Samstag, 17. Dezember 2016

Schnipsel: Gute und schlechte Nachrichten, ganz am Rande (der Satire)


Die gute Nachricht (1): Sowohl Lapuente, als auch Berger schicken ihre Blogs ins Nirwana. Kleinbloggersdorf atmet erleichtert auf.

Die schlechte Nachricht (1): Beide machen, gemeinsam mit Wellbrock, in einem neuen Blog weiter. Kleinbloggersdorf stöhnt und ächzt.

Die gute Nachricht (2): Es wird dadurch etwas weniger "sozialdemokratische", kapitalismusfreundliche Verbrämungen und (hoffentlich) endlich auch regelmäßig kritische Kommentare für die dünnen bzw. dünnflüssigen Gehirnfürze Lapuentes geben. Kleinbloggersdorf reibt sich freudig die Tippgriffel.

Die schlechte Nachricht (2): Das Eso-Blog "Jenseits der Realität" ist noch immer nicht in einem Schwefelblitz vom Teufel in die Zombiehölle geweckt worden. Kleinbloggersdorf zieht verzweifelt einen Exorzisten zu Rate, der jedoch an der Kommentarzensur der Esos scheitert. Platta schreibt seitenlange Mails zur Erklärung, während er Faulfuß oral befriedigt.

Die gute Nachricht (3): Andy Bonetti lebt und säuft noch. Kleinbloggersdorf spendiert ein Fass Pralinskis Mädchentraube von 1984 (einem äußerst erquicklichen Jahrgang).

Die schlechte Nachricht (3): Charlie lebt auch noch. Kleinbloggersdorf flieht geschlossen und voller Entsetzen zum Mond. Epikur, Dennis82 und das greise Pantoffeltier begehen auf der Flucht kollektiv Selbstmord. Der Kiezneurotiker kommentiert: "Im Borgwürfel trinkt man Kaffee und diskutiert die Bundesliga. Bundes. Liga. Who the fuck is Charlie?"

(to be continued ...)

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(Kleinbloggersdorf in der guten, alten Zeit vor dem großen Exodus - selbstverständlich ohne die vegane Kampffront der Esos, die am Katzentisch Gras, Löwenzahn und leckere Lichtnahrung serviert bekam.)

Musik des Tages: Schelomo




(Ernest Bloch [1880-1959]: "Schelomo. Hebräische Rhapsodie für Cello und Orchester" aus den Jahren 1915/16; Cello: Jan Vogler, Frankfurt Radio Symphony Orchestra, Leitung: Eliahu Inbal, 2016)

Freitag, 16. Dezember 2016

Rechtsstaat BRD: Im Zweifel gegen die Unschuldigen


Gerade eben habe ich mich erst über das menschenfeindliche Rechtsverständnis der US-amerikanischen Justiz ausgelassen - und schon kotet auch das deutsche Verfassungsgericht einen Beschluss in die Welt, der den Parteifunktionären aus Orwells "1984" ein süffisantes Grinsen ins Gesicht zaubert. Das oberste deutsche Gericht stellt fest:

Bei Demonstrationen mit Ausschreitungen darf die Polizei im Zweifel auch unschuldige Protestierer mit einkesseln.

Es lässt sich leicht ausmalen, wie dieser hanebüchene Freibrief vor Ort von den Staatsschergen umgesetzt wird:

Bullenchef: Hömma, Horst, schickma 'n paar Kollegen in Zivil zu dem Mob da drüben. Die solln sich 'ne Serviette vor die Fressleiste binden und 'n paar Wattebäusche zu uns rüber schmeißen, dann können wir dat ganze linke Pack einkesseln und den ganzen Tag hier festsetzen.
Wachtmeister Horst: Klaro, Chef, machen wir ja immer so. Wir dürfen unsere schönen neuen Schlagstöcke aber doch trotzdem noch einsetzen, oder? Wir haben doch so lange an den doofen Strohpuppen geübt ...
Bullenchef: Ach, da werden sich bestimmt Anlässe finden lassen, keene Sorge.

