Freitag, 7. März 2014

Sarrazin, der "Sozialschmarotzer auf hohem Niveau"


Alle sind sie hinter ihm her. Alle grenzen sie ihn aus und schweigen ihn tot. Meint Thilo Sarrazin. Aus diesem diffusen Gefühl hat er ein Buch gemacht (siehe Rezension) und er posaunt es weitgehend unwidersprochen in Talkshows und Interviews hinaus. Christoph Baumgarten wagt einen persönlichen Blick in die Untiefen des Sarrazinschen Geistes. (...)

Um es in den Stammtischparolen zu sagen, derer er sich befleißigt: Thilo Sarrazin ist ein geistiger Minderleister und war Zeit seines Lebens Sozialschmarotzer auf hohem Niveau, ein Parteibonze, wie er im Buche steht [-] und hält das alles für seine eigene Leistung. Er ist eine lächerliche und widerliche Figur, die allen, die nicht seiner Meinung sind, den Mund verbieten will.

Das wird man doch noch sagen dürfen.

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Anmerkung: Eigentlich sollte man einem hohlbirnigen Rechtsradikalen gar keine Plattform mehr bieten - auch nicht in kritischer Form. Angesichts der im Text genannten Zahlen (inzwischen 1,5 Millionen verkaufte Exemplare seines ersten Schmutzergusses und einer Anfangsauflage von 100.000 Stück dieses neuerlichen Angriffes auf alles Humanistische) erscheint es aber dringend geboten, hier doch immer wieder zu intervenieren und dem Brandstifter fortdauernd in die böse, braune Glut zu pinkeln.

Der Text des Humanistischen Pressedienstes ist eine wahre Offenbarung - wenn man einmal von dem Fauxpas absieht, dass der Autor die taz sowie ausgerechnet die Zeit für die "führenden linken Medien" zu halten scheint. Andererseits muss ich konstatieren, dass er mit dieser Feststellung ja leider gar nicht so falsch liegt, denn andere führende Medien in diesem Land, die links von diesem journalistischen Elend einzuordnen sind, gibt es tatsächlich nicht mehr. Da versöhnt mich die benutzte Formulierung etwas, wenn in diesem Zusammenhang von "halbwegs linken Medien" die Rede ist.

Wie auch immer: Wer das gruselig-schmierige Phänomen Sarrazin auf den Punkt gebracht nachlesen möchte, sollte sich diesen Text nicht entgehen lassen - auf genau diesem Niveau muss sich eine Auseinandersetzung mit dieser schaurigen, erbärmlichen Figur abspielen. Intellektuell kann es keine sinnvolle Auseinandersetzung mit erstunkenem, erlogenem und aus tiefbraunen Zeiten hervorgekramtem Blödsinn geben. Als Fazit bietet sich hier bloß noch eine der vielen Subüberschriften aus dem Text an: Sarrazin und seine an debilen Schwachsinn grenzenden Äußerungen sind nichts weiter als ein "Verbrechen am An- und Verstand". Dem ist nichts hinzuzufügen.

Wunderbar ist übrigens auch das für diesen Artikel ausgewählte Foto, das den sauberen Kämpfer für reine Gene und Ariertum auf einer Veranstaltung der rechtsradikalen Haider-Partei FPÖ in Österreich zeigt. Braune Haufen ziehen Fliegen eben unweigerlich magisch an. Im Ein-Euro-Blog gibt's noch mehr dazu.

Der Mann ist nach wie vor SPD-Mitglied - während die SPD-Oberen aktuell öffentlich darüber diskutieren, ob beispielsweise ein Edathy (dessen einziger Verstoß darin besteht, legale Fotos angeguckt zu haben) nicht besser aus der Partei ausgeschlossen werden müsse. Da weiß man, was man hat - Sieg H..., äh, guten Abend.


(Thilo Sarrazin, wie er sich vermutlich selber sieht)

6 Kommentare:

Schirrmi hat gesagt…

Herrlich! Vielen Dank für die Klarstellung!

altautonomer hat gesagt…

"Fuck the EU"!

"Thanks Bomber Harris!" (Anne Helm)

Das wird man doch noch sagen dürfen.

Anders als die Reaktionen auf Sarrazins reaktionären Sprachmüll musste die Piratin Anne Helm von den Piraten übelste Erfahrungen mit dem Verständnis von Meinungsfreiheit machen:
"Ich bekomme zurzeit Drohungen, die von Suizid-Aufrufen, Morddrohungen bis hin zu Vergewaltigungsandrohungen reichen. Da ist eigentlich alles dabei. Es gibt eine Facebook-Seite, auf der unter anderem gefordert wird, ich solle öffentlich in Dresden gehängt werden. Als ich das letzte Mal nachgeschaut habe, hatte sie fast 9000 Likes. Ich habe auch schon einen Anruf bekommen vom Landeskriminalamt Berlin, Abteilung Rechtsextremismus. Die haben mir mitgeteilt, dass sie eine Akte über mich angelegt haben, da ich auf einschlägigen Seiten gelistet werde. Mir ist mitgeteilt worden, dass meine Kontaktdaten auf mehreren Nazi-Seiten veröffentlicht wurden."

Leute wie Sarrazin zünden keine Scheiterhaufen an, sie formulieren sie. Ihn undifferenziert mit SS-Himmler gleichzusetzen wirkt auf mich sehr provokant und reizt mich zum Widerspruch.

