Freitag, 7. November 2014

Song des Tages: Bye Bye Beautiful




(Nightwish: "Bye Bye Beautiful", aus dem Album "Dark Passion Play", 2007)

Finally the hills are without eyes
They are tired of painting
A dead man's face red with their own blood

They used to love
Having so much to lose
Blink your eyes just once and see everything in ruins

Did you ever hear what I told you
Did you ever read what I wrote you
Did you ever listen to what we played
Did you ever let in what the world said
Did we get this far just to feel your hate
Did we play to become only pawns in the game
How blind can you be, don't you see
You chose the long road but we'll be waiting

Bye bye beautiful ...

Jacob's ghost for the girl in white
Blindfold for the blind
Dead siblings walking the dying earth

Noose around a choking heart
Eternity torn apart
Slow toll now the funeral bells

I need to die to feel alive

Did you ever hear what I told you
Did you ever read what I wrote you
Did you ever listen to what we played
Did you ever let in what the world said
Did we get this far just to feel your hate
Did we play to become only pawns in the game
How blind can you be, don't you see
You chose the long road but we'll be waiting

Bye bye beautiful ...

It's not the tree that forsakes the flower
But the flower that forsakes the tree
Someday I'll learn to love these scars
Still fresh from the red-hot blade of your words

How blind can you be, don't you see
How blind can you be, don't you see
How blind can you be, don't you see ...
that the gambler lost all he does not have ...

Did you ever hear what I told you
Did you ever read what I wrote you
Did you ever listen to what we played
Did you ever let in what the world said
Did we get this far just to feel your hate
Did we play to become only pawns in the game
How blind can you be, don't you see
You chose the long road but we'll be waiting

Bye bye beautiful ...
Bye bye.


Donnerstag, 6. November 2014

Kapitalismus: Willkommen in Kafkanistan!


Vor einigen Wochen konnte man beispielsweise beim WDR die folgende Kurzmeldung lesen:

Reiche Kartoffelernte führt zu fallenden Preisen

Die Landwirte in NRW haben bei der Kartoffelernte in diesem Jahr einen rekordnahen Ertrag eingefahren. Pro Hektar wurden knapp 51 Tonnen erzielt. Das ist das zweithöchste Flächenergebnis seit Beginn der Erfassung, wie das Statistische Landesamt am Donnerstag (23.10.2014) in Düsseldorf mitteilte.

Grund für die überdurchschnittliche Ernte in diesem Jahr sei die feuchte Witterung. Die Rekordernte könnte allerdings zu einem Überbedarf führen. Die Niedrigpreise würden keinen ausreichenden Absatz gewährleisten.

Über diese wenigen Zeilen dürfen/sollten wir nun alle - nachdem wir den offensichtlichsten Fehler im Minitext, der aus einem "Überangebot" (wohl tatsächlich versehentlich?) einen "Überbedarf" gemacht hat, korrigiert haben - ausgiebig sinnieren. Was ist also konkret geschehen?

In NRW wurde eine "rekordnahe" Ernte von Kartoffeln eingefahren, was ja eigentlich eine sehr gute Nachricht ist. Denn selbst wenn das zu einem Überangebot führen sollte, was bislang allerdings reine Spekulation ist, könnte man diese überzähligen, relativ lange haltbaren Lebensmittel ja wunderbar dafür einsetzen, hungernden Menschen zu helfen. Auf eine solche, eigentlich naheliegende Idee kommt in diesem perversen Wirtschaftssystem aber niemand, denn es geht - wie immer - einzig um Profit, und nicht um Menschen: "Fallende Preise" aufgrund eines Überangebots sind nach neoliberaler Lesart eine Art Pest, die es um jeden Preis zu verhindern gilt.

