Samstag, 8. Februar 2014

Tarantino, die reale Gewalt und die Kunst


US-amerikanische Filme wie Quentin Tarantinos "Django Unchained" vermitteln unter dem Vorwand, der Humanität und Gerechtigkeit zum Durchbruch [...] verhelfen [zu wollen], ein zutiefst reaktionäres Menschenbild. Im Sinne eines "Anti-Mitgefühlstrainings" bewirken sie – ästhetisch verbrämt – außerdem eine Gewöhnung an abstoßende Gewalt und schnoddrig-beiläufig vollzogene Grausamkeit. Anstatt dass sich kultureller Widerstand regt und die impliziten ideologischen Muster analysiert werden, huldigen selbst intelligente Medien und Zuschauermassen den Protagonisten einer gewaltpornografischen Spaßkultur. Das Massenbewusstsein gleitet bedrohlich auf einer abschüssigen Ebene in Richtung Entmenschlichung.

(Weiterlesen)

Anmerkung: Als leidenschaftlicher Cineast muss ich nach dem Lesen dieses Beitrages feststellen, dass der Autor hier offenbar Ursache und Wirkung verwechselt hat und zudem mehrere völlig verschiedenartige Dinge in einen Topf wirft, in den sie gemeinsam gar nicht passen und erst recht nicht gehören.

Zunächst ist es ja ein alter Hut, dass die menschliche Faszination des Gruselns, des Grauens und Schreckens so alt ist wie die menschliche Kultur des Geschichtenerzählens selbst - es gibt aus jeder Epoche massenhaft Beispiele dafür und nicht wenige davon gehören heute selbstverständlich zur Weltliteratur (E.T.A. Hoffmann, Edgar Allan Poe, Mary Shelley - um nur drei Namen zu nennen). Es kann also nicht verwundern, dass sich dies auch in dem vergleichsweise jungen Medium des Films widerspiegelt.

Hier liegt auch mein erster Kritikpunkt: In der Literatur gab und gibt es selbstverständlich eine deutliche Unterscheidung zwischen so genannter "ernster" Literatur auf der einen und einer (heute völlig und zu recht vergessenen) Unterhaltungsliteratur auf der anderen Seite - diese beiden Bereiche hatten und haben einen völlig verschiedenen Anspruch und Zweck. Sie miteinander vergleichen oder in eine Reihe stellen zu wollen, ist daher unsinnig.

Für Filme gilt das natürlich gleichermaßen - irgendwelche Unterhaltungs- oder Propagandaschinken beispielsweise mit Tarantino zu vergleichen, ist für mich - man entschuldige die Formulierung - haarsträubend absurd. Tarantino "formt" oder "gestaltet" das inhumane Weltbild unserer Zeit in seinen Filmen doch nicht, sondern bildet es ab - wie andere Künstler das vor ihm auch getan haben (George Grosz z.B. oder Max Ernst, deren Bilder oftmals auch nicht "schön", "lieblich", "humanistisch" anzusehen sind, eben weil sie das Böse, Schlimme, Perverse dieser Welt zeigen).

Ein gutes Beispiel dafür, bezogen auf Tarantinos Film "Django", beschreibt der Autor in seinem Text ja sogar selbst: "Dies wird besonders deutlich und abstoßend gezeigt in einer Szene, in der Django zögert, einen Fremden in Gegenwart seines kleinen Sohnes aus dem Hinterhalt abzuknallen. Lehrmeister Schultz erklärt ihm aber, da müsse man als Kopfgeldjäger durch." - Genau das ist doch heute die böse Realität vieler SoldatInnen, die in einen der vielen Kriege geschickt werden - Tarantino "verharmlost" oder "verherrlicht" dieses Szenario doch nicht, sondern er zeigt den Zuschauern anhand dieses Beispiels, was heute immer noch - und zwar in dramatisch zunehmendem Maße - reales Erleben und Erleiden so vieler Menschen in Kriegsgebieten ist. Er tut das ungeschminkt, brutal und auf seine ganz eigene Weise - und genau deshalb bildet er die Realität besser und wahrheitsgetreuer ab als das viele seiner Kollegen tun.

Später schreibt der Autor in Bezug auf Filme wie "Saw": "Wer hier nicht abschaltet oder das Kino verlässt, sieht sich unvermeidlich einem Anti-Mitgefühlstraining ausgesetzt." - Da musste ich doch arg schlucken, denn nach meinem Empfinden ist das genaue Gegenteil richtig: Gerade durch die Konfrontation des Zuschauers mit solcher bösartiger Gewalt, solchen Foltereien und Unmenschlichkeiten entsteht doch erst ein flammendes Meer voller Mitleid und Mitgefühl. Jemand, der einen Film wie "Saw" gesehen hat, wird niemals mit ruhigem Gewissen wegschauen oder gar zustimmen können, wenn er von Folter Kenntnis erlangt. Dieses Prinzip der "Katharsis" ist seit der Antike bekannt - der Autor sollte es eigentlich auch kennen.

Ein weiteres Beispiel, diesmal zu "World War Z": "In einer besonders drastischen Szene überrennt [der Held] die Mauern der Zivilisation durch die pure Masse des zum Einsatz kommenden Untermenschenmaterials", lese ich da. Das ist völlig korrekt - aber zeigt letztlich doch nur genau das, was zur Zeit sowohl in Nordamerika, als auch in Europa stattfindet. Der Film "schürt" doch keine Ängste, sondern bildet die menschenfeindliche kapitalistische Unterscheidung in "wertvolle" (= gut ausgebildete Arbeitssklaven) und "wertlose" (= arme) Menschen lediglich ab - wenn auch in drastischer Form. Das Schüren der (völlig irrationalen) Ängste übernehmen Politik und Medien. - Als geniale filmische Parabel zu diesem Thema empfehle ich dazu den Streifen "Land of the Dead" von George A. Romero - nach dem Ansehen dieses Films wird man das vielleicht noch besser nachvollziehen können.

Abstrus wird der Text aber, als plötzlich der Bogen zum "Dschungelcamp" gezogen wird. Das ist wiederum ein völlig anderes Thema, das mit den vorherigen im Grunde nichts zu tun hat. Hier handelt es sich um eine für die Endphase des kapitalistischen Zyklus typische Massenunterhaltungsshow, die tatsächlich der Entmenschlichung und Ablenkung dient. So etwas ist nicht neu: Auch in den 20er und 30er Jahren gab es Vergleichbares, etwa "Fress-Wettbewerbe", bei denen die Teilnehmer vor einem großen Publikum so viel essen mussten, wie sie konnten - bis hin zum Erbrechen; oder auch "Tanzmarathons", auf denen Paare ebenfalls vor Publikum solange tanzen mussten, bis sie zusammenbrachen. Das hat indes mit den erwähnten Filmen nichts zu tun, sondern gehört zum großen Komplex der Unterhaltungs- und Ablenkungsindustrie, der in der Endphase zu immer drastischeren Mitteln greift, um noch die gewünschten Ziele zu erreichen.