Charlie hat gesagt…

@ altautonomer: Die Sache mit Anne Helm habe ich verfolgt bzw. tue das weiterhin und bin ebenso entsetzt darüber. Das ist ein eindrucksvolles, bestürzendes Beispiel für die vollkommen abstrusen Maßstäbe, die nicht nur Sarrazin, aber der eben ganz besonders lautstark und vulgär, für die Meinungsfreiheit setzt.

Ich habe lange überlegt, ob ich dieses Bild unter den Kommentar setzen soll, bin aber letztlich zu der Auffassung gelangt, dass bereits der verlinkte Ursprungstext eine so scharfe Polemik, die fast schon ins Satirische reicht, darstellt, dass hier keine große Gefahr besteht, jemand könne das als "Gleichsetzung" der kleinen, aber durchaus gefährlichen Hohlbirne Sarrazin mit dem Massenmörder Himmler missverstehen. Der Text unter dem Bild sollte das noch einmal unterstreichen.

Außerdem - und ich bitte das satirisch zu verstehen - ist eine gewisse äußere Ähnlichkeit der beiden Figuren nicht gänzlich von der Hand zu weisen. ;-)

Ich kann auf diesen Schmierfinken nur äußerst aggressiv oder aber polemisch und provozierend reagieren - intellektuell gibt es da schließlich keine nutzbaren Ansatzpunkte. Die Alternative wäre, einfach gar nichts dazu zu schreiben.

Liebe Grüße!

Anonym hat gesagt…

sorry, aber was du als 'rezension' verlinkt hast, ist keine. allenfalls ist das ein schlampiger kommentar. gut, man kann darüber streiten, ob thilos werke mehr als einen schlampigen kommentar wert sind, aber ich finde, die auseinandersetzung mit dem deutschen rechtsdrall verlangt mehr anstrengung und ernsthaftigkeit. sonst droht sie in irrelevanz zu ersaufen. dafür ist das problem des rucks, der durch deutschland gegangen ist, zu gravierend.

Charlie hat gesagt…

@ Anonym: Der Begriff "Rezension" sowie der zugehörige Link stammen aus der zitierten Textpassage des Kommentars von Christoph Baumgarten und nicht von mir. Davon abgesehen halte ich beides aber durchaus für angemessen, auch wenn mir Baumgartens Kommentar noch wesentlich trefflicher erscheint als die Rezension von Armin Pfahl-Traughber.

Über meine Einschätzung zur intellektuellen Auseinandersetzung mit Sarrazin und seinen Pamphleten habe ich mich ja schon ausgelassen.

Der (übrigens nicht bloß in Deutschland) weiterhin stattfindende massive Rechtsruck ist ein ganz anderes Thema, das sich mit der "Besprechung" eines idiotischen Sarrazin-Machwerkes ganz sicher nicht diskutieren lässt.

Du kannst beispielsweise das Phänomen Religion nicht ergründen, indem Du dich mit einem Hassprediger befasst - Du musst stattdessen eine "Sicht von außen" annehmen und Dich mit Geschichte, Herkunft, Ursachen, Formen, Auswirkungen etc. beschäftigen. Auf diesem ernstzunehmenden Niveau gibt es bereits seit vielen Jahrzehnten viele wissenschaftliche Untersuchungen und Studien zum Thema Rechtsradikalismus, und gerade in den letzten Jahren ist da eine Menge passiert - da braucht man nun wahrlich keinen weiteren Stammtisch-Claqueur wie Sarrazin. Die Ergebnisse liegen längst auf dem Tisch und werden schon seit so vielen Jahren fortdauernde von Politik und Mainstreammedien (ob bewusst oder unbewusst, das sei einmal dahingestellt) ignoriert, während die gesamte Bande einschließlich des Großteils der manipulierten Gesellschaft stetig weiter nach rechts abdriftet.

Die Irrelevanz wird doch nicht von solchen Polemiken zu einer Witzfigur erzeugt, sondern von der völligen und fortdauernden Ignoranz der Politik, der Medien und auch Teilen der Wissenschaft gegenüber den vorliegenden, extrem alarmierenden soziologischen Ergebnissen zum gesamten Thema des Rechtsdrifts.

Liebe Grüße!

jakebaby hat gesagt…

"Die Irrelevanz wird doch nicht von solchen Polemiken zu einer Witzfigur erzeugt, sondern von der völligen und fortdauernden Ignoranz der Politik, der Medien und auch Teilen der Wissenschaft gegenüber den vorliegenden, extrem alarmierenden soziologischen Ergebnissen zum gesamten Thema des Rechtsdrifts."

Mit Ignoranz hat das Ganze rein gar nichts gemein. Auch nicht (auch wenn ich es selbst faelschlicherweise benutze) mit Blindheit auf dem rechten Auge.
Ignoranz/Blindheit etc. koennte man naemlich durchaus noch eine gewisse Fahrlaessigkeit voraussetzen.
Einer offensichtlichen Intention ist diese Entschuldigung nicht gestattet.

Der deutsche Rechtsruck findet schon immer statt, nur musste man zwangsweise nach Hitler eine kurze Verschnaufpause einlegen, welche, die stetigen Fehlentwicklungen der letzten 70 Jahre resumierend, nie wirklich eine war.
"Nie mehr wieder" ... "Wehret den Anfaengen" .. haemisch grinsende Placebos angesichts der Realitaet der Entwicklungen und dem bisherigen Stand der Dinge.

Eine klarere Absichtserklaerung ist wohl kaum von noeten.

Gruss
Jake