Donnerstag, 10. Januar 2013

Elend wird verdrängt: Knapp ein Viertel der EU-Bürger von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht


Deutschlands Armutsbericht wurde von der FDP Korrektur gelesen. Obwohl geschönt, schlug er immerhin mediale Wellen. Den entsprechenden Report "Armutsgefährdung und soziale Ausgrenzung in der EU 27" hingegen scheint niemand zur Kenntnis nehmen zu wollen. Am Montag meldete die Statistikbehörde Eurostat in einer Presseerklärung zu der Erhebung, dass "im Jahr 2011 insgesamt 24 Prozent der Bevölkerung" (ungefähr 120 Millionen Menschen) in den 27 EU-Mitgliedsländern "von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht" waren.

Ein Armutszeugnis stellen sich auch die deutschen Medien aus. In den großen Blättern, ebenso wie in Funk und Fernsehen, wurde das Ergebnis der Eurostat-Untersuchung weitgehend ignoriert.

(Weiterlesen)

Anmerkung: Es kann eben nicht sein, was nicht sein darf - in unserer Propagandapresse wurde statt dessen lauthals herumschwadroniert, es gebe speziell in Deutschland in Wahrheit gar keine "echte Armut", das sei alles ein "neidvolles Gejammere auf hohem Niveau" und dergleichen mehr (ich habe die Links zu Spiegel, Welt & Co. nicht parat, Ihr habt das aber sicher sowieso gelesen bzw. wollt Euch das nicht antun). Da passen solche üblen Zahlen wie 24 Prozent der Bevölkerung, die 2011 arm oder armutsgefährdet waren, nicht ins neoliberale Glitzerbild. Die Zahlen für 2012 dürften noch wesentlich verheerender ausfallen, wenn sie nicht rechtzeitig vor der Publikation noch geschönt werden.

Mit Fug und Recht dürfen wir auch jetzt bereits von geschönten Zahlen ausgehen, so dass die tatsächliche Anzahl der im Jahr 2011 zwangsverarmten und ausgegrenzten Menschen in der EU in Wahrheit noch größer als angegeben sein dürfte. In jedem Fall hat sich der Trend aus 2010 wieder verstärkt.

Hier ein Beispiel aus Spanien: "Die Schwächsten bleiben auf der Strecke / In Spanien leiden Millionen unter sozialer Ausgrenzung und Armut / Es ist der eisige Wind der Austeritätspolitik, der jetzt Zehntausende Behinderte und Pflegebedürftige in Madrid auf die Straße trieb: Erstmals protestierten sie mit einer großen Demonstration gegen die Sparpolitik der konservativen Regierung."

Heißa, da freuen wir uns doch diebisch auf das Jahr 2013 und den nächsten "XXL-Aufschwung", das nächste "Jobwunder" und das nächste "Ende der Krise"! Armut? Gibt's nicht - die wird demnächst einfach verboten oder gerichtlich für "aufgelöst erklärt".

Und Orwell rotiert in Überschallgeschwindigkeit im Grabe.

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Strenge Diät


"Sind Se man vorsichtig mit'm Essen, lieber Freund!" - "Det trifft sich jut, Herr Doktor - seit jestern bin ick arbeitslos."

(Zeichnung von Franz Reinhardt [1904-1965], in "Simplicissimus", Heft 42 vom 16.01.1928)

5 Kommentare:

Anabelle hat gesagt…

Also, ich finde diese zum Himmel schreiende Zahl genauso erschreckend wie das Schweigen der Medien! Ich muss mich jetzt erstmal wieder beruhigen; ich hab zuviel in diversen Blogs gelesen heut abend, da wird man ja in Rekordzeit depressiv!

Charlie hat gesagt…

@ Anabelle:

Falls die Depressionen zu schlimm werden sollten, melde Dich lieber vorher - dann ziehen wir uns wieder einmal in die dunklen Wälder zurück und latschen tagelang durch menschenleere Gegenden, um das Hirn von Gedankenschlacke zu befreien! :-)

Liebe Grüße!

jakebaby hat gesagt…

Wie sah das vor rund 5 Jahren zB. in Deutschland aus: "Der Deutsche Kinderschutzbund hat am Montag in Berlin die Zahl der Kinder bis 18 Jahren, die von Sozialhilfe oder an der Grenze zur Hilfsbedürftigkeit leben, auf 5 Millionen beziffert. "In einem Jahr habe die Zahl der armen Kinder um 100.000 zugenommen. «Es geht zu viel vom Aufschwung an den Familien vorbei»....." ...
http://jakester-express.blogspot.com/2008/01/us-bundesstaat-deutschland.html

Noch ein paar Alte etc. dazugerechnet und Deutschland war damals schon auf ueber 20%.
Heute noch ein paar Millionen Billigstloehner addiert und schon siehts noch 'besser aus.