Um noch einmal eine Lanze für Tarantino zu brechen: In seinem Film "Pulp Fiction" von 1994 gibt es die Figur des Auftragkillers, der ständig ausschweifend aus der Bibel zitiert, bevor er Menschen erschießt. Mir fällt auf Anhieb keine bessere oder sinnhaftere Art ein, wie man die amerikanische Politik - damals noch bezogen auf Clinton und dessen Vorgänger - filmisch darstellen könnte. Inhuman und mitgefühlstötend sind dieses System und diese Politik - wie sollte eine ernstzunehmende Kunst darauf anders reagieren als sie es schon immer getan hat, nämlich indem sie einen Spiegel erbaut, in dem wir dann natürlich auch größtenteils Hässliches und Widerwärtiges erblicken können?

Ich finde es merkwürdig, dass der Autor von Hinter den Schlagzeilen sich heute in die wenig erfreulichen Reihen derer stellt, die genau diesen Spiegel zur Ursache und damit zu so etwas wie "entarteter Kunst" erklären. Sonst sind es doch vornehmlich irgendwelche Hohlbirnen aus der CSU oder CDU, die beispielsweise "Killerspiele" für Gewaltexzesse verantwortlich machen - und nicht etwa die ausufernde Rüstungsindustrie, die kriegslüsterne Regierung und deren "Bundeswehr" oder die vielen Kriege, in denen längst auch deutsche Soldaten wieder mitmorden.

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Metropolis



(George Grosz [1893-1959], Öl auf Leinwand, 1917)

"Painted after his nervous breakdown and subsequent release from the German army, George Grosz's Großstadt (Metropolis) presents the city as a place that is as hellish as the battlefield. Bathed in shades of fiery red, flame blue, and rich purple, buildings topple and streets buckle. Tilted on a diagonal, the composition conveys the social upheavals of wartime. Multiple perspectives merge to create a disorienting space and collapse distinctions between inside and outside. Grosz shows simultaneously a café's exterior signage and facade and its interior, which is reduced to a chair and table with bottles and an empty glass.

Moral order has broken down as well. Grosz's zig-zag composition plots a tour through the city's debauchery. A properly dressed man lecherously eyes the naked body of an upside-down woman. Wearing little more than stockings and a shirt that bares her breasts, a streetwalker presses her hand into the crotch of a passing man. Grosz explored such potent combinations of sex, violence, and revolution throughout his career."

23 Kommentare:

darkmoon hat gesagt…

Lustige Kommentare sind das da bei HdS.... sind das alles grüne Verbotsfetischisten oder CSU-Mitglieder die da kommentieren? -)

Sogar den Smiley hat dir diese Spassbremse Heidi die dich am liebsten rausschmeissen oder gleich ins lager werfen würde, noch übelgenommen.... das war grosses Kino in guter Tarantino-Tradition!! -) Ich hätt ja fast was dazu geschrieben, konnte mich im letzten Moment aber noch bremsen.. der Kommentar hätte der guten Heidi bestimmt nen Herzinfarkt beschert. Und das wollen wir ja nicht.

Klasse war auch die Nebenfigur Holger die immer wieder dazwischengefeuert hat ohne irgendwas Sinnvolles inhaltliches zu schreiben, auch das ist eine klassische Tarantino-Figur. Hauptsache Partei ergreifen und losfeuern, auch wenn er nix beizusteuern hat. Bei Tarantino ist so einer fast immer unter den ersten die dran glauben müssen. -)

Mit solchen Leuten würd ich ja gern mal ne Zombiefilm-Nacht veranstalten. Ich glaub die würden das immer noch nicht verstehen, wenn den Zombies in den Filmen Dollarzeichen auf die Stirn geklebt wären während sie andere Menschen infizieren und auffressen und die Welt in eine Hölle verwandeln. "Der tötet beiläufig Menschen, was für ein entmenschlichter Skandal!!!!" rufen sie dann bestimmt und finden es schlimm.

Ich wunder mich nicht mehr daß das mit dem Wiederstand nix wird.

darkmoon hat gesagt…

F*ck, WIDERSTAND meinte ich natürlich.

jakebaby hat gesagt…

Charlie/Darkmoon,

"Ich hätt ja fast was dazu geschrieben, konnte mich im letzten Moment aber noch bremsen.."
Sehr ruecksichtsvoll ... :-)
Nach der geschlossenen Front gegen Charlie, hab ich mit diesem Gedanken nicht mal gespielt. Da waere ich zu Charlies 2ter Backe geworden, welche er dann eh mit seinem nachfolgenden Beitrag gewatscht bekam.

Die Leutchen um&inklusive Roland sind, was ihre Einstellung zu Gewaltdesensibilisierung angeht, so dermassen verschraegt, dass mich die jeweiligen, nahezu kollektiven Argumentationen zumindest wundern .... sollten. ... Aber diese, in Realtime Sensibilisierung von/Abstand Gewalt, ist schon seit Jahrzehnten, vor Allem was Realgewalt angeht, eine gezielte Kampagne um die Bevoelkerung von diversen mental/physischen Grausamkeiten fernzuhalten um negative Resonanzen zu unterbinden.
"Zeig mir sowas blos nicht" hoere ich schon lange diesen erfolgreich indoktrinierten Singsang.
Denn, was ich nicht weis, macht mich nicht heiss ...

Spaetestens seit Vietnam hat man ne Menge dazugelernt ...

