Montag, 18. April 2016

Hirnfäule im Endstadium: Reichtumsbericht aus dem Paradies


Die kapitalistische Verdummungspropaganda wird trotz des offensichtlichen Irrsinns unbeirrt fortgeführt. Nach dem wiederholten Bullshit zum "stets wachsenden Glück" im Lande Kapitalistan folgt heute die 7.446ste Folge des zombieesken Mantras zum ebenso kontinuierlich steigenden "Reichtum der Deutschen". Bei n-tv und unzähligen weiteren Systemmedien war vor einigen Tagen wieder einmal zu lesen:

Auch ohne Immobilienbesitz / Deutsche werden immer reicher - Dank des robusten Arbeitsmarktes und steigender Reallöhne können viele Menschen hierzulande mehr auf die hohe Kante legen. Die Haushalte verfügen über ein so großes Geldvermögen wie noch nie. Aktien zahlen sich aus - doch viele Menschen horten lieber Bargeld.

Ich weiß gar nicht, was ich dazu noch weiter schreiben soll - der Irrsinn wird tatsächlich unentwegt wiederholt. Hier einige wenige Beispiele aus den vergangenen Jahren dazu (wobei die Auflistung alles andere als vollständig ist):

2011: "Deutschland: So reich wie noch nie" - 2013: "Die Börse als Quelle des Wohlstands" - 2015: "Deutsche sind so reich wie nie".

Eigentlich ist zu diesem Thema längst alles gesagt - aber die Dauerpropaganda macht trotzdem einfach weiter und erzählt das lächerliche Märchen vom steigenden Reichtum unablässig fort, während die überwaltigende Mehrheit der Menschen in diesem Land immer ärmer wird und zunehmend in großer Zahl am Existenzminimum und, dank vorsorglich installierter Sanktionspraxis, darunter lebt - Tendenz weiter unaufhaltsam steigend. Dies ist politisch gewollt und geplant und kein "Versehen". Dass es überhaupt noch irgendwelche Menschen in diesem Land gibt, die der absurden Berichterstattung über den "zunehmenden Reichtum" ohne stirnklatschendes Abwinken zuhören, grenzt an Hirnfäule im Endstadium.

Die kapitalistische Bande hat es tatsächlich geschafft, ein abgründig perverses Mehrklassensystem zu etablieren, das nicht nur aus drei "Klassen" besteht, wie die Bande immer wieder propagiert, sondern aus einer mehrheitlich anonymen superreichen "Elite", die sowohl in der Berichterstattung, als auch in der Pseudodiskussion stets außen vor bleibt auf der einen, und den drei bekannten "Schichten" auf der anderen Seite, von denen die Ober- und Mittelschichten sich irriger- oder besser irrsinnigerweise ebenfalls zur "Elite" zählen (und das auch tun sollen). Anders ist es aus meiner Sicht nicht zu erklären, dass Menschen, die ständig weniger oder bestenfalls einen stagnierenden Wohlstand genießen dürfen, das Märchen vom ständig steigenden Reichtum brav akzeptieren und dabei lediglich Schwächere (die "Unterschicht", Arbeitslose, Flüchtlinge, Rentner, Kranke etc.) als Hemmnisse ausmachen - und nicht etwa die grotesk überquellenden Geldspeicher der Superreichen.

So dumm wie die Propaganda sind offensichtlich auch die Menschen, die diesen Schwachsinn stumpf und kritiklos konsumieren. Ich persönlich weiß jedenfalls gar nicht, was ich zuerst auf die "hohe Kante legen" und "horten" soll: Meine Sammlung von Cent-Münzen, die ich in den vergangenen Jahren aus meiner Geldbörse entfernt habe (das dürften inzwischen bestimmt schon mindestens 10 oder gar 15 Euro sein!), oder doch lieber die Tütensuppen und Billigkonserven aus meinem Vorratsschrank, die mich in knappen Zeiten immer wieder mal über das Monatsende retten? Für konstruktive Vorschläge von versierten, schlipsgewürgten Anlegern bin ich sehr offen.

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Die Enthaltsamen


"Wieviel Kartoffeln die Leute brauchen! Wir essen zu Mittag nicht mehr als zwei, drei Kartoffeln ---"

(Zeichnung von Thomas Theodor Heine [1867-1948], in "Simplicissimus", Heft 29 vom 13.10.1924)

14 Kommentare:

altautonomer hat gesagt…

Mein Vorschlag: Alle Tafeln in @de in eine Aktiengesellschaft umwandelt. Dann schnell Aktien kaufen (Kredite sind jetzt billig zu haben). Da geht der Kurs noch steil nach oben.

