischen Schlafmohnfelder 193.000 Hektar umfassen und damit größer als die gesamten Plantagen in Kolumbien, Peru und Bolivien sind. (...)

Die Rückgewinnung der Felder als Opium-Anbaufläche wurde mit einer äußerst perfiden und ausgeklügelten Vorgehensweise erreicht. Afghanistan wurde mit Weizenlieferungen geradezu überschwemmt, sodass die Bauern ihre Ernten nicht mehr verkaufen konnten und gezwungen waren, wieder den Anbau von Opium aufzunehmen. Koordiniert hat die Weizenschwemme die CIMIC. CIMIC steht für "civil-military cooperation" und ist der NATO-Begriff für zivil-militärische Zusammenarbeit im Ausland.

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Anmerkung: Die im Artikel genannten Zahlen scheinen zu stimmen - jedenfalls wurden sie (freilich in einem anderen Kontext) auch von anderen Medien, wie beispielsweise hier bei n-tv, kolportiert.

Es ist wahrlich extrem verwunderlich, dass Afghanistan seit dem Einmarsch der NATO-Truppen wieder zum größten Produzenten von Schlafmohn aufgestiegen ist. Der zeitliche Zusammenhang und vor allem die Kontinuität der stetig gesteigerten Produktion seit zehn Jahren (!) lassen viele Fragen aufkommen - darunter natürlich auch die, für welche Ziele die Soldaten der NATO dort eigentlich agieren. Dass Humanismus, Gerechtigkeit, "Terror"-Bekämpfung oder eine innige Liebe zur Demokratie gewiss nicht zu den Beweggründen der neoliberalen Bande, Kriege zu führen, gehören, dürfte inzwischen auch dem letzten Verblendeten aufgefallen sein. Selbst deutsche Vertreter dieser gewissenlosen Bande wie de Maizière reden seit einiger Zeit ja ganz offen (und klar verfassungsfeindlich) von "Wirtschaftsinteressen" und der Sicherstellung des "Zugangs zu den Märkten der Welt und ihren natürlichen Ressourcen", für die die Bundeswehr zu sorgen habe.

Wen würde es da noch verwundern, wenn auch das äußerst lukrative Drogengeschäft - wenn auch nicht offiziell - dazugehörte?

Freitag, 8. Juli 2011

"The Land of the Free": Drogentests für Arme in Florida

Der US-Bundesstaat Florida testet zukünftig nicht nur Angestellte im und Bewerber für den Öffentlichen Dienst auf Drogenkonsum, sondern auch Personen, die Sozialhilfe beantragen. Ein entsprechendes Gesetz wurde in der letzten Woche von Gouverneur Rick Scott unterzeichnet und tritt am 1. Juli in Kraft. Scott begründete die Maßnahme damit, dass er hoffe, mit ihr werde der Drogenkonsum zurückgehen. Außerdem sollten Steuerzahler die Gewissheit haben, dass ihr Geld nicht für die indirekte Subventionierung verbotener Genussmittel hinausgeworfen wird.

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Anmerkung: Angesichts dieser Meldung fällt es mir sehr schwer, nicht ausfallend zu werden. Wie lange mag es wohl dauern, bis auch in Deutschland ähnliche Drangsalierungsgesetze gegen Arme in Kraft treten, während sich in der "Elite" weiterhin unsanktioniert koksabhängige Millionäre, alkoholsüchtige Politiker oder medikamentenabhängige Manager tummeln, die allesamt wesentlich mehr Steuermittel verschlingen als alle Armen zusammen?

Es ist schon skandalös genug, dass in den allermeisten westlichen Staaten eine Krankheit - denn nichts anderes ist eine Sucht - kriminalisiert wird. Wenn nun aber obendrein arme Menschen, die an dieser Krankheit - die es in allen gesellschaftlichen Schichten gibt - leiden, noch stigmatisiert und ihrer materiellen Lebensgrundlage beraubt werden, ist das nur noch faschistisch zu nennen.