Gruss
Jake

Anonym hat gesagt…

Nach langanhaltender Traumatisierung und Gewalterfahrung in meiner Kindheit und der Erwartung, dass das wohl so weiterginge, hatte ich mir dann so ziemlich alles an Trash und Gewaltverherrlichung reingezogen, um mich gezielt innerlich zu verrohen, abzustumpfen.
Das hat zwar gelegentlich zu Alpträumen geführt, die ich ohnehin schon hatte, und dazu, dass ich mir Müll wie Saw angucken kann, ohne zu quieken, weil ich die diversen Präsentationsformen der Gewalt gewohnt bin.
Aber meine Spiegelneuronen feuern immer noch brav, wenn ich sehe, dass sich jemand verletzt, egal ob im Film oder RL.
Also den Unterhaltungswert von Ups, haha das Baby hat sich den Kopf gestoßen, oder Jackass, haha der Idiot hat sich die Eier gequetscht, kann ich nicht nachvollziehen. (Da sähe ich schon eher ein Antimitleidstraining, auch wegen der eingespielten Lacher)
Wo andere sich schon schlapplachen, wenn Leslie Nielsen sich an das Metallregal gefesselt versucht zu befreien und ihm so ziemlich alles bis hin zum Amboß auf den Kopf fällt, verspüre ich zunächst erstmal noch Leid, regelrecht innerlichen Schmerz, was man wohl gemeinhin als "Mitleid" bezeichnet.
Mein Selbstversuch mich gegen Gewalt abzustumpfen mittels Konsum von filmischer Gewalt, ist kläglich gescheitert! Und ich verspüre auch keinen Drang, Verbotsfetischisten mit Kneifzange und Lötlampe zulaibe zu rücken.

Ich musste, als ich den Artikel bei HDS las, direkt an Schwarzer denken, als sie gegen den Islam und Kopftücher wetterte, dass es die Vorstellung dahinter sei, dass ein Mann Angesichts der Haare einer Frau sich sofort auf diese stürzen würde und an die Fundichristen, die meinen Sexdarstellung, selbst Aufklärungsunterricht, ziehe sofort wüsten Sex und ungewollte Schwangerschaft nach sich. Ich hab einen Nippel gesehen- ich muss sofort eine Frau vergewaltigen?
Wie sehr sich die Fundamentalisten jedweder Ausrichtung doch ähneln!

Noch etwas Gewaltverherrlichung gefällig?
Don't do this at home! ;-)
Peter Griffin vs. Chicken - Ring frei:
www.youtube.com/watch?v=W4WGQmWcrbs

Mollbert hat gesagt…

Also ich fand die Antwort von Roland auf Charlies zweiten Beitrag durchaus differenziert und in ein paar Punkten gab es doch sogar Übereinstimmung. Warum geht ihr darauf nicht ein und konzentriert euch stattdessen auf die (teils belanglosen) Nebenkommentare? Die Frage, ob Tarantino denn auch in der Lage wäre, einen guten gewaltfreien Film zu machen, konnte oder wollte noch niemand beantworten.

@jakebaby Dein Beitrag verwirrt mich:
Es läuft also seit Jahrzehnten eine Realtime Sensibilisierung von/Abstand Gewalt, um die Leute von mental/physischen Grausamkeiten fernzuhalten? Welche Kampagne hält wen wo von was fern? Ich dachte hier ginge es um's Thema Gewalt in Filmen, wie kommst du jetzt darüber auf Realgewalt und Vietnam?

Charlie hat gesagt…

@ Jake & Darkmoon: Ich schreibe so etwas ja nicht, um Leute, die eine unumstößliche Meinung zu einem Thema haben, zu "überzeugen" ... sondern weil ich finde, dass diesem Irrsinn etwas entgegengesetzt werden muss, damit die haltlose Behauptung durch ständige Wiederholung nicht allzu sehr zur verbogenen "Wahrheit" wird.

Es ist logisch nicht mehr zu erklären, wieso beispielsweise der Bundesgauckler öffentlich zu einer Ausweitung der weltweiten Kriege unter deutscher Beteiligung aufrufen kann und gewisse Leute dennoch bei der nächsten Gelegenheit wieder irgendwelche Filme oder Computerspiele, die genau diese reale ins Perverse driftende Gewaltpolitik lediglich abbilden bzw. karikieren, zur "Ursache" der Verrohung und Entmenschlichung erklären.

Mir fällt dazu stets eine Szene aus Polanskis Film "Der Pianist" ein, in der eine jüdische Frau anlässlich der Zwangsräumung des Warschauer Ghettos in Richtung Bahnhof inmitten des ganzen Chaos' einen SS-Schergen verzweifelt fragt: "Wohin bringen Sie uns???" - Der Mann in seiner schicken Nazi-Uniform sagt dazu nichts, sondern zieht seine Pistole und schießt der Frau kommentarlos in den Kopf. - Eine solche extrem brutale Szene sagt beispielsweise mehr über den Faschismus aus als tausend "schöne" Worte oder Bilder es könnten - und wird in der Regel nicht wegen "Gewaltverherrlichung", "Entmenschlichung" oder anderen Absurditäten kritisiert. Warum wohl nicht?

Liebe Grüße!

Charlie hat gesagt…

@ Anonym: Über "Gewaltverherrlichung" habe ich nichts geschrieben, das ist ein gänzlich anderes Thema. Aktuell sind es in Deutschland zum Beispiel Leute wie Gauck, von der Leyen oder Steinmeier, die Gewalt verherrlichen und weiter legitimieren wollen.

Außerdem möchte ich Roland von HDS nicht als "Fundamentalisten" bezeichnen - ich denke, dass er hier einfach der allgegenwärtigen Propaganda aufgesessen ist und es aus diesem Grund schlichtweg für "völlig normal" und wissenschaftlich nicht mehr zu beweisende Behauptung hält, die Abbildung von real stattfindender Gewalt in Filmen sei mindestens ebenso schädlich wie die Gewalt selbst.

Andererseits ist so etwas für einen Menschen, der erklärter Maßen "religiös" (oder "spirituell") und es daher gewohnt ist, an unbeweisbare Dinge zu "glauben", schon irgendwie naheliegend.

Über Frau Schwarzer möchte ich mich hier und jetzt aber nicht auslassen - ich hoffe, Du verstehst das. Ich möchte nicht ausfallend werden müssen. ;-)

Lassen wir dem Roland und seinen AnhängerInnen doch ihre merkwürdige Meinung - zumindest solange sie die Freiheit der Kunst akzeptieren und die Werke, die ihrem süßlichen Anspruch nicht genügen, nur boykottieren und nicht verbieten wollen.

Liebe Grüße!