Die beteiligten Landwirte werden also dazu animiert, künftig dafür zu sorgen, entweder (sofern sie gemeinschaftlich arbeiteten) wieder weniger Kartoffeln zu ernten, oder aber (da sie eben miteinander "konkurrieren" müssen) den Ertrag noch weiter zu steigern, um allein durch die pure Warenmasse die "fallenden Preise" wieder ausgleichen und somit weiterhin "wirtschaftlich" agieren zu können. Durch die zweite Variante entsteht erneut ein noch weitaus größeres Überangebot, was wiederum denselben kapitalistischen Irrsinn zur Folge hat, weshalb im weiteren Verlauf immer mehr Landwirte die Segel streichen müssen und schlussendlich nur noch ein Monopolbetrieb übrig bleibt, sofern das ganze "Geschäft" nicht gleich in noch ausbeuterische Billiglohnländer "ausgesourct" wird. Welche ökologischen und qualitativen Folgen dieser perverse Prozess hat, kann sich jeder selbst ausmalen.

Der ganze Irrsinn des kapitalistischen Systems wird an diesem kleinen Beispiel offensichtlich, zumal es sich hier ja nicht um ein beliebiges "Produkt", sondern um ein Grundnahrungsmittel handelt. Anhand dieses kleinen, orwellschen WDR-Textes über die Kartoffelernte in NRW kann man sehr vieles über den Kapitalismus lernen - insbesondere illustriert er aber sehr schrill den völligen Irrsinn, dass die heutige, weitgehend kapitalistisch organisierte Nahrungsmittelproduktion problemlos bereits das doppelte der heutigen Weltbevölkerung ernähren könnte, und dennoch die Hölle auf Erden für Millionen von Menschen immer weiter anschwellen lässt: "Alle fünf Sekunden verhungert ein Kind unter zehn Jahren. 57.000 Menschen sterben pro Tag an Hunger. Eine Milliarde Menschen sind permanent schwerst unterernährt." (Jean Ziegler)

Das alles ist nun nichts Neues - schon vor 30 Jahren war beispielsweise der "Butterberg" ein beliebtes Thema im SoWi-Unterricht an den Schulen. Damals ging es um die Überproduktion von Milchprodukten, die seinerzeit schlicht vernichtet (und ebenfalls nicht an Hungernde ausgegeben) wurden, während durch staatliche "Subventionen" die Produzenten in die Lage versetzt wurden, mit ihrer Überproduktion trotz alledem fortzufahren. Es wurde und wird also permanent ein groteskes, stetig steigendes Überangebot von qualitativ immer schlechter werdenden Lebensmitteln produziert, während zeitgleich immer mehr Menschen hungern und sterben und die überproduzierte "Ware" vernichtet wird.

Ein solches System ist so absurd, so menschenfeindlich, so irrsinnig und kafkaesk, dass mir dazu allen Ernstes nichts anderes mehr einfällt als der zynische Ruf aus der Überschrift: Willkommen in Kafkanistan! Das ist Kapitalismus.

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"Ihr braucht keine Eier mehr zu legen, man kauft sie jetzt billiger."

(Zeichnung von Thomas Theodor Heine [1867-1948], in "Simplicissimus", Heft 22 vom 25.08.1924)

Mittwoch, 5. November 2014

Staatlich verordnete Verdummung: Ein fortschreitender, neoliberaler Prozess


Die neoliberale Zerstörungsorgie nimmt immer groteskere Formen an. Vor einiger Zeit hat die Bande bekanntlich die Anzahl der Schuljahre, die ein junger Mensch bis zum Abitur absolvieren muss, von neun auf acht Jahre verkürzt - die Folgen waren absehbar und sind logischer Weise auch eingetreten: Immer mehr SchülerInnen leiden unter einem erheblichen Leistungsdruck, der nicht zuletzt auch durch den vermehrt stattfindenden Nachmittagsunterricht und einen damit einhergehenden Verlust von notwendiger Freizeit sowohl psychische, als auch physische Negativauswirkungen zeigt. Den absurden "Boom" des "privaten Nachhilfemarktes", der - zumindest für diejenigen, die sich so etwas (noch) leisten können - parallel dazu zu beoachten war und ist, will ich hier nur am Rande erwähnen.

Jedenfalls gibt es seit geraumer Zeit eine steigende Gegenwehr von Seiten einiger Eltern, Schüler- und LehrerInnen gegen diese absurde Maßnahme, die erklärtermaßen einzig und allein dem Zweck dienen sollte, junge, "gut ausgebildete" Menschen noch früher der profitgierigen Ausbeutungsmaschinerie des "Arbeitsmarktes" zum Fraß vorzuwerfen.