Zudem betrifft dieses perfide Gesetz natürlich auch so genannte "leichte" Drogen, wie beispielsweise Cannabis. Der Konsum von Cannabis macht physisch nicht abhängig und ist - etwa im Vergleich zum Alkohol oder auch zu industriellen Abgasen - als medizinisch eher unbedenklich einzustufen. Im Klartext heißt das: Wer Geld genug hat und sich bei der Beschaffung und beim Konsum von Cannabis nicht erwischen lässt, kann weiter grinsen - wer aber arm ist, kann das nicht, sondern muss statt dessen befürchten, die wenigen Almosen, die ihm zum Leben noch geblieben sind, auch noch zu verlieren. Festgelegt per Gesetz.

Man fragt sich unwillkürlich, ob die Runde der Schlipsträger, die dieses Gesetz (das offensichtlich nicht darauf ausgelegt ist, Menschen zu helfen, sondern sie vielmehr aus dem Sozialsystem drängen soll) ausgekungelt hat, sich schon während der Beratungen oder erst danach mit Schnaps oder anderen harten Drogen zugedröhnt hat. Unfassbar.

Die Luftnummer Steinbrück, oder: Warum ein neoliberaler Versager in der SPD weiter Karriere macht

(...) Wir beobachten in diesen Tagen mit Staunen den rasanten Aufstieg des ehemaligen Finanzministers und gescheiterten NRW-Ministerpräsidenten Peer Steinbrück. Für viele Beobachter ist dies ein Rätsel. Dies ist es nicht, wenn man bedenkt, dass die Finanzwirtschaft, die großen Einfluss auf die veröffentlichte und öffentliche Meinung hat, in Peer Steinbrück einen für sie idealen Kanzlerkandidaten der SPD ausgemacht hat. (...)

Wenn die Finanzwirtschaft die sie betreffende Gesetzgebung bestimmt, wenn die Finanzwirtschaft amerikanische Präsidenten macht und de facto den Kanzlerkandidaten der ältesten deutschen Partei kürt, dann ist die Demokratie in Not. Dann funktioniert das System nicht mehr und es wäre eine Systemänderung fällig.

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Anmerkung: Es ist beachtlich und sehr erfreulich, dass Albrecht Müller sich zu dieser Erkenntnis der notwendigen Systemänderung nun doch noch durchgerungen hat. Sein Artikel ist ein wertvoller Lesestoff für alle, die sich ebenfalls darüber wundern, dass ausgerechnet ein neoliberaler Versager und "Deregulierer" wie Steinbrück, der eine nicht unerhebliche Mitschuld an der Finanzkrise trägt und mit Sozialdemokratie so viel zu tun hat wie Westerwelle, zum nächsten Kanzlerkandidaten der SPD hochstilisiert wird.

Man ist hinter den Kulissen - sowohl innerhalb als auch außerhalb der SPD - offenbar geflissentlich darum bemüht, eine eventuelle Re-Sozialdemokratisierung der Partei um jeden Preis zu verhindern. Dazu passt auch gut der krude Vorschlag Gabriels und Steinmeiers, zukünftige Kanzlerkandidaten auch ganz offiziell nicht mehr nur von Parteimitgliedern bestimmen zu lassen - ein unerhörter Vorgang.

Das angestrebte Einparteiensystem nach dem Vorbild der USA nimmt immer konkretere Formen an - SPD und CDU sind faktisch nicht mehr voneinander zu unterscheiden. Steinbrück könnte ebenso gut CDU-Mitglied sein. Die Sozialdemokratie wird in Deutschland nur noch durch die Linke repräsentiert - und auch die befindet sich bereits im Fokus der neoliberalen Unterwanderung.

Ob wir schwarz wählen oder blassrot oder grün oder gelb - das Ergebnis ist stets dasselbe: Die Schlipse flattern, die Sprechblasen blubbern und der neoliberale Einheitsbrei, den diese Bande "Politik" nennt, quillt in braunen Massen weiter ungehemmt ins Land.

