Samstag, 23. November 2013

Die Verbrechen der Deutschen Bank und ihrer BesitzerInnen


Am 16. November 2013 verlieh die Ethecon-Stiftung in Berlin zwei Preise: Den "Blue Planet Award" zur Ehrung herausragenden Einsatzes für den Erhalt und die Rettung der Erde erhielt die Auschwitz-Überlebende Esther Bejarano. Der Negativpreis "Black Planet Award" für Verantwortliche der Zerstörung der Erde wurde an die Vorstandsvorsitzenden Anshu Jain und Jürgen Fitschen sowie weitere Manager und Großaktionäre der Deutschen Bank verliehen. Jutta Ditfurth hielt die "Schmährede", die die junge Welt an dieser Stelle dokumentiert.

(Weiterlesen - und das ist ein Lesebefehl)

Anmerkung: Ich habe selten einen besseren Text zu diesem Thema gelesen und danke Jutta Ditfurth und der jungen Welt von Herzen dafür. Beeindrucken wird das die beiden Herren von der Deutschen Bank und natürlich die Eigentümer derselben - also die "Großaktionäre" dieses furchtbaren Krebsgeschwürs bzw. die wenigen Superreichen - in keiner Weise.

Ein Lob ist das aber leider dennoch nicht - ich bin sowieso der Meinung, dass es vollkommen falsch ist, den an die Öffentlichkeitsfront gestellten Marionetten, wie es diese beiden "Chefs" der Deutschen Bank stellvertretend für die Deutsche Bank ja sind, die Schuld in die Schuhe zu schieben. Zweifelsfrei sind sie schuldig - aber sie tun das Widerliche ja auf Geheiß, und wenn sie es nicht täten, wären sie schneller ausgetauscht als sie zucken könnten, und irgendwelche andere Marionetten täten an ihrer Stelle das Widerliche. Das spricht sie keineswegs frei, macht aber doch deutlich, dass die wirklichen "Preisträger" - also die Urheber dieses humanistischen Wahnsinns - woanders zu suchen sind. Ditfurth weist darauf in ihrer Rede ja sogar ausdrücklich hin.

Jain und Fitschen sind so etwas wie die ausführenden Organe der widerlichen Bande - Verbrecher allemal, aber nicht die Urheber des Verbrechens. Auf die Negativ-Preisverleihung der Widerlichkeit, der Menschenverachtung und der Ekelhaftigkeit an jene Verursacher - also an die handvoll Superreichen, die den Hals trotz der absurden und stetig zunehmenden Anhäufung von Macht, Besitz und Kapital niemals voll bekommen - werde ich wohl vergeblich warten müssen.

Es ist dasselbe Trauerspiel wie in der Poltik, wo auch stets nur - wenn auch nur in ausgewählten kritischen Kreisen - die politischen Marionetten der neoliberalen Blockparteien wie beispielsweise Merkel, Gabriel, Özdemir oder Rösler das Fett abbekommen, das sie zwar zweifellos verdient, aber dennoch nicht allein ausgebrütet haben.

Es gilt, die Urheber dieses kapitalistischen Irrsinns endlich anzugreifen, ihre Identitäten offenzulegen und ihr schreckliches, abgrundtief menschenfeindliches Tun beim Namen zu nennen - und nicht nur ihre bezahlten, eingekauften und willfährigen Vollstrecker, die für fürstliche Gehälter ihren Kopf in die alberne Medienwelt halten - und dennoch nie wirklich gefährdet sind, weil sie jederzeit abtauchen und durch neue bezahlte Visagen ersetzt werden können.

Nun mag man angesichts dieses Beispieles fragen: "Und wem gehört die Deutsche Bank nun eigentlich?" - Die Gesetze dieses widerlichen Staates haben darauf eine recht informative, wenn auch ernüchternde Antwort: Das lässt sich nicht feststellen. Es gibt kein Gesetz und keine Pflicht für Konzerne in diesem Land, diese Angaben öffentlich zu machen, wenn sie auch nur rudimentär geschönt sind. Wenn also Unternehmen X zwei Prozent, Unternehmen Y drei Prozent und Willy Schmidt vier Prozent der Aktien besitzen, gelten diese drei als "unterschiedliche Aktionäre", auch wenn alle beide Unternehmen Willy Schmidt gehören. So ist das in der Bananenrepublik Deutschland, gestützt von CDU, SPD, FDP und den Grünen. Es verwundert nicht, dass im aktuellen "Aktionärsbericht" der Deutschen Bank fast kein Großaktionär auftaucht.

Die Herrschaften möchten eben gerne im Verborgenen bleiben - und dieser widerliche, korrupte Staat und seine gekauften Blockparteien tun alles, um ihnen das auch weiterhin zu ermöglichen. Hier befindet sich der Angriffspunkt - und nicht bei den eingekauften DarstellerInnen im Rampenlicht, die nach ihrem zeitlich befristeten Auftritt auf der schauerlichen Bühne des Kapitalismus in ihr albernes kleines Luxusleben abtauchen können.

