Donnerstag, 17. Juli 2014

Das Ende der Zivilisationssimulation


Civilization was pretty great while it lasted, wasn't it? Too bad it's not going to [last] for much longer. According to a new study sponsored by NASA's Goddard Space Flight Center, we only have a few decades left before everything we know and hold dear collapses. / The report, written by applied mathematician Safa Motesharrei of the National Socio-Environmental Synthesis Center along with a team of natural and social scientists, explains that modern civilization is doomed. And there's not just one particular group to blame, but the entire fundamental structure and nature of our society.

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Anmerkung: Ich habe die Studie, die diesem Bericht zugrunde liegt, nicht gelesen - allerdings muss man auch kein Soziologe (oder Mathematiker) sein um zu bemerken, dass sich "unsere Gesellschaft" auf einem äußerst unheilvollen Weg befindet, der schnurstracks in die neuerliche Vollendung der puren Barbarei führt. Die wenigen Informationen, die dem Artikel zu entnehmen sind, lassen darauf schließen, dass auch hier wieder einmal die tatsächlichen Ursachen nicht genannt werden - es reicht eben nicht aus, die stetig zunehmende Spaltung der Menschheit in "reiche Eliten" und "arme Massen" zu kritisieren, wenn nicht gleichzeitig auch Ross und Reiter genannt werden, die eben genau dies systemisch verursachen. Man mag den Autoren unterstellen, dass sie mit dieser Formulierung ("the entire fundamental structure and nature of our society") den Kapitalismus meinen - aber wenn sie ihn nicht beim Namen nennen, sondern wild um ihn herum schwurbeln, nähert sich der Erkenntnisgewinn der RezipientInnen der Nulllinie.

Es ist ohnehin fraglich, ob das, was im "Westen" nach 1945 entstanden ist bzw. einmal mehr wieder neu gestartet wurde, überhaupt die Bezeichnung "Zivilisation" verdient. Ich jedenfalls halte es für abgrundtief unzivilisiert, auf Kosten anderer Menschen zu leben und sich selbst einen stetig steigenden Luxus zu gönnen, der auf dem Elend, der Ausbeutung und dem Tod so vieler anderer Menschen beruht. Wie man überhaupt auf den Gedanken kommen kann, dass ein perverses, inhumanes Prinzip der Konkurrenz und des gegeneinander Agierens zum persönlichen Vorteil und zum Nachteil aller anderen so etwas wie "Zivilisation" sein soll, wird mir zeitlebens ein unlösbares Rätsel bleiben. Ein Haifischbecken ist nicht zivilisiert, der Kapitalismus ist es unfraglich auch nicht.

Ein wenig amüsiert hat mich der Vergleich im Artikel, der illustrierend das "Ende der Maya" oder das "Ende des römischen Reiches" bemüht - so weit müssen wir nun wahrlich nicht in die Vergangenheit blicken, um jüngere Beispiel des immer wiederkehrenden kapitalistischen Endes der Zivilisation bzw. deren Simulation zu sehen. Vielleicht bedeutet das Wort "Zivilisation" aber auch in gewissen Kreisen etwas ganz anderes? Ich werde den Eindruck nicht los, dass im irrsinnigen Neusprech unserer untergehenden, verkommenen Zeit damit doch eher zunehmend Einkaufszentren, tolle Autos, "Smartphones", Kühlschränke und andere Konsumartikel gemeint sein sollen. In einem solchen Sinne ist diese kapitalistische, pervertierte Welt natürlich sehr "zivilisiert" - jedenfalls für eine gewisse "Elite". Eine "Zivilisation für manche", sozusagen.

Ich nenne das Barbarei. Und was die Studie da vorhersagt, hat nichts mit Zivilisation oder ihrem Ende zu tun, sondern mit der Rückkehr der bisher einmal mehr in ferne Regionen ausgelagerten Barbarei in den heimischen Garten - bald dürfen auch die Menschenmassen in Europa und in den USA wieder verstärkt vom perversen, verdorbenen Nektar des Kapitalismus kosten und müssen ihre kleinen Privilegien nach und nach wieder abgeben. Der Zyklus geht einmal mehr in die nächste Runde - beispielsweise in Griechenland, Spanien und Portugal ist die böse Saat gesät und gut gedüngt.

Es ist alles beim Alten und geht den gewohnten Gang in den Untergang.

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Der Krieg, wie ich ihn sah



(Zeichnung von Fritz Arnold [1883-1921], in "Simplicissimus", Heft 50 vom 11.03.1919)

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