Die Systemfrage ist schon seit langem gestellt. Allerdings wird diese Frage samt aller möglichen Antworten von der uns umgebenden Propagandaflut vollkommen überspült und verdeckt, so dass kaum jemand bemerkt, dass das kapitalistische System wieder einmal an seinem natürlichen Ende angelangt ist. Albrecht Müller hat dies offenbar nun erkannt - und es bleibt zu hoffen, dass ihm möglichst schnell sehr viele andere nachfolgen werden. Das nächste Buch Müllers dürfte jedenfalls weitaus revolutionärer ausfallen.

Donnerstag, 7. Juli 2011

Überlebenskunst in der neoliberalen Horrorwelt

Katja Kullmann ist als Gewinnerin geboren - ein verwöhntes Mittelstandskind, hervorragend ausgebildet, mit imposantem Lebenslauf, intelligent und talentiert. Mit Anfang 30 schreibt sie 2002 einen Bestseller. Mit Ende 30 beantragt sie Hartz IV. Sie ist pleite und muss auf's Amt - davon erzählt sie in ihrem neuen Buch "Echtleben". (...)

In [diesem Buch] beschreibt Katja Kullmann [beispielsweise] den Gang aufs Arbeitsamt:

"Etwas in mir hatte gehofft, dass die Frau bei meinem Eintritt ins Behördenzimmer laut loslachen würde. 'Was wollen Sie denn hier? Haha, das ist ja lustig, dass jemand wie Sie zu jemandem wie mir kommt! Liebe Frau Kullmann, so sehen Sie doch ein, dass Sie sich verlaufen haben! Nun gehen Sie mal schön wieder heim und tun Sie, was Sie sonst immer tun. Und hören Sie auf so blöde Witze zu machen.' Stattdessen untersuchte sie, augenscheinlich unbeeindruckt, meinen Vermögensstand, checkte meine Kontoauszüge der vergangenen sechs Monate [...]."

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Anmerkung: Nicht vergessen: Bei einem Antrag auf "Arbeitslosengeld II" (Hartz IV) handelt es sich um 364 Euro monatlich und die Übernahme der "angemessenen" Mietkosten, die für einen alleinstehenden Menschen die billigste Kleinraumwohnung der jeweiligen Region vorsehen (was an Mietkosten darüber hinausgeht, muss der Betroffene selbst zahlen), sowie um die gesetzliche Krankenversicherung - und um nichts weiter. In die Rentenversicherung beispielsweise wird nichts eingezahlt. Von diesen 364 Euro müssen zusätzlich zur normalen Lebens- und Haushaltsführung sämtliche laufende Kosten bezahlt werden - u.a. Strom, Telefon, Internet, andere Versicherungen, Praxisgebühren, Medikamentenzuzahlungen, Fahrtkosten usw. usf.

Wenn nun jemand eine solche Leistung beantragen muss, befindet er sich offensichtlich in einer erheblichen Notlage, die kaum mit Worten beschreibbar ist. Es ist ein großer Verdienst des in Rede stehenden Buches von Katja Kullmann, nun endlich auch die Tatsache in den Fokus zu rücken, dass es keineswegs größtenteils bildungsferne Menschen sind, die in dieses unsägliche, erniedrigende und grundgesetzwidrige Hartz-System fallen. Der faschistoide Mythos des "faulen, arbeitsscheuen und ungebildeten Gesindels", der von den privaten Propagandamedien (aber nicht nur von diesen) so umfassend aufgebaut wurde und weiterhin wird, verpufft da wie eine große Seifenblase, die nur das hinterlässt, was ihr Inhalt war: Einen schmierigen, öligen Film ohne jeden Realitätsbezug - und sonst nur Leere.