Wer eine solche "Einkesselung" durch vermummte, oft gewaltbereite und auf Eskalation gebürstete "Einsatzkräfte" noch nie erlebt hat, dem sei gesagt, dass das zutiefst entwürdigend und oft beängstigend ist und in der Regel auch deutlich länger als die im Bericht genannten fünf Stunden dauert. Wer in dieser Zeit aufs Klo muss, hat Pech - Toiletten gibt es in einem Polizei-"Kessel" nicht. Wer hungrig oder durstig wird, ist ebenso auf verlorenem Posten.

Ein paar staatlich gesteuerte Provokateure reichen aus, um eine ganze Menschenmenge - nun auf vollkommen "legale" Weise - daran zu hindern, von ihrem Demonstrationsrecht Gebrauch zu machen und sie obendrein zu schikanieren. Es ist schon eine tolle Sache, in einem freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat leben zu dürfen, dessen höchstes Gericht kein Problem mit dem offensichtlich verfassungswidrigen Hartz-Terror hat, dafür aber den militärisch auftretenden Staatsschergen, die sich selbst zumindest vor Jahrzehnten noch als "Freund und Helfer" (*glucks*) bezeichneten, ausdrücklich gestattet, die überwiegende Mehrheit der Unschuldigen zu drangsalieren. Das ist konsequent. Das Prinzip des "Agent Provocateur" ist auch den Richtern selbstverständlich bekannt.

Mein Gehirn gibt zu dieser Farce nichts weiter her. Die Mehrheit der Deutschen dürfte in ihrer gewohnten Niedertracht und Dummheit ohnehin nichts Verwerfliches an diesem Beschluss finden. Ich habe mir zur gleichlautenden Meldung bei Zeit Online einige der gehirnquälenden Kommentare durchgelesen und danach beschlossen, dass es kaum etwas wohltuenderes für diesen durchgefickten Planeten gäbe als ein rückstandsloses Verschwinden der deutschen Dumpfbevölkerung.

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Mai

Der Revoluzzer fühlt sich stark.
Der Reichen Vorschrift ist ihm Quark.
Er feiert stolz den ersten Mai.
(Doch fragt er erst die Polizei.)

(Erich Mühsam [1878-1934], aus: "Kalender 1913", in: "Brennende Erde. Verse eines Kämpfers", Kurt Wolff 1920)


Donnerstag, 15. Dezember 2016

Zitat des Tages: Ich liebe die Sonne


Ich liebe die Sonne
Und von den Menschen zwei, drei,
Gott reißt mich am Haar,
Ich lebe entzwei.
Der Strahl küsst meine Hand,
Ich darf ihn nicht fragen
Und er will mir nichts sagen -
Wer kennt sein Land?!
Ich kenne den Ausgang,
Den Feuerwald seiner Geburt,
Aber noch darf ich nicht nahen
Der fließenden Flamme,
Fern ist mein Weg der einmündenden Furt.
Bergen kann sich die Otter in Grotten,
Ein jeder Feigling kann sich vergotten -
Ich falle zur Tiefe, von Grat zu Grat,
Die Gebirge entweichen, ich sinke ins Meer,
Aber mich fasst kein Abgrund,
Ich tode endlos im Schacht.

(Albert Ehrenstein [1886-1950], in: "Briefe an Gott. Gedichte in Prosa", 1922)



Anmerkung: Im Nachwort zur Neuausgabe dieses Bandes im Suhrkamp-Verlag schreibt der Herausgeber Jörg Drews: "Den 'Dichter der bittersten Gedichte deutscher Sprache' hat ihn Kurt Pinthus genannt, und das trifft nicht nur die Thematik, sondern auch die Sprache in ihrer selbstzerstörerischen Schärfe und Unruhe, die es nie zu gemeinsamem, lyrischem Wohllaut kommen lassen. - 'Ich weiss, dass ich eine Nachtigall bin, die ihr Elend singt', sagte Ehrenstein von sich selbst."

Mittwoch, 14. Dezember 2016

Rechtsstaat USA: "Und es sind die finstern Zeiten"


Über das staatsterroristische Konzept der "Pre-Crime" habe ich mich schon öfter ausgelassen, zuletzt im Oktober dieses Jahres. Nun haben unsere amerikanischen Freunde jenseits des Atlantiks wieder einmal ein bewegendes Beispiel für diesen Irrsinn abgeliefert: Ein religiös verwirrter, offenbar psychisch kranker 22Jähriger soll einen Anschlag auf das Kapitol in Washington geplant haben und ist dafür von einem Bundesgericht zu einer Haftstrafe von 30 Jahren und zusätzlicher lebenslanger Bewährung nach der Verbüßung dieser Haftzeit verurteilt worden.