Dieser zunehmenden Kritik hat sich Anfang des Jahres exemplarisch in NRW die dortige "Schulministerin" Sylvia Löhrmann (Olivgrüne) angenommen und ein "Expertengremium" einberufen, das sich mit diesem Thema beschäftigen sollte. Die Ergebnisse dieser Spezialexperten liegen nun vor - und wenig überraschend lauten sie verkürzt: "Die armen Kinder sind wirklich (gelegentlich) ein wenig zu sehr im Stress, weshalb wir nun nicht etwa die Schulzeit wieder um ein Jahr verlängern, sondern ... (*Trommelwirbel*) ... wir kürzen einfach den Lehrplan." (*Traraa!*)

Beim WDR klingt das so:

Eine Rückkehr zu G9 soll es nicht geben. Statt einer "Rolle rückwärts" seien "schnelle Verbesserungen für die Schüler" das Ziel, sagte Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne), die den Runden Tisch im Frühjahr 2014 eingesetzt hatte. / Im einzelnen sollen Hausaufgaben laut Löhrmann stärker in den Unterricht integriert werden. In einem Zehn-Punkte-Plan wurde außerdem festgehalten, dass weniger Unterricht am Nachmittag stattfinden soll. Es gibt ferner einen Prüfauftrag, mit dem Löhrmann auf Wunsch der Schüler untersuchen lassen will, ob weniger Klassenarbeiten möglich sind.

"Weniger Bildung!" ist hier die Losung, und es sollte angesichts der Bologna-Zerstörungen des Hochschulwesens niemanden überraschen, dass diese Katastrophenstrategie nun konsequent nach und nach auch auf die Schulen angewendet wird. Für die Brut der Superreichen (und solche, die sich dafür halten) gibt's ja schließlich längst Privatschulen und "Elite"-Universitäten - die muss sich mit diesem verblödenden Schwachsinn nach amerikanischem Vorbild gar nicht erst herumschlagen. Dass es die neoliberale Einheitspartei ist, die hier die "Rolle rückwärts" - und zwar sehr weit rückwärts - vollzieht, indem sie die Bildungsmöglichkeiten weiter ausdünnt und verkleinert, anstatt sie auszubauen und zu verbessern, kommt weder den stramm auf Propagandakurs ausgerichten WDR-"Journalisten", noch den Spezialexperten in den vernebelten Sinn - dafür aber zumindest einigen KommentatorInnen unter dem verlinkten Text. Immerhin.

Sowohl in vermeintlich kritischen Kommentaren, als auch in fast allen Mainstreampressetexten zum Thema wird aber konsequent die Frage vermieden, weshalb die Verkürzung der Schulzeit denn überhaupt erstrebenswert und sinnvoll sein soll. Die genannte Begründung der neoliberalen Bande ist ja angesichts der furchtbaren Lage auf dem "Arbeitsmarkt", der immensen Arbeitslosigkeit und der vielfach dokumentierten prekären Situation auch von Uni-AbsolventInnen so unglaublich absurd, dass einer solchen Argumentation eigentlich nur noch mit höhnischem Gelächter oder gleich einem Kessel Erbrochenem begegnet werden kann. (Einen sehr informativen Text dazu habe ich erst gestern gelesen - dazu werde ich später wohl auch noch etwas schreiben.)

Das Gefasel von der "Bildungsrepublik" ist nichts weiter als hohle PR - wie alles, was die korrupte Bande von sich gibt. Sie betreibt vielmehr eine staatlich verordnete Verdummung, die junge Menschen flächendeckend davon abhalten soll, zu kritischen, selbst denkenden Individuen zu reifen bzw. die ihnen das Denken wieder austreiben soll, falls es durch das Elternhaus und/oder andere Faktoren bereits kapitalgefährdende Ausmaße angenommen haben sollte.