Dem Buch von Frau Kullmann möchte ich eine umfassende Leserschaft wünschen - gerade auch in Hinblick auf den weiteren Werdegang der Autorin, der sich im Porträt von 3sat folgendermaßen liest:

"Die Sache mit Hartz IV hält sie in Berlin ein Jahr geheim, dann kommt ein Anruf aus Hamburg - sie fängt als Führungskraft in einem Verlag an. Jetzt sitzt sie plötzlich auf der anderen Seite. 'Ich habe Telefonate geführt, genau wie andere Kollegen in anderen Verlagen auch, mit Freien, die seit zwei Jahren eine Rubrik betreuen. Irgendwann kam der Tag X und ich musste die Kollegin anrufen und sagen: Wir würden gern mit dir weiterarbeiten, ab jetzt für die Hälfte, du hast eine Woche, also überleg's dir, ich kann dir kein anderes Angebot machen. So funktioniert Kreativ-Wirtschaft.' / Als der Verlag viele ihrer Kollegen entlässt, geht sie freiwillig. Ihre Hartz-IV-Geschichte macht sie mit einem Buch zum kreativen Geschäft. In der Hoffnung, dass es mindestens ein Jahr reicht."

Das ist ein leuchtendes Beispiel für uns alle: Wenn die neoliberale Bande uns den kleinen Finger reicht und uns kaufen will, damit auch wir ihr obszönes Spiel mitspielen und uns prostituieren und dabei andere Menschen ins Unheil stürzen sollen - dann müssen wir ebenso deutlich und laut Nein sagen.

Was auf uns zukommt: Wisconsin macht's wieder vor

(...) Die Staatsregierung [von Wisconsin, USA] unter Gouverneur Scott Walker von der Republikanischen Partei setzte sich mit ihren Maßnahmen durch, die die Rechte der Arbeiter und Angestellten auf kollektive Tarifverhandlungen beseitigten und die Privatisierung öffentlicher Schulen einleitete. Der Privatisierung kommunaler Dienstleistungen wurden die Tore weit geöffnet – alles unter dem Vorwand, "sparen" zu müssen. (...)

Die [Republikaner] nutzen das enorme Haushaltsdefizit, um die Regierung mit "Spardiktaten" unter Druck zu setzen. Einschnitte soll es nach ihrem Willen beim staatlichen Gesundheitssystem geben, weitere Jobs im öffentlichen Dienst sollen beseitigt werden. Nur die Steuererleichterungen für Reiche, eingeführt unter der Regierung von George W. Bush, sollen unbedingt bleiben.

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Anmerkung: Und wieder macht der US-Bundesstaat Wisconsin vor, was auch bei uns in der nahen Zukunft zu erwarten ist - wie schon mehrmals zuvor, beispielsweise bezüglich des staatlichen Drangsalierungs- und Verarmungsprogrammes Hartz IV, wie man in diesem Telepolis-Artikel aus dem Jahr 2002 - also lange vor den Hartz-Deformationen hierzulande - nachlesen kann.

Der stramm rechte neoliberale Zerstörungskurs, der wenige Reiche immer reicher und freier und den großen Rest der Bevölkerung ärmer und unfreier macht, wird konsequent weiter verfolgt. Das Zerstörungswerk wird erst dann vollendet sein, wenn sämtliche Reste von Freiheit, Demokratie, Wohlstand und Gerechtigkeit für die überwältigende Mehrheit der Menschen beseitigt sind.

Die neoliberale Bande macht - einmal mehr - ernst.

Montag, 4. Juli 2011

Wagenknecht über Leistung, Banken und Umverteilungen

Der "Fachkräftemangel" und die Realität

  1. Der viel beklagte Fachkräftemangel ist nur eine mediale Schimäre. Gäbe es ihn wirklich, müssten unsere Löhne und Gehälter endlich steigen

    Liest man die Zeitungen und Zeitschriften, dann leidet Deutschland unter einem enormen Fachkräftemangel. Also: Arbeitslosigkeit, ade? Hartz IV war einmal, Armut gibt es nicht mehr, denn Königin Fachkraft diktiert die Preise für ihre Ware Arbeitskraft. Die Profite schrumpfen, Aktionäre gehen leer aus. An allen Ecken und Enden fehlt es an Ingenieuren, es herrschen Pflegenotstand und Ärzteschwund, Erzieher werden händeringend gesucht. Und wie es erst in den Jahren 2030, 2040 oder 2050 aussehen mag? Umsonsteinkauf im Supermarkt, weil keine Kassierer zu finden sind? Textfreie Zeitungen, weil die Journalisten fehlen? Schön wär's.