epikur hat gesagt…

10-15 Euro aus Cent-Münzen? Lass das bloß nicht das Amt wissen, die rechnen solch ein Vermögen sofort an. Hey, der Menschenfreund Sarrazin hat doch für so einen Fall mal ein Hartz4-Kochbuch rausgebracht. Leg Dir das doch zu! Damit unterstützt Du gleichzeitig einen sozialen und empathischen Mann! *kotz*


schadensmeldung hat gesagt…

Was Dein hauseigenes Panama Glas betrifft, bist Du dem gesetzlich verordneten Ansparziel aus Grundsicherungsleistungen nicht nachgekommen, was wieder einmal bestätigt, dass die Mitwirkungspflicht in der Gesetzgebung viel zu lasch formuliert wurde.
Wenn Du dich pro Monat sieben Fastentage unterziehen würdest, im Verzicht auf dekadente Nebensächlichkeiten, könntest Du im Jahr locker dreihundert Euro auf die Armutskante legen, um in zehn Jahren gelassen Deine kommende Altersarmut zu ertragen. Allein der Wille zählt hierbei.
Lasst uns die Ärmel hochkrempeln, oder einfach der fließenden Botschaft des Ganges lauschen. Von wegen Tütensuppen –
:-)

Andy Bonetti hat gesagt…

Die "Elite", die uns in den Medien präsentiert wird, ist Teil der ubiquitären Desinformationskampagne. Dieter Bohlen, die Geissens, Franz Beckenbauer und Norbert Blüm gehören zur öffentlichen Präsenzelite. Die eigentliche Elite findet man weder in den News noch bei Wikipedia, weder im Bundestag noch bei ominösen "Konferenzen".

Mein Tipp zur privaten Altersvorsorge: Ein voluminöser Bierbauch ist auch Kapital, für das man in schlechten Zeiten (die vor uns liegen) dankbar sein wird. Und dazu trägt auch der Spätburgunder Weißherbst mit Schraubverschluss bei, den sich ein alter Hopfenritter gerade gönnt ...

Ich bin kein Roboter hat gesagt…

Gestern lief der Film "Snowpiercer" - eine m.E. gut gemachte Kapitalismusparabel.
Ich wurde gut unterhalten ^.^

Charlie hat gesagt…

@ no robot: Den Film kenne ich, halte ihn aber aufgrund einiger Details für keine gelungene Allegorie auf den Kapitalismus. Wenn meine Wenigkeit dort hätte Regie führen dürfen, wäre das Ergebnis weitaus drastischer und weniger schwammig ausgefallen. Trotzdem bietet der Film einige interessante Denkanstöße - wobei ich mir nicht so ganz sicher bin, ob das durchschnittliche deutsche Fernsehpublikum diese auch tatsächlich begreift und einen Bezug zur realen Erlebniswelt herstellt. :-)

Charlie hat gesagt…

@ Epikur: Ich mag mich irren - aber nach meiner Erinnerung stammt das bekannteste "Hartz"-Kochbuch ("Spiegel-Bestseller") nicht vom matschäugigen Sarrazenen, sondern von zwei widerlichen Damen namens Sigrid Ormeloh und Nicole Schlier. Bei Amazon heißt es dazu:

"Hartz IV in aller Munde. Das ist die Realität. Aber muss Sie auch so schmecken? Gerade in unwirtlichen Zeiten sollten wir auf gutes Essen, ob allein oder mit Freunden, nicht verzichten. Das Kochbuch zeigt, wie man mit einfachen und erschwinglichen Zutaten köstliche Gerichte zaubern kann. Zudem gibt es praktische Tipps zur mühelosen Nahrungssuche in freier Natur. Ein kulinarischer Leitfaden für das wachsende Heer der Erwerbslosen, Ich-Aktionäre, Umschulungs-Akrobaten, Dauer-Praktikanten, Frührentner und Lebenskünstler."

Das steht der widerwärtigen Menschenfeindlichkeit eines Sarrazin freilich in nichts nach. Als nächstes sehe ich schon den kommenden "Bestseller" vor mir: "Gut leben als Obdachloser - Wie Sie auch ohne Wohnung, Krankenversicherung und Geld ein menschenwürdiges, erfülltes und leistungsvolles Dasein in Kapitalistan führen" von Andrea Nahles, Beatrix von Storch und Volker Kauder.

Liebe Grüße!

Charlie hat gesagt…

@ kiezschreiber: Saufen ist keine Lösung - macht dafür aber Spaß. :-) Außerdem gehört mein Bauch mir! Den lasse ich mir nicht durch irgendwelche staatlich verordneten Hungersnöte nehmen. Ich spreche mich hiermit vehement gegen die Fettabtreibung aus! Krieg der "Elite", Friede dem Alkohol!

[Just in diesem Moment war ein leises "Buff!" zu hören und das Gehirn Charlies stellte unwiderruflich den Dienst ein. Von nun an ist der alte, zottelige Nörgler ein vollwertiges, endlich auch nützliches Mitglied der westlich-kapitalistischen Freiheitsordnung, denn er ist frei vom Denken.]

Prost Mahlzeit. :-)

Charlie hat gesagt…

@ frei-blog: Wenn ich der fließenden Botschaft des Ganges lausche, muss ich bloß ständig aufs Klo. ;-) Im Übrigen hast Du völlig recht: Ich sollte mich in Grund und Boden schämen, dass ich es nicht geschafft habe, die reichhaltigen Zuwendungen dieses liebenden Staates, die ich zuvor in schwindelerregender Höhe selbst finanziert habe, in Aktien anzulegen, anstatt mir lächerliche Nahrungsmittel und ähnlichen Tand dafür zu kaufen.