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Die neuen Reichen


"Naa, Frau Meier, ich find's net so schlimm, dass alles teurer wird. So bleiben die noblen Leut' immer mehr unter sich."

(Zeichnung von Rudolf Grieß [1863-1949], in "Simplicissimus", Heft 10 vom 04.06.1918)

Freitag, 22. November 2013

Song des Tages: Rebel Waltz




(The Clash: "Rebel Waltz", aus dem Album "Sandinista!", 1980)

I slept as I dreamed of a time long ago,
I saw an army of rebels, dancing on air.
I dreamed as I slept I could see the campfires,
a tune of the battle that was born in the flames
and the rebels were waltzing on air.

I danced with a girl to the tune of a waltz
that was written to be danced on the battlefield.
I danced to the song of a voice of a girl,
a voice that called: "Stand till we fall!
We stand till all the boys fall!"

As we danced came the news that the war was not won,
five armies were coming with carriage and gun.
Through the heart of the camp swept the news from the front!
A cloud crossed the moon, a child cried for food -
we knew the war could not be won.

So we danced with a rifle to the rhythm of the gun!
In a glade through the trees I saw 'my only one' ...
Then the earth seemed to rise hell hot as the sun -
the soldiers were dying, there was a tune to the sighing.
The song was an old rebel one.

As the smoke of our hopes rose high from the field,
my eyes played tricks through the moon and the trees.
I slept as I dreamed I saw the army rise.
A voice began to call: "Stand till you fall!" -
The tune was an old rebel one.



Anmerkung: Ich persönlich kenne keinen anderen Song, der den eigentlich allzu berechtigten gewalttätigen Widerstand gegen die bestehenden Strukturen noch offensichtlicher ad absurdum führt als dieses alte, resignative Liedchen von The Clash. Ein Blick in die Geschichte reicht da aus: Wann jemals ist ein mit Waffengewalt geführter Widerstand gegen offensichtliches Unrecht von einem wie auch immer gearteten Erfolg, der diesen Namen auch verdient, gekrönt worden? Mir fällt kein einziges Beispiel größeren Maßstabs ein, dafür aber massenhaft solche, die ein weiteres, leicht modifiziertes und zuweilen gar noch viel schlimmeres Unrecht zur Folge hatten.

Wie auch immer die Antwort auf den kapitalistischen, brutalen Terror unserer Zeit auch ausfallen mag - wir dürfen niemals wieder auf das steinzeitliche Einzeller-Niveau der Kapitalisten absinken und ihrem brachialen Beispiel folgen - Gewalt und Krieg können niemals eine Lösung sein, und wenn diese Bande uns noch zehnmal öfter eine Kriegserklärung zukommen lässt. Am Ende eines Krieges wird - neben dem unsäglichen Leid, dem massenhaften Tod und der umfassenden Zerstörung - immer nur das warten, was die Texter dieses Songs, Joe Strummer und Paul Simonon, so wunderbar lakonisch benannt haben: "The smoke of our hopes".

Und die Warnung vor dem immer gleichen Fehler folgt sofort im Anschluss - hier ist die scheinbar ewige böse Zeitschleife der Menschheit (Unrecht - Widerstand - Krieg - Unrecht) in Töne und Worte gefasst. Mich bringt dieser Song immer wieder zum bitteren Heulen.

Dienstag, 19. November 2013

Zitat des Tages: Die Käuferin


Ich bin eine alte Frau.
Als Deutschland erwacht war,
Wurden die Unterstützungen gekürzt. Meine Kinder
Gaben mir ab und zu einen Groschen. Ich konnte aber
Fast nichts mehr kaufen. Die erste Zeit
Ging ich also seltener in die Läden,
Wo ich früher täglich gekauft hatte.
Aber eines Tages dachte ich nach, und dann
Ging ich doch wieder täglich zum Bäcker, zur Grünkramhändlerin
Als alte Käuferin.
Sorgfältig wählte ich unter den Esswaren,
Griff nicht mehr heraus als früher, doch auch nicht weniger,
Legte die Brötchen zum Brot und den Lauch zum Kohl, und erst
Wenn zusammengerechnet wurde, seufzte ich,
Wühlte mit meinen steifen Fingern in meinem Lederbeutelchen
Und gestand kopfschüttelnd, dass mein Geld nicht ausreiche,
Das Wenige zu bezahlen, und ich verließ
Kopfschüttelnd den Laden, von allen Kunden gesehen.
Ich sagte mir:
Wenn wir alle, die nichts haben,
Nicht mehr erscheinen, wo das Essen ausliegt,
Könnte man meinen, wir brauchten nichts.
Aber wenn wir kommen und nichts kaufen können,
Weiß man Bescheid.