    Lese ich dagegen meine aktuellen Honorarabrechnungen in der real existierenden Gegenwart, sieht die Welt ganz anders aus. Seit zehn Jahren war da kaum eine Erhöhung zu verzeichnen, trotz allen demografischen Wandels. Ein Kollege, der bei einem Lokalblatt den gültigen Tarif gefordert hatte, wurde gefeuert - allem Fachkräftemangel zum Trotz.

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  2. (...) Aktuell befinden wir uns in einer Situation, in der gesamtwirtschaftlich von einem Arbeitskräftemangel keine Rede sein kann: Das Verhältnis zwischen gemeldeten offenen Stellen und registrierten Arbeitslosen liegt bei 1 zu 8. Es herrscht also massiver Arbeits- und nicht Arbeitskräftemangel. Anders waren die Verhältnisse in der Vollbeschäftigungsperiode von 1960 bis 1973: Die Arbeitslosigkeit lag, mit Ausnahme der Krise 1968/69, jahresdurchschnittlich bei unter 300.000 Personen. Gleichzeitig waren rund doppelt so viele offene Stellen gemeldet. Arbeitskraft war also knapp.

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Anmerkung: Das Thema des angeblichen "Fachkräftemangels" ist ein Paradebeispiel für die immer umfassender werdende neoliberale Propaganda, mit deren Hilfe von den tatsächlichen Problemen - die meistens aus genau gegenteiligen Sachverhältnissen bestehen - abgelenkt werden soll. Brüderle, Hundt und zig andere Apologeten der Superreichen können ihre Lügen über den "Fachkräftemangel" einfach zum Besten geben und dabei gewiss sein, dass die Massenmedien diese Lügen zumeist unkommentiert und kritiklos weiterverbreiten, so als sei die Lüge tatsächlich eine Information oder Nachricht mit Wahrheitsgehalt.

Nach der Lektüre der beiden oben verlinkten Texte müsste auch dem letzten Zweifler klar geworden sein, dass es keinen "Fachkräftemangel" in Deutschland geben kann - und dass die Sprachrohre dieser Lüge die Unwahrheit ganz bewusst in die Welt posaunt haben - wider besseren Wissens.

Dabei ist gerade diese Lüge so unmittelbar offensichtlich - redet doch gerade die neoliberale Bande ständig von den "Gesetzen des Marktes", die sie quasi heilig gesprochen hat. Wenn nun aber eine Ware oder Dienstleistung "knapp" wird, müsste der Preis dafür nach eben diesen Gesetzen massiv steigen - wir müssten also mannigfaltige Suchanzeigen der Wirtschaft finden, in denen sie händeringend nach "Fachkräften" sucht und dafür ein reichliches Gehalt und viele andere Leistungen anbietet. - Ein Blick in die Stellenmärkte im Internet oder in den Zeitungen bringt da schon nach wenigen Minuten ein klares, ernüchterndes Ergebnis.

So wird auch der Ruf nach ausländischen Fachkräften sofort erklärbar, der sich sofort an die Erklärung des angeblichen "Fachkräftemangels" angeschlossen hat: Eine "Fachkraft" aus Rumänien, Indien oder Afrika könnte von den armen, gebeutelten Unternehmen schließlich für ein weitaus geringeres Gehalt und zu wesentlich schlechteren Konditionen ausgebeutet werden als ein - möglicherweise sogar älterer - Mensch aus heimischen Gefilden.