Charlie hat gesagt…

@ Mollbert: Ich sehe das völlig anders - Roland hat sich mit seiner zweiten Antwort nach meinem Empfinden noch tiefer in die Nesseln gesetzt. Er versucht zwar zunächst eine halbherzige Relativierung, schießt mit dieser Bemerkung aber den Vogel vollends ab:

"Selbst die schädliche Wirkung von Killerspielen müßte ich beweisen, da es diesbezüglich keine 'belastbaren Studien' gibt." - Merkst Du nicht, welche Haltung hinter dieser Bemerkung steht? Belege - gar solche wissenschaftlicher Natur - sind offensichtlich gar nicht mehr notwendig, wenn die Behauptung so "offensichtlich wahr" ist - oder wie darf ich das sonst verstehen?

Deine bzw. Rolands Frage, "ob Tarantino denn auch in der Lage wäre, einen guten gewaltfreien Film zu machen", ist im Übrigen in etwa so sinnvoll wie die Frage, ob Kafka denn nicht auch einen kitschigen Liebesroman hätte schreiben oder ob Picasso nicht ein gegenständliches, hübsches Landschaftsbild hätte malen können. - Noch einmal: Wenn Dir persönlich die künstlerische Sprache bzw. Ausdrucksform Tarantinos nicht zusagt - was ja völlig legitim ist -, dann schau Dir die Filme doch einfach nicht an. Sie aber trotzdem anzusehen und sie sodann mit dem Hinweis auf die angebliche Schädlichkeit für andere maßregeln zu wollen, ist eine seit Jahrhunderten immer wiederholte bigotte Farce. Mal war es die Malerei, mal die Musik, mal das Theater - und heute trifft es eben Filme und Computerspiele.

Vielleicht hast Du aber auch einen ganz anderen Beitrag gelesen und Dich nur in der Kommentarspalte geirrt? Das Thema dieses Textes ist jedenfalls nicht "Gewalt in Filmen", wie der Titel "Tarantino, die reale Gewalt und die Kunst" schon dezent anzudeuten versucht. Manchmal habe ich das unschöne Gefühl, gegen Betonwände zu reden.

Liebe Grüße!

jakebaby hat gesagt…

Mollbert,

"Welche Kampagne hält wen wo von was fern? Ich dachte hier ginge es um's Thema Gewalt in Filmen, wie kommst du jetzt darüber auf Realgewalt und Vietnam?" ...... Gleiches Prinzip und die fliessenden Uebergaenge zwischen filmischer und realer Gewalt durchwachsen auch die Kommentare nach Rolands Beitrag.

Vor Charlies erstem Kommentar, war nur Britta Singer aehnlicher Meinung: "Ein Hoch auf die Selbsgerechten. Man kann diese Filme ja finden, wie man will. Aber einzig aus den eigenen Gefühlen beim Betrachten auf die Gefühle und Motive aller anderen zu schließen, um dann moralisierende Urteile zu fällen …. irgendwie sehr selbstgerecht.

Die völlig überzeichnete und überstrapaziert, wahnwitzig absurde Gewalt in Tarantinos Filmen macht sich – meiner Meinung nach – lustig über all die, die Gewalt in Filmen “herrlich” finden." .... aber es bedurfte Charlies naeherer Differenzierung, um allgemein/kollektive Empoerung auszuloesen.

Die darauffolgend, nahezu sektisch anmutende Chronologie, wurde sogleich von Holger Platta vereindringlicht, welcher sich, in 5 kurzen Absaetzen in 4 davon auf seinen Guru Rottenfoot bezieht, .. man moege mir meine dezente Zurueckhaltung honorieren :-)

Nach dem darauffolgend total konfusen Geblubbere von Eulenfeder, brilliert Guru Rottenfoot mit folgendem Einstieg: "Hier nur zu einigen Punkten, die Charlie angeregt hat. Es ist ja interessant, hier zur Differenzierung gezwungen zu sein:" .... worauf ich dann schlicht auf Britta Singer "Ein Hoch auf die Selbsgerechten." [...] ... verweise. Get IT?

Abschliessend auf meinen Vietnam-Vergleich zurueckzukommend, moege man sich Gedanken machen, wieweit Amerika, nach Flaechenbombardierung, Napalm, AgentOrange, Millionen Opfern, ... noch gegangen waere, haette es, zu der diesbezueglich grausamen Gewalt, an aufklaerend bildlich als auch videographische/etc. Berichterstattung gemangelt. .........

Knapp 20Jahre spaeter&dazwischen und soweiter ... , durfte ich mir den Desertstorm rund um die CNN-Uhr in einem dunkelgruenen Licht mit hellgruenen Umherschwirrungen reinziehn, woraufhin ich eine offizielle Beschwerde an die Marsianer einreichte, doch bitte erdischvisuelle Technologie in Anspruch zu nehmen, um die Grausamkeiten ihrer Kriege etwas realistischer zu veranschaulichen.
Schon seit Anbegin deutscher Angriffskriegsbeteiligung, wird jeglichst reale Blut&mentale Realitaet der eigenen Truppen und deren alliierten Opfer peinlichst vermieden ... Gewalt in Worten auf wirtschaftlich/politische? Notwendigkeiten reduziert ...
Nicht nur in Deutschland waeren es mehr denn gerade 60% der Bevoelkerung, welche sich gegen Krieg/sonstigaehnlichasoziale Scheisse stellen wuerden, wuerde man ihnen realblutiggewaltigen Wein einschenken.
Was du nicht weist, macht dich nicht heiss. ....

Gruss
Jake

Mollbert hat gesagt…

Eins muss ich dir ja lassen: Im Dickauftragen bist du einsame Spitze ;-)
Mal war es die Malerei, mal die Musik, mal das Theater - und heute trifft es eben Filme und Computerspiele.
Was genau trifft sie? Kritik? Der Volkszorn? Das HdS-Webmagazin? Hängen irgendwo bereits "Schaut nicht beim Tarantino"-Schilder am Kinoeingang oder wird ein gesetzliches Verbot von Gewalt in Filmen gefordert? Bitte komm doch wieder ein bisschen weiter runter.
Vielleicht hast Du aber auch einen ganz anderen Beitrag gelesen und Dich nur in der Kommentarspalte geirrt?
Nein. Ich war eben der Meinung, dein Beitrag hier ist in erster Linie eine Reaktion auf den von Herrn Rottenfußer, bei welchem es um die Frage nach möglicher Verrohung von Menschen durch Gewalt im Film am Beispiel von Tarantino-Filmen geht. Das Beispiel ist sicher nicht das Beste, zugegeben. Diskussion erlaubt. Deine These aber, nach welcher hinter Gewaltdarstellung im Film stets nur rein hochtrabende künstlerische Motive stecken, halte ich für genau so wacklig. Heutzutage heißt es eben nicht nur "Sex sells" sondern auch "Violence sells". Insgesamt sieben "Saw"-Filme sind inzwischen erschienen. Ich habe nur den ersten gesehen, den Kritiken nach hat aber scheinbar ein jeder danach versucht seinen Vorgänger in Sachen Foltereien und Brutalitäten noch zu toppen. Aber sicher kamen die Leute jedesmal aus dem Kino und dachten sich stets "Wow, das flammende Meer voller Mitleid und Mitgefühl in mir wächst in jedem Teil noch weiter an!"