(Bertolt Brecht [1898-1956], zuerst erschienen in der deutschen Exilzeitschrift "Die Sammlung", hg. von Klaus Mann, Heft 12, 1934)


Anmerkung: Der gute Brecht hat die Fähigkeit der Mehrheit der Bevölkerung dieses Landes zur Empathie und Solidarität zu seiner Zeit schon grotesk überschätzt, wie dieses kleine, einfühlsame Gedicht aufzeigt. Heute käme er wohl gar nicht mehr auf den Gedanken, einen solchen Text zu schreiben - der gemeine Deutsche unserer Zeit ist in der Regel vollkommen resistent gegen jede Art von Mitleid, Empathie oder Solidarität und sieht in sichtbarer Armut bestenfalls eine Belästigung und schlimmstenfalls (aber nicht selten) gar eine Bedrohung seines eigenen kleinen Mini-Wohlstands. Die permanente Indoktrination der neoliberalen Bande trägt Früchte: Nicht der absurde, überquellende Superreichtum einiger Weniger wird von der großen Mehrheit der Menschen in diesem Land als Ursache der beginnenden bzw. stetig weiter fortschreitenden Verarmung ausgemacht, sondern ausgerechnet diejenigen, die noch viel weniger haben.

Wenn man, wie wir heute, in einer vom Irrsinn beherrschten Zeit lebt, muss man letzten Endes selber irrsinnig werden, um überleben zu können. Die einzige mir ersichtliche Alternative besteht in einer Flucht - in ferne Länder, in den Wahnsinn, in die Realitätsverleugnung, in digitale oder Traumwelten. Ich persönlich habe mich noch nicht ganz entschieden, ob ich den Irrsinn oder die Flucht bevorzuge - meine zunehmenden Aufenthalte in digitalen Welten wie "Skyrim" und anderen Oasen der Realitätsferne lassen aber darauf schließen, dass mir irgendetwas in mir diese Entscheidung abzunehmen gedenkt.

Damit könnte ich sehr übel aufs Maul fallen, denn es ist ja absehbar, dass die neoliberalen Zerstörungen auch diesmal nicht plötzlich aufhören werden - auch dann nicht, wenn die radikale Zwangsverarmung der Menschen hierzulande längst keinen Besitz und Betrieb von Computern und entsprechenden Spielen mehr erlaubt. Für Menschen, die nicht auf Lohnzahlungen, irgendwelche Rücklagen aus "besseren Zeiten" oder die Hilfe von anderen Menschen zurückgreifen können, ist das heute ja bereits Realität: Kein Hartz-Terror-Opfer kann sich einen halbwegs angemessenen Computer oder gar irgendwelche Spiele leisten. Wenn Lebensmittel und Strom für einen Monat bezahlt sind, befindet sich das prekäre Konto bereits im Minus-Bereich.

Da kann eine alte Frau - wie in Brechts Gedicht - gleich dreimal kopfschüttelnd den Laden ohne Nahrungsmittel verlassen, weil sie zu arm ist, um sie zu bezahlen: Sie wird heute fast nur höhnische, spöttische oder richtig bösartige Kommentare dazu hören. Die Leute wissen Bescheid - interessieren sich aber nicht für die Armut der Anderen. Soll die Alte doch selber sehen, wo sie bleibt und wie sie zurecht kommt - das ist die Essenz des heutigen kapitalistischen Lebensgefühls. In eine solche Horrorwelt möchte man seinen schlimmsten Feind nicht schicken - aber wir leben selber darin.

O Grauen - du hast einen Namen.

Montag, 18. November 2013

Song des Tages: A Different Kind Of Hell




(Madder Mortem: "A Different Kind Of Hell", aus dem Album "Eight Ways", 2009)

There are many names for the place I'm in
It's a different kind of hell
There is room enough but too many stairs
No-one asks and no-one tells
It's a different kind of hell

With each door you pass
another set of traps revealed
Pin-on smirks that smell like fear
It's a different kind of hell

See behind the pretty faces
There's just no substance underneath
It's all a game, and how I hate it
when all their fancy words turn out to mean the same

Let it seep - let it slide
Let it fill you up
You'll feel the little cracks appear
The venom dancing in your blood
You're coming just in time to see me tear
It's a different kind of hell

See behind the pretty faces
There's just no substance underneath
It's all a game, and how I hate it
when all their fancy words turn out to mean the same

Just a little hope stretched far too long
It's a different kind of hell
Just a different kind of hell



Anmerkung: Das denke ich mir jeden Tag aufs Neue, wenn ich mir das üble Spiel der neoliberalen Bande und ihrer Vasallen in diesem Land und in der Welt anschauen muss ... "and how I hate it"! Ich wünschte nur, ich könnte diesen Frust und Zorn auch so irrsinnig aus mir herausschreien wie es Agnete M. Kirkevaag von Madder Mortem in diesem herrlich sperrigen Song tut: Norwegian Wood Metal meets Anton Webern.