Viele vergessen, dass die Austeritaet in Deutschland schon 2005 mit Hartz-4 und in Kombination Agenda-10 etc. eingeleitet wurde und diese als auch zuzuegliche Massnahmen nun, vor Allem auf deutschen Druck, Europa/etc. genesen sollen.

Das Eis wird ueberall duenner und bei der Geschwindigkeit und Haerte krachts jetzt schon ueberall.
When is it too late, if not Yesterday.

Gruss
Jake

jakebaby hat gesagt…

.......... und da hab ichs jetzt mal gerade ansatzweise vom Deutschen Land. In kleinen Schritten ziehen sich dann die Sorgenfalten allmaehlich in die mittlere deutsche Mittelschicht und selbst die Milliardaere bangen unaufhoerlich um ihre 1000den von Millionen. Pots fuckin honest Truth!!!

Und irgendwie hoere ich seit meiner Geburt irgendjemanden fragen, "Wie weit denn Dass noch Gehen Soll", ... wobei ich mich dann immer wieder frage, ob man denn bei dieser verbloedeten Frage denn, zunehmendermassen, all die Menschen&all die anderen, gepainigten Kreaturen auf diesem Planeten, ueberhaupt in staendig wachsenden Bezug zieht. .....

Wenn ich mir jetzt also eine der gewohnten Propagenden von wegen "neidvolles Gejammere auf hohem Niveau" reinziehe, dann ziele ich auf die 3-4 Milliarden Menschen auf diesem Planeten, fuer Welche selbst ein Hartz-4-Leben zB. in Deutschland erstrebenswert waere.
Immerhin hungern offiziell rund 1-Milliarde Menschen auf diesem Planeten und rein offiziell Statistisch gesehen tun die naechsten 2-3 Milliarden nicht allzuwesentlich besser. HHHHMMMhhh ... nur mal im, so grossartigen Amerika sind rund 50 Millionen auf Essenmarken, wobei die unzaehlig, aus privatspendenmaessigen Millionen Versorgten natuerlich nicht zu Buche fuehren. ... bla bla...

.......... und dann krieg ich "(ungefähr 120 Millionen Menschen)(aus immerhin rund 500 Millionen) in den 27 EU-Mitgliedsländern "von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht" waren." ....sind ....

Da gehts aber doch rund 380 Millionen irgendwie glaenzender!!! .....

Und all Die gehoeren zu einer fragwuerdigen Minderheit einer, ueberhaupt, derer sogenannten westlich/reichen Minderheit, welche nicht einmal ein 7tel der ansonsten,restlichen zumeist verarmten, menschlichen Bevoelkerung ausmacht.

Und wo ist denn, auch nur eine %uale linkssozialpolitische Wurzel, oder gar ein diesbezuegliches Proletariat auszumachen??

Not to my fucking Knowledge!!!! ... uberkleinliche Definitionsverschwurbelungen und sonstige Verklemmungen halten Linke selbst von einer realen Schlichtheit/Aufklaerung. ...
Ein gewohnt uebelstes Defizit zum erfolgreich, positiven(rechten) primitiven Grunzen staendig uebelster Entwicklungen.

Gruss
Jake


Charlie hat gesagt…

@ Jake:

Bezüglich der Zahlen darf man nicht vergessen, dass von denen, die laut Statistik nicht oder noch nicht arm oder armutsgefährdet sind, ja trotzdem die allermeisten nicht wirklich wohlhabend sind. Bei Krankheit oder Arbeitslosigkeit ist das kleine Polster, das kleine Häuschen schneller weg als ein Eis in der Sahara. In Griechenland und Spanien löst genau diese "Mittelschicht" sich gerade in Luft auf. Da wird deren Unterstützung des kapitalistischen Systems gleich nochmal abstruser und schwerer zu begreifen.

Von den mehreren Milliarden Menschen weltweit, die jeden Tag aufs Neue ums Überleben kämpfen müssen - viele davon vergeblich - will ich gar nicht erst reden. Dass gerade auch in den ärmsten Regionen dieses Planeten der Kapitalismus blüht, ist ungefähr genauso sinnvoll und förderlich wie ein unbeaufsichtigtes Osterfeuer in einem riesigen Benzinlager.

Liebe Grüße!