Dein Hinweis, ich solle mir doch einfach keine Tarantino-Filme mehr anschauen ist im übrigen so sinnvoll wie mein nun folgender Hinweis an dich, doch einfach bestimmte Web-Artikel nicht mehr zu lesen oder zu kommentieren, wenn dir ihre inhaltliche Aussage nicht zusagt.

Liebe Grüße
Die Betonwand

Anonym12. Februar 2014 11:10 hat gesagt…

Ich wollte gar nicht so vom Leder ziehen, war halt stinkig nach einigen Kommentaren bei HDS. Mit Fundi meinte ich mehr seine Kommentatoren als den Roland.
Ich find es aber beängstigend, wenn selbst zwischen Leuten die gegen unser Scheiß-System sind, so tiefe Gräben klaffen, dass sie sich gegenseitig fast als Aliens wahrnehmen.
Nur weil ich mich über Freddy Krueger und seinen speziellen Humor schlapplache, graut denen vor mir. Da graut mir vor.

Und Gewaltverherrlichung hätte natürlich mit """ umkränzt und mit ;-) gekrönt gehört.
Den Sermon kenne ich halt nur schon zu lange vom Vater als Mitglied der christlichen Friedensbewegung. Da gab es immer eine direkte Linie von der Gewalt bei Tom und Jerry zu den Gräueln der Weltkriege.

Ich würde das, was vdL, Gauck und Co abziehen aber nicht "Gewaltverherrlichung nennen, eher Gewaltverharmlosung.
Weil sie propagandistisch noch nicht wieder bei "Humanitätsduselei" oder toitscher Härte im Felde angelangt sind, sondern noch von Verantwortung, Friedensmission, Demokratisierungsbombern schwafeln.
Letztlich nur Nuancen, wen die Friedensgranate trifft, interessiert die Einstellungen der Heilsbringer hinterher eh nicht mehr.

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Ist dir die Doku
The American Nightmare bekannt?
http://de.wikipedia.org/wiki/The_American_Nightmare
http://www.youtube.com/watch?v=k5v03a_zCSM
http://www.youtube.com/watch?v=k5v03a_zCSM
Über den Zusammenhang von realer Gewalt und ihrer Widerspiegelung im Horrorfilm der 60er und 70er.

Andersherum sind mir als Beispiele
*der Junge, der seiner Schwester das Genick gebrochen hatte beim Catcherspielen
*der Junge der seiner Schwester das Gesicht abgefackelt hat mit entflammten Haarspray nach Beavis&Butthead-Konsum
in Erinnerung geblieben.
Dürftige Indizien, zumal unbeaufsichtigte Kinder.
Aber es ist schon ein Phänomen, dass es zu der These, filmische Gewalt animiere zu tatsächlicher, keine eindeutigen Studien gibt.
Andererseits würde Hollywood Millionen latzen, damit man die Studie nicht veröffentlicht.

jakebaby hat gesagt…

"Andererseits ist so etwas für einen Menschen, der erklärter Maßen "religiös" (oder "spirituell") und es daher gewohnt ist, an unbeweisbare Dinge zu "glauben", schon irgendwie naheliegend."

Uuuhhh Charlie ... 'boese ... du nimmst ja auch ansonsten zu diesem Thema so gar keine Gefangenen/Geiseln.
I like that! ;-)

Nur ein kleiner Hauch des Besagten: "[...] – d.h. das Bestreben, sich dem Niveau der Täter durch Imitation ihrer Mittel quasi nach unten anzupassen, eine Art Anti-Christentum, das sich als Gerechtigkeit tarnt."

Persoenlich beliess ich es bei Einmalig, mich mit Rottenfuss anzulegen ... gebrannt atheistisches Kind scheut das Weihwasser :-)

Gruss
Jake

Charlie hat gesagt…

@ Anonym: Kein Problem, ich habe mich ja auch arg zurückhalten müssen. Vielen Dank übrigens für den Hinweis auf die Doku "The American Nightmare" - das klingt wirklich sehr spannend und ist mir bislang nicht bekannt. Den Film werde ich mir sehr gerne anschauen.

Die tiefen Gräben, die Du ansprichst, machen mir nicht weniger Angst. Ich hatte dazu kürzlich ja schon etwas geschrieben, das mir ebenfalls viel Gegenwind beschert hat. Ich kann mir das nicht wirklich erklären - die kapitalistische Einheitsfront schafft es doch seit je her, die unterschiedlichsten Strömungen zu vereinigen. Wieso schaffen Linke bzw. Gegner dieses Systems das noch immer nicht - noch nicht einmal in kleinen Teilbereichen? - Es ist ein Elend.

Der Umgang von Kindern mit Medien ist aber wieder ein ganz anderes Thema: Selbstverständlich dürfen solche Filme unter keinen Umständen von Kindern angesehen werden, die Altersbeschränkung "ab 18" ist nach meiner Auffassung da höchst sinnvoll und notwendig (und zudem wissenschaftlich belegt).

Wenn Menschen volljährig und geistig gesund sind, halte ich es aber geradezu für geboten, ihnen das Grauen zu zeigen, das durch Kriege und andere Gewalt verursacht wird - so wird es letzten Endes nachvollziehbarer, wieso Kriege vehement und ausnahmslos abzulehnen sind oder wieso Menschen aus ihrer Heimat, beispielsweise einem Land wie Syrien, flüchten.

Liebe Grüße!

Charlie hat gesagt…

@ Mollbert: Ich weiß leider noch immer nicht so genau, worauf Du eigentlich hinauswillst. Ich habe doch - direkt zu Beginn - eindeutig klargestellt, dass für mich gerade nicht jede Gewaltdarstellung in jedem Film auf "rein hochtrabend künstlerischen Motiven" beruht. Die Unterscheidung in "Kunst" auf der einen und "Unterhaltung" bzw. gerne auch mal instrumentalisierte "Propaganda" auf der anderen Seite stammt auch nicht von mir, sondern ist genreübergreifend seit Jahrzehnten, gar seit Jahrhunderten üblich. Dadurch fallen schon einmal geschätzte 90 oder 95 Prozent aller Filme aus der Definition "Kunst" heraus. Roland hingegen hat diese Differenzierung nicht vorgenommen, sondern wild alles, was ihm unter die Finger kam, in einen Topf geworfen und diesen mit "Böse!" beschriftet.

