Freitag, 28. Oktober 2011

Das Ende einer Ära?

Die "Occupy"-Proteste der letzten Wochen sind noch zu klein, um die Welt zu ändern. Aber sie könnten der Anfang von etwas sein, worauf viele Menschen schon seit Jahren warten. "Stuttgart 21" war nur eine Fingerübung, die Anti-Atom-Proteste nur ein Vorspiel im Vergleich zu dem, was jetzt kommen könnte – und was kommen muss, wollen wir nicht zulassen, dass Spekulanten, Bankster und deren Bauchrednerpuppen aus der Politik die Welt gegen die Wand fahren. Worauf es jetzt ankommt, ist den historischen Moment nicht (wie 2008) zu verpassen, dranzubleiben, das Feuer zu schüren. Es könnte die letzte Chance auf einen Spiel entscheidenden Aufstand sein, der noch vor dem großen Finanzcrash stattfindet.

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Anmerkung: Ein starker Text – es wäre herrlich, wenn dieser Optimismus auf viele andere Menschen abfärben würde. Ich fürchte nur, dass die Macht der Systemmedien weit unterschätzt wird – Jens Berger hat dazu einen kleinen Text verfasst, der das recht anschaulich macht und uns desillusioniert.

Auch der Appell an die Polizei wird vermutlich (zumindest in Deutschland) ungehört verhallen. Wer in jüngster Zeit miterleben musste, wie sich diese Schergen gegenüber Bürgerinnen und Bürgern verhalten haben, muss jede Illusion verlieren. So gewaltfrei wie zu DDR-Zeiten wird es in diesem Land niemals ablaufen, falls es tatsächlich zu einer (gewiss nicht von Deutschland ausgehenden) Revolution kommen sollte.

Dennoch: Der Optimismus des Autors beeindruckt. Und er steckt an. Und trotzdem befürchte ich, dass die neoliberale Bande längst ihre Pläne in der Schublade bereit liegen hat, wie es nach dem zu erwartetenden Kollaps des Finanzsystems weiterzugehen hat, nachzulesen beispielsweise hier.

Dass momentan eine Ära zuende geht bzw. zuende gehen müsste, wenn man sich die nüchternen Fakten ansieht, wird wohl nur noch von ewig Gestrigen und neoliberalen Propagandapuppen bestritten. Die große Frage ist also: Was kommt danach? Ein Neustart des Kapitalismus und ein Fortdauern des immer wiederkehrenden Albtraums der Ausbeutung, Versklavung und Verarmung der Menschen, wie schon so viele Male zuvor – oder ein wirklicher Neuanfang, der uns endlich von diesem kapitalistischen Terror befreit?

Ich träume von dem Optimismus, den dieser Artikel versprüht, befürchte aber leider das Schlimmste.

USA: 46,2 Mio. Menschen leben in Armut

Nach einem am Dienstag veröffentlichten Bericht des Census Bureau (der US-Volkszählungsbehörde) rutschten in den USA im letzten Jahr weitere 2,6 Millionen Menschen in die Armut ab; die Anzahl der US-Amerikaner, die unter der offiziellen Armutsgrenze leben, stieg damit auf 46,2 Millionen Menschen an und ist die höchste in den 52 Jahren, in denen Zahlen zu diesem Problem veröffentlicht wurden.

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Anmerkung: Dies nur zur Erinnerung, auf welchem Weg wir uns befinden. Volker Pispers meint dazu: "Reisen dürfen bedeutet noch lange nicht reisen können. Für 60% der Amerikaner von heute wäre der Lebensstandard der DDR von damals das Paradies auf Erden ... das ist eine wirtschaftliche Tatsache." (Quelle)

Aber die Welt, und ganz besonders die neoliberale Bande in Deutschland, eifert dem Beispiel des "reichsten Lands der Welt" nach, damit auch hier die Armut und das Elend grassiere ... und natürlich der unermessliche Reichtum einer sehr kleinen Gruppe von perversen, asozialen Menschen. Es reicht doch völlig, wenn die Leute reisen dürfen - wenn sie es sich nicht leisten können, erreicht man schließlich dasselbe wie mit einer Mauer, ohne eine bauen zu müssen.

Welcome to the brave new world.

Systemimmanent: Viel Armut, wenig Reichtum

  1. Die hierzulande seit Jahren wachsende Armut ist ein ausgesprochen merkwürdiges Phänomen: Niemand will davon betroffen sein, bejaht sie offen oder wünscht sie anderen. Gleichzeitig wähnt fast jeder Beobachter in ihrer Existenz eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, wenn nicht gar für das bestehende Wirtschafts- und Gesellschaftssystem zu sehen. Und obwohl zumindest ein so reiches Land wie die Bundesrepublik ihre sozialökonomischen Entstehungsursachen beseitigen könnte, wenn der politische Wille dazu vorhanden wäre bzw. entsprechende Anstrengungen unternommen würden, gibt es sie immer noch, ja seit geraumer Zeit sogar in wachsendem Maße.

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  2. Jahrzehntelang galt der von Reichskanzler Otto von Bismarck begründete Sozialstaat als ein Modell, das andere Staaten nachahmten und auf das man in Deutschland stolz war. Das änderte sich im Gefolge der Weltwirtschaftskrise 1974/75, als der von einer Wirtschaftstheorie zur Sozialphilosophie avancierte Neoliberalismus auch in der Bundesrepublik die öffentliche Meinungsführerschaft errang. Seither wird der bismarcksche Sozialstaat unter wechselnden Regierungsmehrheiten und mit unterschiedlichen Akzenten beharrlich "um-" beziehungsweise abgebaut.

    Nach welchen Prinzipien geschieht das? Und welche Gestalt könnte der Sozialstaat künftig annehmen?

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Anmerkung: Diese beiden Aufsätze des Armutsforschers Prof. Butterwegge sind wie gewohnt sehr lesenswert und fundiert. Seinen Ausführungen ist vielleicht noch hinzuzufügen, dass die konkrete Armut in Deutschland inzwischen deutlich schlimmere Ausmaße angenommen hat als die moderate wissenschaftliche Sprache dies suggeriert. Man darf nicnt vergessen, dass jedes einzelne Hartz-Opfer in diesem Land nicht bloß mit lächerlichen, völlig unzureichenden Almosen abgespeist wird, sondern zusätzlich noch der andauernden und sogar verstärkten behördlichen Willkür der zum "Sparen" gezwungenen und mit fast allmächtigen gesetzlichen Berechtigungen ausgestatteten Behörden ausgesetzt ist, die den Verarmten das kärgliche Restleben zusätzlich stetig zur Hölle machen.

Gleichzeitig muss explizit darauf hingewiesen werden, dass die neoliberale Bande weiterhin die komplette Abschaffung des Sozialstaates plant. Dass es einen Sozialstaat in Deutschland heute nur noch in fragmentarischer Form gibt, darf nicht darüber hinweg täuschen, dass auch diese rauchenden Ruinen den neoliberalen Zerstörern noch stechende Dornen im Auge sind.

Den wenigen Superreichen stopft man weiterhin die Milliarden in die unersättlichen Schlünde (siehe die "Bankenrettungen", von der Propagandapresse irreführend als "Griechenland-Rettung" bezeichnet) - den Armen gönnt man auch weiterhin nicht die letzten Reste der ranzigen Margarine auf dem trockenen Brot. Und so fahren sie das Land - und die ganze Welt - nicht nur einmal mit Anlauf vor die Wand ... sie setzen immer wieder zurück und geben erneut Vollgas und werden damit nicht aufhören, bis wirklich nur noch irreparable Trümmer übrig sind.