Da rufen sie also verzweifelt nach "Fachkräften" - und meinen doch im Grunde Menschen, die möglichst für einen Apfel und ein Ei 150 Prozent Leistung in einer 45-Stunden-Woche bringen, höchstens 22 Jahre alt sind, 30 Jahre Berufserfahrung haben und mit einer Wohnung im Pappkarton vollkommen zufrieden sind - in den sie nach der jederzeit wieder vollziehbaren Kündigung ja ohnehin umziehen müssten.

Einen "Fachkräftemangel" gibt es nicht - auch nicht in den Reihen der neoliberalen Bande in der Politik und Wirtschaft: Gerade dort herrscht wohl eher ein kompletter Totalausfall, der nur durch einen 100prozentigen Austausch der "Human Resources" kompensierbar wäre.

Zur unter Ausschluss der Öffentlichkeit beschlossenen "Europäischen Wirtschaftsregierung"

(...) Unter massivem Zeitdruck und weitgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit soll in Brüssel (das Europäische Parlament hat sich am 23.6.2011 mit dem Thema befasst) eine weit reichende Europäische Wirtschaftsregierung beschlossen werden (voraussichtliche endgültige Beschlussfassung im Europäischen Parlament Ende Juli). Deren Folgen wären: Kürzungen bei Löhnen und Sozialleistungen, Abbau der öffentlichen Dienste, niedrigere Steuern für große Unternehmen und Angriffe auf die ArbeitnehmerInnenrechte, warnen zivilgesellschaftliche Initiativen.

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Anmerkung: Griechenland ist der "Testballon" für dieses Unterfangen - was dort gerade geschieht, dürfte in naher Zukunft sämtliche Staaten der EU betreffen. Die nationalen Regierungen hätten dann schlicht keine andere Möglichkeit mehr als dem radikalen neoliberalen Raubbau und der Umverteilung von Arm zu Reich zuzustimmen, wenn sie weiterhin Scheinkredite bekommen wollen.

Selbstverständlich wird dieser Schritt zu einer Verfestigung der Finanzdiktatur nicht einer breiten Öffentlichkeit kommuniziert oder gar demokratisch legitimiert - es ist allen Beteiligten ja ohnehin klar, welche Antwort die Mehrheiten der Bevölkerungen Europas für diesen perfiden Vorgang parat hätten.

Und was sagt unsere neoliberale Bande in Berlin zu diesem geplanten weiteren Raubzug der Superreichen? - Selbstverständlich nichts. Dafür wirkt sie in Brüssel fleißig und "unter massivem Zeitdruck" an der Umsetzung der Pläne mit, nur um danach in Berlin ihre klebrigen Hände in schmieriger Unschuld zu waschen und zu behaupten, man könne dagegen ja nichts tun, das seien "Vorgaben aus Brüssel", die man "gezwungener Maßen" umsetzen müsse. Und unsere Propagandamedien werden das alles, wie gewohnt, genau so verbreiten.

Was mit den Menschen geschehen wird, die sich gegen diese Pläne stellen und aufbegehren, ist nun hinlänglich - beispielsweise aus Spanien und Griechenland - bekannt: Die Staatsmacht wird sie einfach niederknüppeln. In den Medien wird es wieder heißen, "gewaltbereite Chaoten" hätten die Polizei angegriffen, während man staunend im Internet wieder vermummte und bewaffnete Schlägertrupps in gepanzerter Uniform wird beobachten können, die auf unbewaffnete, hilflose und gewaltfreie Menschen brutal eindreschen.

Orwell sähe seine Dystopie entsetzt übererfüllt, würde er unsere heutige Realität besuchen.

Sonntag, 3. Juli 2011

Die "freie Presse" - ein Journalist äußert sich zum Mythos






Anmerkung: Bitte genau zuhören - das ist wichtig!