Des weiteren muss man natürlich auch die breite Masse der Unterhaltungsfilme differenzieren - es gibt meines Erachtens tatsächlich so einige Filme, die lediglich produziert worden sind, um möglichst heftige Gewalt zu zeigen - genauso gibt es aber auch in diesem "Pool" Streifen, die sich der Gewalt nur als notwendigen Stilmittels bedienen.

Um das am Beispiel der Musik zu verdeutlichen: Es ist schlicht und ergreifend unsinnig (und niemand käme wohl auf einen solchen absurden Gedanken), beispielsweise Karlheinz Stockhausen und Lady Gaga in einen Topf zu werfen und ihnen irgendwelche Gemeinsamkeiten in der Wirkung zu unterstellen - sowohl der Anspruch, als auch der Sinn und Zweck der Musik dieser beiden Personen besitzen keinen gemeinsamen Nenner und können nicht sinnvoll miteinander verglichen werden.

Außerdem - und das war einer der Kernpunkte meiner Kritik an Rolands Text - hat er schlichtweg die tatsächlich stattfindende, ganz reale Gewalt und Brutalität in unserer heutigen Welt unterschlagen. Für diese gibt es tatsächlich reichlich Propaganda - heroische, patriotische Kriegshelden kommen in sehr vielen Hollywoodschinken vor. Nur hat das nichts mit Tarantino zu tun. "Helden" kommen bei dem so gut wie nicht vor - die meisten seiner Figuren sind vollkommen kranke, von Gewalt, Angst und oftmals auch Habgier zerfressene und zerstörte Persönlichkeiten, die ihre eigene Perversion gar nicht mehr erkennen können, da die von Staat und Politik geschaffene hohle Ethik-Fassade das nicht mehr zulässt - so kommt es eben zu absurden Figuren wie dem aus der Bibel zitierenden Killer. Das ist schlicht ein überzeichnetes, groteskes Abbild unserer Welt.

Ein weiteres noch zu beleuchtendes Feld in diesem Zusammenhang ist das inflationär, fast krebsartig wuchernde Phänomen des ständigen Krimigedöns - Mord und Totschlag sind auf allen Kanälen zu sehen. Das zielt meines Erachtens aber wiederum auf etwas ganz anderes hin - nämlich auf die Einstimmung der Bevölkerung auf stetig zunehmende und in solchen Filmen und Serien völlig selbstverständliche Totalüberwachung der Menschen - selbstverständlich nur aufgrund der Verbrechensbekämpfung.

Fazit: Man müsste lange forschen und ein dickes Buch über dieses Thema schreiben, wenn man ihm auch nur ansatzweise gerecht werden wollte. Rolands Text jedenfalls steuert da in keiner Weise etwas Sinnvolles oder Erkenntnisförderndes bei, sondern er vernebelt das Thema und macht es für unbedarfte LeserInnen schwer bis unmöglich, zu eigenen kritischen Sichtweisen und Schlüssen zu gelangen.

Zu guter Letzt interessiert es mich noch sehr, aus welchen Gründen Du Dir den Film "Saw" angesehen hast - und welche Gedanken und Gefühle Dir während und vor allem nach dem Film durch den Kopf gegangen sind. Das interessiert mich wirklich, denn aufgrund Deiner bisherigen Argumentation hätte ich nicht gedacht, dass Du Dir einen solchen Film tatsächlich antust.

Liebe Grüße!

Holdger Platta hat gesagt…

Charlie hat hier dankenswerterweise sein Bedauern formuliert, daß linke Kapitalismuskritiker oft unfähig sind, auf konstruktive Weise miteinander zu diskutieren und auch - aber natürlich - miteinander Meinungsverschiedenheiten sachlich zu klären. Aus dieser unserer Schwäche erwächst unter anderem die Stärke unserer Gegner. Recht hat er, einschränkungslos Recht.

Meine Versuche, in der Kommentarspalte von www.hinter-den-schlagzeilen.de einen kleinen Beitrag dazu zu leisten, um dieser unserer Schwäche ein kleines bißchen abzuhelfen, sind kläglich gescheitert. Hier ein letzter Versuch:

Permanent wurden bei der Diskussion über Gewaltdarstellung in Filmen zwei Dimensionen miteinander vermischt: die Sachebene und die Beziehungsebene - sorrysorry für den Psychologenausdruck (den ich nicht erfunden habe, der inzwischen auch reichlich abgenutzt ist, doch weiß einer einen besseren?). Konkret:

Selbstverständlich 'darf' Charlie der Ansicht sein, daß Roland völlig verkehrte Analysen vorgetragen hat. Kritik an Kritik: sie ist wahrlich 'erlaubt'. Aber, und das ist der Punkt, das ist die Ursache, die dann die gesamte Debatte vergiftet hat und immer noch vergiftet (bis in diese Kommentarspalte hier hinein): Charlie hat sich nicht an Sache und Sachlichkeit gehalten, an Argumente und Belege, er hat nicht nur ad rem gesprochen, sondern auch ad personam gesprochen und Roland in die Nähe von "Hohlbirnen" und Faschisten gerückt. Dieser - unter manchen Linken - ausgeprägte Hang zur Faschistenfahnderei und Faschistenfinderei, nicht zuletzt in den eigenen Reihen, ist verheerend, dieses Persönlichwerden hat mit fairer und präziser Diskussion nichts mehr zu tun, dieses Ausfindigmachen und verbale Verprügeln von 'Nebenfeinden' (siehe Erich Fried!), wo die eigentlichen Feinde, die 'Hauptfeinde', leiderleider nicht für Tritte in deren Arsch zur Verfügfung stehen, macht unsere Solidarität immer wieder kaputt, auch im vorliegenden Fall. Kurz:

Es ist dieses Geschehen auf der Beziehungsebene, das dann auch das Gespräch auf der Sachebene zerstört.

Ich verstehe nicht, daß der kluge und sensible und hochinformierte Charlie dieses nicht versteht. Und der eine oder andere hier auch nicht.

Wäre Antwort möglich, ohne daß es gleich wieder zu Beleidigungen kommt (wobei ich ja bisher ausgesprochen glimpflich davongekommen bin, bitte kein Mißverständnis hier!)?