Eine Anekdote zum Schluss: Vor einigen Wochen sagte ein Bekannter, ein Gymnasiallehrer, zu mir: "Wenn ich nochmal die Wahl hätte - ich würde diesen Beruf nicht mehr auswählen. Es ist katastrophal, was da an der Schule passiert. Es macht nicht nur keinen Spaß mehr, es ist regelrecht gefährlich, nicht nur für die Schüler, sondern für die ganze Gesellschaft." - Später am Abend meinte derselbe Mensch: "Ja, natürlich wähl' ich die Grünen, wen denn sonst? Die sind doch die einzigen, die noch was für die Bildung, für Soziales, für Gerechtigkeit tun! Hier geht doch sonst alles den Bach runter!"

Danach habe ich mich sinnlos besoffen und eine ganze Armee von Gehirnzellen unwiderruflich ermordet.

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Die abgebauten Junglehrer


"Sie müssen Ihre Existenz dem Staatswohl opfern, meine Herren! Analphabeten lassen sich leichter regieren, und die Notverordnungen werden sowieso durch den Rundfunk bekannt gemacht."

(Zeichnung von Wilhelm Schulz [1865–1952], in "Simplicissimus", Heft 29 vom 19.10.1931)

Montag, 3. November 2014

Zitat des Tages: Flugzeit


Laub fällt, und sichtbar werden
leere Vogelnester im Geäst.
Es regnet, regnet weiter
bis zum Schnee -
Kommt noch ein Tag, auf Nebelhörnern
kühl November blasend,
stehn wir in Wolle eingewickelt
bis zum Kinn und prüfen unser Dach.
Die offnen Stellen füllen wir mit Sorge.
Zeit wär's zu fliegen.

(Rainer Brambach [1917-1983], in: "Zeit wär's. Gedichte und Prosa aus dem Nachlass", Loeper 1985)



Anmerkung: Der verlinkte Wikipedia-Text zum Autor ist wieder einmal ein schlechter Witz, über den sich jegliche ernsthafte Diskussion von selbst verbietet: Haben wir es hier "selbstverständlich" bloß mit reiner "Naturlyrik" zu tun, ebenso wie beispielsweise Brechts "Dreigroschenoper" lediglich einen Krimi darstellt oder Tucholsky ein "Comedian" war? Manchmal fasse ich es nicht, welch stupide Auswürfe bei Wikipedia über einen längeren Zeitraum tatsächlich erhalten bleiben.

Für mich ist dieses Gedicht eine knappe, überaus schmerzliche und treffende Beschreibung unserer heutigen sterbenden Zeit. Der Band aus dem Nachlass des Autors, dem ich es entnommen habe, enthält leider keine Angaben darüber, wann Brambach es geschrieben hat - ich vermute aber, dass es aus der finstersten Zeit der deutschen Geschichte stammt oder zumindest als Rückschau auf dieses Horrorjahrzehnt gemeint war. Mit einer Sache allerdings hat dieses Gedicht wahrlich nichts, aber auch gar nichts zu tun, nämlich mit der "Naturerfahrung des Gärtners". Auf einen solchen Schmarrn - der sich bezogen auf Brambachs Lyrik übrigens bis heute immer noch durch gewisse populär-"literaturwissenschaftliche" Kreise zieht - muss man erst einmal kommen.

Dabei war ich erst gestern Zeuge, wie mehrere Schwärme lärmender Wildgänse den Himmel über mir in Richtung Süden passierten - es war einmal mehr ein fantastisches, überwältigendes Schauspiel, das mich in der Tat an dieses Gedicht erinnert hat. Wer lesen kann, wird dennoch unverzüglich verstehen, weshalb Anlass und Aussage nur in den allerseltensten Fällen etwas miteinander zu tun haben.

Meine Koffer sind jedenfalls gepackt - auch wenn ich nach wie vor nicht weiß, wohin die Reise im Fall der übelsten Fälle heute wohl gehen sollte. Dabei ist der Fall der übelsten Fälle ja bloß noch einen Steinwurf entfernt und die Sorge füllt die klaffenden und stetig erweiternden Löcher im Dach schon längst nicht mehr, sofern sie es je getan hat.

Zeit wär's. Aber ich zaudere.