Folgen der Privatisierung: Ganze Siedlungen verkommen

Risse im Bad, Schimmel am Balkon / Die größten Vermieter in Deutschland sind heute Private-Equity-Fonds aus dem Ausland. Manche lassen ganze Siedlungen verkommen. Den Investoren geht das Geld aus.

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Anmerkung: Die Lektüre dieses FAZ-Artikels lohnt sich nur, wenn man in der Lage ist, selbst zu denken. Natürlich ist die Formulierung "Den Investoren geht das Geld aus" grob irreführend bzw. schlicht falsch - ein Beispiel gibt der Text sogar selbst, wenn wir lesen dürfen: "Geld, wird Gerard van der Horst zitiert, sei für ihn nur 'ein Mittel'. Glücklich macht es indes auch. Als das niederländische Wirtschaftsmagazin Quote den Immobilieninvestor in die Liste der 500 reichsten Landsleute aufnahm ('geschätztes Vermögen: 66 Millionen Euro'), soll die Reaktion postwendend per Mail erfolgt sein: 'Cool!'"

Genau dieser Superreiche ist nun einer der "Investoren", die massenhaft Wohnungen vom deutschen Staat gekauft haben und diese laut Artikel nun (ach, wie überraschend!) verkommen lassen. Offensichtlich ist ihm das Geld inzwischen aber gerade nicht "ausgegangen", sondern es hat sich dank dieser "Investition" sehr reichlich vermehrt.

Es gibt tausendfach Studien und Untersuchungen, die allesamt belegen, dass solche Privatisierungen völliger Humbug sind, die einzig den Geldvermehrungsinteressen der Superreichen und nicht dem Staat bzw. den Interessen der Bürger dienen. Dennoch wurden und werden sie weiterhin unbändig forciert - auch ein Blick auf Griechenland und die dort von der neoliberalen Bande geforderten Programme zu Privatisierungen zeigen das deutlich. Aber auch hierzulande wird weiter massiv an diesem Konzept gestrickt - trotz aller größtenteils sehr negativen Erfahrungen aus der Vergangenheit. Woran das wohl liegen mag?

Um beim Beispiel der Wohnungen zu bleiben: Wer von uns Bürgern freut sich wohl darüber, dass inzwischen die meisten Mietzahlungen für ehemalige staatliche Wohnungen auf privaten Konten - wie z.B. dem des superreichen Herrn van der Horst - landen und nicht mehr beim Staat? Wie kann ein solcher Irrsinn ausgerechnet von staatlicher Seite so massiv betrieben werden, ohne dass eine überbordende Mehrheit sich empfindlich vor die Stirn schlägt und laut "Stopp" schreit?

Schon das Wort "Privatisierung" ist eine dummdreiste Verschleierung der Wirklichkeit, denn es handelt sich um eine Übereignung ehemaligen Volkseigentums an Superreiche zu Schleuderpreisen - staatlicherseits durchgeführt von einer korrupten Bande, die alles mögliche, aber gewiss nicht das Interesse der Bevölkerung im Sinn hat.

Den Herrn van der Horst - einen der 500 reichsten Niederländer - freut das sehr, er lacht ja sehr viel und findet das "cool". Alle anderen Menschen, die nicht zu den Reichsten gehören, gucken - wie immer - in die Röhre. Das ist Kapitalismus, wie er von unserer grandiosen schwarz-gelb-rot-grünen Politik forciert und auch in Zukunft praktiziert werden wird - wenn wir sie daran nicht endlich hindern.

Über den "mitfühlenden Liberalismus"

  1. (...) Die Idee der Freiheit finden wir in den Programmen aller politischen Parteien. Der Sozialismus beruft sich ebenso auf sie wie der Liberalismus. Für mich war und ist der Sozialismus nichts anderes als ein zu Ende gedachter Liberalismus. Die Begründung dafür finden wir in einem der bemerkenswertesten Bücher, die ich in letzter Zeit gelesen habe: "Freiheit als Privileg" von Domenico Losurdo, das 2010 im PapyRossa Verlag erschien.