Gespannt!

dani hat gesagt…

wie wärs denn mal mit:

"das dialogische prinzip" von martin buber.

kapitel: "gespräch mit dem gegner"

Charlie hat gesagt…

@ Holdger: Ich weiß einmal mehr nicht, wie Du zu Deinen Anschuldigungen kommst. Wenn ich schreibe: "Sonst sind es doch vornehmlich irgendwelche Hohlbirnen aus der CSU oder CDU, die beispielsweise 'Killerspiele' für Gewaltexzesse verantwortlich machen (...)", denn steckt in dieser Formulierung doch gerade die implizite Meinung, dass ich Roland gerade nicht für eine solche Hohlbirne halte - welchen Sinn machte ansonsten das Wörtchen "sonst"? Gerade von Dir hätte ich erwartet, dass Du sinnerfassend lesen kannst und nicht in dieses alberne Horn der "Beziehungsebene" trötest.

Fakt ist auch, dass die üblichen, meist inhaltsleeren und stets beleglosen Angriffe gegen Computerspiele oder Filme fast immer aus der CDU/CSU kommen - und deren Vertreter wie Friedrich oder Uhl nenne ich im Blog schon traditionell (und, wie ich finde, zu recht) "Hohlbirnen".

Die Unterstellung der "Faschistenfahnderei und Faschistenfinderei" ist indes so absurd, dass ich darauf eigentlich nicht weiter eingehen möchte. Wenn eine Formulierung wie meine, dass jemand etwas "(...) zu so etwas wie 'entarteter Kunst'" (bewusst in Anführungszeichen!) erkläre, bereits ausreicht, um die Keule der "Faschistenfahnderei" aus der Tasche zu ziehen, anstatt sich inhaltlich mit dem Thema auseinanderzusetzen, fehlen mir schlicht die Worte.

Mit diesem eigentlich durchschaubaren Trick hat Roland eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Thema erfolgreich verhindert und dafür gesorgt, dass zumindest in jener Kommentarspalte offenbar (von einer Ausnahme abgesehen) niemandem aufgefallen ist, dass er schlicht und ergreifend eine Kunstform, die ihm persönlich missfällt, diffamiert und sie mit irgendwelchem Unrat verglichen hat, um sie in Bausch und Bogen verdammen zu können. Dieses Prinzip ist nicht neu - und auch die Nazis haben es damals nicht neu erfunden. Das gab es schon lange vorher und natürlich auch danach, und auch heute ist es immer noch immer mal wieder anzutreffen. Das hat mit "Faschistenfahnderei" in etwa so viel zu tun wie die Parkbank mit einem Geldinstitut.

Im Übrigen brennt mir dieses Thema schon seit längerer Zeit unter den Nägeln - und Rolands unsäglicher Text sowie viele Reaktionen darauf zeigen ja deutlich, dass es auch bitter nötig ist, hier weiter und immer wieder den Finger in die Wunde zu legen.

Du solltest Dir auch noch einmal Deine eigenen Kommentarbeiträge auf HDS durchlesen: Anders als Roland, der halbwegs sachlich geblieben ist, bist Du nämlich tatsächlich unverzüglich zum persönlichen "Angriff" übergegangen, den ich zwar unverständlich fand, aber ignoriert habe. Zum Thema hast Du drüben hingegen nichts beigesteuert. Und jetzt wirfst Du mir erneut vor, dass ich die "Ebenen gewechselt" habe und nennst als Begründung zwei Begriffe aus insgesamt drei längeren Texten?

Um es mit den Worten einer Tarantino-Figur aus "Pulp Fiction" zu sagen: "Sag mal, willst Du mich verarschen?" ;-)

Liebe Grüße!

Charlie hat gesagt…

@ dani: Das ist eine nette Idee - allerdings sind weder Roland, noch Holdger meine "Gegner". Die sitzen ganz woanders und sind tatsächlich nicht mittels Gesprächen zu erreichen - oder glaubst Du tatsächlich, dass man die "Elite" mit verbalen Mitteln oder logischen Argumenten dazu bewegen könnte, ihren absurden und perversen Superreichtum inklusive der damit verbundenen Privilegien und der Macht freiwillig aufzugeben, um den Planeten zu retten? ;-)

Liebe Grüße!

Holdger Platta hat gesagt…

Erstmal Dani Dank für den Hinweis auf Martin Buber. Da ich dessen Texte - auch zu unserem Thema hier - kaum kenne (dessen Sprache manchmal auch für etwas problematisch halte, sagen wir: interpretationsbedürftig), wäre ich dankbar dafür, von Dir, Dani, zu erfahren, was genau Du mit diesem Lesehinweis für unseren Zusammenhang hier gemeint hast. Übrigens sehe ich das - wenigstens das! - genauso wie Charlie: er und ich streiten uns gerade. Für "Gegner!" halte ich uns nicht.

Damit nochmal an Dich, Charlie:

Also, daß ich gleich die "Ebenen 'gewechselt' hätte, nicht Du, halte ich für einen Irrtum. Es ging um 'Vermischung' beider Ebenen (was schon mal ein Unterschied zu 'Wechsel' ist), und die sah zumindest ich zunächst bei Dir gegeben. Hier spielen Reihenfolge und Kausalitäten schon eine Bedeutung. Ich habe den Störfaktor nicht eingebracht, sondern darauf reagiert. Daß man dann - wenn man auf der Beziehungsebene etwas für Entgleisung hält - selber genötigt ist, diese Beziehungsebene zu betreten, ist unvermeidlich. Ich kann nicht über Käse sprechen, ohne über Käse zu sprechen.

In der Tat: bei der Sachfrage selber habe ich mich weitestgehend rausgelassen (halte freilich meinen Hinweis, wie es jeweils in den Filmen mit den Identifizierungswirkungen aussieht, für sehr wichtig!).

Deiner Erläuterung zum "sonst" - sorry - kann ich leider nicht folgen. Diesem "sonst" folgt ein gedanklich-logisches: "und nunmehr auch Du!" Prüfe das bitte mal an entsprechenden - völlig harmlosen - Sätzen durch:

"Sonst hätte ich ja lieber den Mund gehalten, aber jetzt..."

"Sonst erzählen ja immer die Dingenskirchen so etwas, nun kommst auch Du..."

"Sonst bin ich ja desinteressiert, aber jetzt..."