Ich plädiere für die Einrichtung von entsprechenden sozialen Lagern: Dort könnten all die Arbeitslosen, Kranken, Alten, Behinderten und sonstige Unnütze kostengünstig Wohnraum in hübschen Gemeinschaftsunterkünften finden und gleichzeitig einer sinnvollen Beschäftigung (Einsatz im Straßenbau, in der Industrie oder einfach beim Steineschleppen) zugeführt werden. Ich schicke diesen Vorschlag mal an Herrn Gabriel und Frau Merkel - ich bin sicher, dass diese Humanisten das zukunftsorientierte Potenzial dieser effizienten Vorgehensweise erkennen und schätzen werden.

Bis dahin werde ich eben weiter mein Krankengeld sinnlos verprassen und Tomaten und Kartoffeln anstatt Aktien kaufen - ich dekadentes, asoziales Schwein. :-)

Wie sehen uns dann spätestens im Lager. Liebe Grüße!

Johnny Malta hat gesagt…

Wir leben in einer Fünf-Klassen-Gesellschaft: Ganz oben die unverschämt Reichen; dann kommen die Chefs, die Direktoren, die Manager; danach das mittlere Management, die Handwerkermeister, die Abteilungsleiter; und darunter das namenlose Heer der Arbeitnehmer, der Befehlsempfänger; ganz am Ende kommen die Überflüssigen, die Hartz IV-Empfänger, die Behinderten und Asylanten.

Sortiert euch irgendwo ein. Ich bin ganz unten :o)

Ich bin kein Roboter hat gesagt…

@Charlie:
Ich war ja immerhin zufrieden, dass so ein halbwegs kritischer Film auch mal zu keiner Un-Zeit im Fernsehen läuft - und sogar auf ProSieben *lach*


"....gleichzeitig einer sinnvollen Beschäftigung (Einsatz im Straßenbau, in der Industrie oder einfach beim Steineschleppen) "

Sinnvolle Beschäftigung für "Parasiten" ?
Soylent Grün!

Charlie hat gesagt…

@ no robot: Der Film lief allen Ernstes bei Pro7??? Dann stellt sich die Frage nach einer Übertragung durch die Zuschauer auf unser aller Leben in der Tat nicht mehr ... wahrscheinlich wurde er auch mehrfach durch bräsige Reklame für irgendwelche Konzernprodukte unterbrochen, so dass er ohnehin ad absurdum geführt wurde? :-)

Dein Hinweis auf "Soylent Green" ist da sehr passend - wer diesen Film nicht kennt, sollte ihn sich unbedingt anschauen. Ich nehme an, dass er im aktuellen TV-Geschehen dieses "schönen neuen Deutschlands" längst nicht mehr vorkommt- oder?

Ich bin kein Roboter hat gesagt…

Ja, er lief tatsächlich auf einem "Privaten" - mit Wodka- und Single-Verkupplungs-Werbung :-D
Er war "Sci-Fi-Tipp" in meiner Fernsehzeitung, sonst wäre ich nie im Leben auf die Idee gekommen, diesen Sender einzuschalten... ich musste auch erstmal lange suchen, bis ich den gespeicherten Sendeplatz in meinem TV fand *lach*
(Ja, ich bin tatsächlich einer der 200 Leute die noch so ein Ding (Fernsehzeitung) besitzen; übrigens sehr praktisch: man liest sich die Zusammenfassungen der Filme durch, und weiss im Ungefähren worum es geht - ideal für Smalltalk (lieber solcher Smalltalk, als übers Wetter, die pöhse Deutsche Bahn, etc.) und um Zeit zu sparen, denn so spart man es sich diese auch anzugucken)

Der Soylent-Green-Film (wie hiess der nochmal? - ahja, nachgeguckt: „2022, die überleben wollen“ - selten dämliche Übersetzung...) lief mal vor Jahren immer mal vormittags auf Kabel 1 (die haben ja die meisten alten Schinken im Archiv)... wahrscheinlich hat inzwischen Tele5 das Zeug? Keine Ahnung... Aber sowas läuft ja heutzutage sowieso nicht im Fernsehen, denn: Is' ja nischt HA-DEH ey!
Ich habe zu diesem Film zuhause die literarische Vorlage: "New York 1999" von Harry Harrison



(wow, was für ein Gedankenfluss... ist ja wie bei Jakebaby, hahaha :) )

Charlie hat gesagt…

@ no robot: Ich liebe solche Gedankenflüsse. ;-) - Der deutsche Titel des Films ist in der Tat unsäglich dumm und irreführend - im Original heißt er tatäschlich einfach "Soylent Green". Die literarische Vorlage kenne ich bislang gar nicht - das werde ich alsbald nachholen. Danke für den Hinweis. :-)