    In ihm weist der italienische Philosoph nach, dass die Liberalen in ihrer Parteiengeschichte die Freiheit in der Regel als Privileg einer Minderheit verstanden haben. Die Theoretiker des Liberalismus hatten kein Problem, das hohe Lied der Freiheit zu singen und gleichzeitig die Unfreiheit und Unterdrückung ganzer Völker und benachteiligter Gesellschaftsschichten zu rechtfertigen.

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  2. Unter Westerwelle galten die Liberalen als eine Partei der gesellschaftlichen Kälte. Die schneidig-markigen Vorwürfe des ehemaligen Vorsitzenden gegenüber Hartz-IV-Empfängern hatten der FDP den Ruf eingebracht, zu einem Haifischschwarm unsozial gesinnter Besserverdienender und Karrieristen verkommen zu sein, die vor allem Lobbyinteressen im Auge hatten. Die neue Führung um Rösler und Lindner versucht der FDP nun ein neues Markengesicht zu geben. Dazu gehört der Begriff des "mitfühlenden Liberalismus", der seit einiger Zeit die Runde macht.

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Anmerkung: Dass der "mitfühlende Liberalismus" nach FDP-Art ein Brüllwitz, ein wahrer Schenkelklopfer des Orwell'schen Neusprech der ersten Liga ist, muss nicht weiter erläutert werden. Es ist an Lächerlichkeit kaum mehr zu überbieten, wie diese Schlipsträger-Riege der Karrieristen so ihre alberne Marketingstrategie durchzieht, um das drohende kontinuierliche Scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde wegen ihrer schamlosen Klientelpolitik vielleicht doch noch abzuwenden.

Lafontaine ist vollkommen zuzustimmen, wenn er schreibt: "Freiheit ist das Recht eines jeden Menschen, sein Leben so weit wie möglich selbst zu bestimmen. Begrenzt wird dieses Recht durch den gleichen Anspruch der Mitmenschen. Wer am Monatsende nicht weiß, ob er noch genug Geld hat, sich und seine Familie zu ernähren, ist nicht frei. Und junge Menschen, die von einem befristeten Arbeitsverhältnis zum nächsten weitergereicht werden, scheuen davor zurück, eine Familie zu gründen. Es ist auch kein Zufall, dass der japanische Atomkonzern Tepco Leiharbeiter in die verstrahlten Reaktoren schickte. Solche Praktiken zeigen die hässliche Fratze einer Wirtschaftsordnung, in der die Freiheit als Privileg einer Minderheit begriffen wird."

Exakt so sieht das "Freiheitsbild" der neoliberalen schwarz-gelb-rot-grünen Bande natürlich aus: Alle Menschen haben die Freiheit, obdachlos durch die Wälder zu streifen oder sich zum Sterben zurückzuziehen - aber eine individuelle Freiheit in Würde und sozialer Sicherheit mit gesellschaftlicher Teilhabe für alle sieht dieses perfide Weltbild keineswegs vor. Der Text Lafontaines lohnt sich sehr - absolute Leseempfehlung.

Nur am Rande sei erwähnt, dass nicht nur in Japan, sondern selbstredend auch in Deutschland Leiharbeiter in Atomkraftwerken eingesetzt werden. Die taz schreibt dazu: "In deutschen Atomkraftwerken werden in großem Umfang Leiharbeiter eingesetzt, um auch gefährliche Arbeiten zu erledigen. Diese sind durchschnittlich einer fast doppelt so hohen Strahlenbelastung ausgesetzt wie Festangestellte, wie aus einer am Montag bekannt gewordenen Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken hervorgeht." (Quelle)

Gerade an diesem Beispiel kann man den "mitfühlenden Liberalismus" dieser Bande deutlich erkennen, finden Sie nicht auch? - Es ist mir ein völliges Rätsel, wie diese Figuren es schaffen, sich jeden Morgen wieder im Spiegel in die eigene Fratze zu blicken und trotzdem einfach mit allem weitermachen können.