Analytisch: das "Sonst" betont die Regel, die "ansonsten" existiert, und fungiert zugleich als Aussage, daß nunmehr auch Fall X, Person Y usw. unter diese Regel fällt.

Vielleicht spielt Dir Dein analytischer Furor manchmal einen Streich. Sehr gut ließe sich das zeigen an dem Wort "unterschlagen", das oben irgendwo in einem Deiner Kommentare fällt. Roland habe "unterschlagen". Gemeint war: Roland hätte auch dazu was sagen sollen (klingt schon anders, nicht wahr?). Schau Dir mal das Bedeutungsfeld zum Wörtchen "unterschlagen" an und vor allem die Wirkung dieser Begriffe: vielleicht verstehst Du dann, was ich zu erläutern versucht habe.

Für mich bleibt es dabei: wichtig ist, was wir miteinander besprechen, wichtig ist aber auch auch, wie wir miteinander sprechen.

Charlie hat gesagt…

Mein lieber Holdger,

diese Antwort ist mehr als dürftig - und ich denke, dass Du das auch selber weißt. Nun konzentriert sich der Angriff auf meine Kritik also nur noch auf Nuancen in der Formulierung, die - und auch das weißt Du - reichlich albern sind.

Und selbst wenn ich Roland für eine Hohlbirne hielte - was nicht der Fall ist; und wenn es so wäre, hätte ich das unmissverständlich so geschrieben -, wäre eine Diskussion auf diesem Level jenseits jeder Sinnhaftigkeit. Merkst Du denn nicht, dass wir uns hier in hochalbernen, fast pubertären Details verlieren und das eigentliche Thema keine Bedeutung mehr hat? Oder ist genau das Dein Ziel?

Du siehst meine Einlassungen also tatsächlich als "Störfaktor"? Wenn dem tatsächlich so ist, erübrigt sich in der Tat jeder weitere Dialog. Ich muss in der Tat an mich halten, um angesichts eines solchen Begriffes nicht in verbale Kotzorgien auszubrechen. Eine mit Herzblut verfasste Kritik zu einem Thema, das mir sehr am Herzen liegt, als "Störfaktor" zu bezeichnen, ist schon wirklich dreist - Du empfändest es gewiss als Beleidigung, wenn ich ebenso dreist darauf antwortete.

Im Übrigen stehe ich zu meiner Benutzung des Wortes der Unterschlagung. Roland schreibt: "Anstatt dass sich kultureller Widerstand regt und die impliziten ideologischen Muster analysiert werden, huldigen selbst intelligente Medien und Zuschauermassen den Protagonisten einer gewaltpornografischen Spaßkultur. Das Massenbewusstsein gleitet bedrohlich auf einer abschüssigen Ebene in Richtung Entmenschlichung" (Hervorhebung von mir).

Damit sagt er unmissverständlich, dass er die in Rede stehenden Filme für die alleinige Ursache dieser schrecklichen Entwicklungen hält - oder findet sich an irgendeiner Stelle des Textes ein auch nur hauchdünner Hinweis darauf, dass - nach Rolands Meinung - vielleicht doch auch noch andere Ursachen dafür existieren könnten? Ich finde keinen. Wenn das mal keine Unterschlagung gleich in mehrfacher Hinsicht ist, weiß ich nicht, wie man dieses Wort noch sinnvoller definieren sollte.

Ich möchte diese peinliche und zu nichts führende Diskussion an dieser Stelle gerne beenden - und bitte um Verständnis, dass ich zu eventuellen weiteren Einlassungen, die in diese vom Thema weit ablenkende Richtung zielen, nichts mehr erwidern werde.

Konstruktive, gerne auch inhaltlich abweichende Kommentare sind weiterhin sehr willkommen - aber diese Farce bezüglich der "Beziehungsebene" und des "Störfaktors" führe ich nicht mehr fort.

Sonst bin ich ja ein sehr umgänglicher, ausdrücklich pazifistischer und toleranter Mensch, hier mutiere ich aber zum Zombie. Oder, um es mit den Handlungen einer Tarantino-Figur zu sagen: [Er zieht seine Pistole, zielt und drückt ab.] ;-)

Liebe Grüße!

dani hat gesagt…

@ charlie und holdger

in dem moment wo du ein gegenüber hast - hast du auch manchal jemanden, der eben nicht so denkt, fühlt und handelt wie du. in gewisser maßen also einen gegner.
und das ist gut so.

die kunst ist - gemeinsam zu denken - und aus dem, was vorgegeben ist, etwas neues zu kreieren!
ohne sich gegenseitig plattzumachen - wir sind hier ja nicht in einem debatteirclub - wo der "bessere" gewinnt.
was ist besser? wie fühlt sich der unterlegene?
ich habe recht! wo ist denn hier die gewalt?!

und es bedarf einer große reife über seinen eigenen schatten zu springen!

jakebaby hat gesagt…

Sorry? fuer den OT ... aber die religiotische Schleife, mit welcher hinter den Schlagzeilen gelegentlich hausiert wird, ist dann doch brechreizend. http://hinter-den-schlagzeilen.de/2014/02/19/renee-flemming-panis-angelicus-cesar-franck/comment-page-1/#comment-28689

Wir sollten uns mal zusammentun und ein fettes Metalstueck mit Passagen von Martin Luther einspielen. Sicherlich wuerde sich, vor allem, die evangelische Kirche ueber diesen uebelsten Antisemitismus er ... freuen ...

Gruss
Jake

Charlie hat gesagt…

@ Jake: Ich habe den "Begleittext" zu diesem Video auch mit Grausen gelesen - der von mir sehr geschätzte Komponist César Franck rotiert gewiss im Grabe angesichts solchen Dünnpfiffs wie dem selten dämlichen Begriff "Lichtnahrung"...

Das ändert aber nach meiner Meinung nichts daran, dass es immer wieder auch sehr gute Beiträge auf dieser Seite gibt, die - und das ist der wichtige Punkt - auch viele Menschen erreicht. Vielleicht kommen auf diese Weise auch Menschen, die sich ansonsten eher dem religiös-esoterischen Rotz verschrieben haben, mal in Kontakt mit den wirklichen Problemen unserer Welt.

Für das Metalstück bin ich aber selbstredend zu haben - auch wenn ich nicht unbedingt Texte von dem ollen Luther wählen würde. Mich persönlich reizt da zum Beispiel eine entsprechende Vertonung der jüngsten pastoralen Gauckler-Rede viel mehr, in der er sich beispielsweise offen für verstärkte Kriegstreiberei ausgesprochen hat.

Liebe Grüße!