Mir bleibt angesichts einer solchen, geradezu kafkaesken Meldung die Spucke weg - nur mühsam kann ich einige Sätze herausstammeln. Niemand weiß, ob der Jüngling seine angeblichen Pläne auch tatsächlich in die Tat umgesetzt hätte; und selbst wenn er diesen kriminellen Weg gegangen wäre, hätte das Unterfangen angesichts der extremen Bewachung des Kapitols vermutlich schon an den äußeren Wachposten scheitern müssen. Selbst wenn der Mann tatsächlich ernsthafte Anschlagspläne verfolgt haben sollte - woran laut den verfügbaren Berichten erheblicher Zweifel besteht -, ist ein solches Urteil eine perverse, groteske Farce, die man vielleicht einer fiesen Diktatur zurechnen könnte, aber gewiss nicht einem "freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat".

Es ist offensichtlich, dass es sich hier um ein politisches Urteil handelt, mit dem einmal mehr ein "Exempel statuiert" werden soll - selbst in den USA wird ansonsten kein Mensch aufgrund irgendwelcher Anschlagspläne, die sich beispielsweise gegen Schwarze oder Homosexuelle richteten, derartig drakonisch verfolgt und verurteilt. Es ist gruselig genug, dass inzwischen - nicht nur in den USA - irgendwelche Pläne bereits ausreichen, um einen Menschen zu kriminalisieren und fast lebenslang in den Knast zu stecken, und zwar unabhängig davon, wie realistisch jene Planungen auch gewesen sein mögen.

Es gab mal eine Zeit, in der musste - zumindest theoretisch - eine Straftat noch begangen und nachgewiesen werden bzw. unmittelbar vereitelt worden sein, um einen Menschen strafrechtlich zu belangen. Heute reicht es schon aus, wenn ich hier beispielsweise schriebe, dass ich sehr gerne mal ins Kanzleramt schliche, um dem furchtbaren Merkelmonster ein Kilo Juckpulver in den Kragen zu schütten, um ins christlich-liberal-grün-sozialdemokratische Umerziehungslager verschleppt zu werden. Das hatten wir doch alles schon (mindestens) einmal ...

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Und es sind die finstern Zeiten

Und es sind die finstern Zeiten
in der andern Stadt.
Doch es bleibt beim leichten Schreiten
und die Stirn ist glatt.
Harte Menschheit, unbewegt,
lang erfrornem Fischvolk gleich!
Doch das Herz bleibt schnell geregt
und das Lächeln weich.

(Text: Bertolt Brecht [1898-1956]; Musik: Hanns Eisler [1898-1962]; Interpret: Udo Lindenberg, aus dem Album "Hermine", 1988)


Montag, 12. Dezember 2016

Wagenknecht: Das Trauerspiel der Linkspartei


Vor einer Woche hat Sahra Wagenknecht, die "Ikone" der Linken verhinderten Sozialdemokraten nicht nur in Kleinbloggersdorf, einen Gastbeitrag bei n-tv veröffentlicht. Dort lässt sie sich unter dem Titel "Die Einschläge kommen näher: Warum die Rechte profitiert" vornehmlich darüber aus, dass über ihren zurückliegenden Redebeitrag zur "Lage der Nation" im Bundestag von den Massenmedien in weiten Teilen falsch bzw. verzerrend berichtet wurde. In diesem Punkt stimme ich der Dame ausdrücklich zu und es ist durchaus fair, dass n-tv ihr diese Möglichkeit der Gegendarstellung bzw. Korrektur eingeräumt hat.

Ich habe mir nun einmal die Mühe gemacht, jenseits der Medien- und Koalitionskritik in diesem Text nach den Positionen zu suchen, die Frau Wagenknecht dem kapitalistischen Katastrophenkurs entgegenstellt. Die Ausbeute ist leider äußerst überschaubar, denn sie beschränkt sich im wesentlichen darauf, dass die neoliberale Bande den Sozialstaat zerstört hat, während die Linkspartei ihn erhalten und wieder stärken will - konkret wird hier lediglich der Begriff "Arbeitnehmerrechte" genannt. Mehr "Alternativen" gibt dieser Text nicht her: Wenn also die "Arbeitnehmerrechte" wieder gestärkt würden, befände sich die Politik laut Wagenknecht auf einem guten, "alternativen" sozialpolitischen Kurs.

Dieser Text beschreibt - freilich absichtslos - das ganze hirnverwesende Dilemma der Linkspartei, die sich sowohl im korrupten politischen System, als auch im Kapitalismus längst eingerichtet hat und sich nicht einmal mehr gedanklich mit den so dringend - dringend! - notwendigen systemischen Alternativen beschäftigt. Mir ist schon klar, dass ein solcher Gastartikel in der Mainstreampresse nicht geeignet ist, um umfassende Gegenentwürfe zu skizzieren - dass der Frau aber neben den "Arbeitnehmerrechten" allen Ernstes nicht ein ganz kleines bisschen mehr - womöglich gar ein Fitzelchen Systemkritik - eingefallen ist, stellt ein flammendes Fanal dar, das den Vergleich mit ähnlichen dümmlichen Gehirnfürzen von CDU, CSU, SPD und den Grünen wahrlich nicht zu scheuen braucht.

Natürlich hat Wagenknecht recht, wenn sie die europaweiten Erfolge der Rechtsradikalen wesentlich auf die kapitalistische, menschenfeindliche Politik der vergangenen Jahrzehnte zurückführt - umso erschütternder ist es ja, dass sie selbst keinerlei systemischen Alternativen anzubieten hat, sondern lediglich, wie gewohnt, an den sozialen "Stellschrauben" herumdoktern möchte. Die Frau ist intelligent genug um zu wissen, dass der Kapitalismus zyklisch verläuft und dass die Verlagerung der sozialen Verwerfungen in ferne Länder, die vor 50 Jahren hierzulande noch die lächerliche Illusion des "steigenden Wohlstands für alle" geschaffen hat, heute nicht mehr funktionieren kann.

Ich empfehle, dem oben verlinkten Redebeitrag Wagenknechts aufmerksam zu folgen - wer darin irgendeine wie auch immer geartete Systemkritik entdeckt, gewinnt eine Waschmaschine und ein One-Way-Ticket ("erster Klasse") zum Mond, um sie abzuholen. Ich bin nicht sicher, ob diese Frau tatsächlich nicht bemerkt, dass sie und ihre Partei längst ein Teil der verfaulenden Farce sind, über die sie zu Beginn spricht, oder ob es sich auch hier schon um abwägendes Kalkül aus Partei- und Eigennutzinteresse handelt, wie es in der verkommenen neoliberalen Einheitspartei bekanntermaßen üblich ist.

Letztlich verhindern solche pseudolinke Parteien, die im parlamentarischen, korrupten Sumpf angekommen sind, die eigentlich anstehende Entwicklung neuer, sozialistischer Strukturen. Wer diesen Gedanken ein wenig weiter verfolgt, wird schnell auch bemerken, dass damit gerade heute, in der Endphase des kapitalistischen Systems, angesichts der menschlichen Dummheit fast zwangsläufig auch eine Stärkung der dumpfen Rechten einhergehen muss. Hätte sich die Linke zur Weimarer Zeit geschlossen zu einem antikapitalistischen Bündnis zusammengefunden, wäre der Naziterror womöglich ausgeblieben. Die SPD und andere Gruppierungen haben das damals erfolgreich verhindert, auch wenn Guido Knopp & Co. immer wieder gerne das Gegenteil behaupten und stattdessen der KPD den Schwarzen Peter zuschieben wollen. - Bekanntlich ist es anders gekommen. Gnade uns das Spaghettimonster, dass die Geschichte sich bitte nicht wiederholen möge.

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Ohne Titel



(Zeichnung von Jiří Georg Dokoupil [*1954] aus dem Jahr 1985, Tinte auf Papier, Groninger Museum, Niederlande)