Mittwoch, 18. Oktober 2017

Popcorn: "Die Partei, die Partei, die hat immer ..."


Stehen Popcorn, Bier und Zigarren bereit? Es ist wieder einmal soweit: Die selbsternannte "Linke", die aus strammen Fanboys und -girls (wobei letztere da eher selten auftauchen) der Linkspartei besteht, lädt wieder ein zum großen Kino der Selbstzerfleischung. Es geht – natürlich – wieder einmal um die "Neulandsozialdemokraten" – diesmal allerdings nicht um den rechtsgewendeten, unsäglichen Lapuente oder den bedauernswerten Nostalgiker Wellbrock, sondern um das lustige Kommentariat, das aus größtenteils alten, sich "links" wähnenden Männern besteht, die dem Internet und der restlichen Welt eben jene Welt erklären wollen, während sie brav und bieder Parteifähnchen schwenken.

Der Anlass ist zu vernachlässigen – ich habe mir den Podcast, der als Auslöser für das Kinoerlebnis dient, nicht angehört. Irgendein Erkenntnisgewinn ist da ohnehin nicht zu erwarten. Stattdessen habe ich begierig die Kommentare dazu gelesen – und wurde natürlich nicht enttäuscht.

Da geben sich die Fähnchenschwenker die Klinke in die Hand: Während die eine Fraktion der Obergrenzen-Apologetin Wagenknecht nicht nur die Schuhe, sondern jedes erdenkliche Körperteil küsst, heult die andere ausschweifend herum, dass diese Opposition gegen die Machtansprüche von Kipping und Riexinger ja kontraproduktiv sei und letzten Endes nur den Nazis in die Hand spiele. Was soll man dazu noch sagen – ich habe mit offenem, freilich grinsendem Mund vor dem Monitor gesessen und wähnte mich auf einer Titanic-Seite.

Keiner (wirklich nicht ein einziger) dieser parteihörigen Schwerdenker – ob nun Wagenknecht- oder Kipping-Fan – kommt auf den naheliegenden Gedanken, dass die Linkspartei längst angekommen ist im politischen Einheitsbrei des Kapitalismus, obwohl das so offensichtlich ist, dass ich mich schon in Grund und Boden schäme, erneut darauf hinweisen zu müssen. Diese Gesellen nehmen das einfach nicht zur Kenntnis und bleiben weiterhin bei ihrer felsenfesten Überzeugung, dass einzig die Linkspartei in der einen oder anderen Form dem kapitalistischen Terror ein Ende bereiten könne. Das sind geballte esoterisch-religiöse Überzeugungen, wie sie kafkaesker gar nicht sein könnten – Wasser brennt eben lichterloh, wenn man nur daran glaubt, gelle?

Mich erinnert das an die Diskussion der Feuerwehrleute, die vor einem brennenden Haus stehen und beratschlagen, ob man die lodernden Flammen nun besser mit Benzin, Kerosin oder doch eher mit flüssigem Sauerstoff bekämpfen solle. Derweil schwenken die Deppen weiter rote Parteifähnchen und wundern sich, dass der Faschismus dennoch eine neue Blüte erlebt – an dem ihre geliebte Partei nicht ganz unschuldig ist, was man aber nicht sagen darf, denn das ist böse, "spaltende" Ketzerei. Deshalb darf ich das nur hier schreiben – im Land der Linkspartei-Fetischisten werde ich dafür ganz menschenfreundlich gehasst, ignoriert und sogar per Mail bedroht: Irgendein Mensch, der sich "Sahra-Team" nannte, hat mir kürzlich in einer Mail nahegelegt: "Wenn du einfach stirbst wird dir keiner eine Träne nachweinen!! Dein scheiss Kommunismus ist tod [sic]!" – Und das ist noch ein eher harmloses Beispiel von vielen.

Ich lege also jedem, der sich dem Humanismus verpflichtet fühlt, nahe, dieses Güllebecken bei den "Neulandsozialdemokraten" aufzusuchen, den Schmonzes dort zu lesen und sich danach möglichst nicht irre kreischend von der nächsten Klippe ins Meer zu stürzen. Ich habe das geschafft, also kann es auch jede/r andere.

Mein Popcorn ist alle.

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(Zeichnung von Jiří Georg Dokoupil [*1954] aus dem Jahr 1985, Tinte auf Papier, Groninger Museum, Niederlande)

17 Kommentare:

Volker Birk hat gesagt…

Ich denke, Du unterschätzt den guten Willen einer Wagenknecht. Die Wohlmeinenden nicht zu achten, ist einer der grössten Fehler im politischen Geschehen überhaupt. Es hilft den Arschlöchern zu gewinnen.

Man kann mir, der ich noch nie Mitglied einer Partei war, schlecht vorwerfen, ausgerechnet ich glaubte etwa an die (zumal “repräsentative”, also “marktkonforme”) Demokratie. Ich bin Agnostiker, das Glauben überlasse ich den Gläubigen. Und wie der Glaube an Anubis oder diesen Rauschebart-Cis-Weissen im Himmel, so glaube ich auch nicht an die “Puppenkiste, in der sie uns Demokratie vorspielen” (Schramm).

Aber ich hätte schon gerne, dass sich die Gesellschaft dahin entwickelt, wo sie ein Stückchen besser für viele wird. Ja, das ist wenig. Und es ist auf die Dauer viel zu wenig. Aber es ist konkret jetzt erstmal wichtig. Für viele.

Es hält mich auch nicht ab, derweil meinen ganz eigenen Beitrag zum Kampf gegen den Faschismus zu liefern. Aber mir ist die Argumentation zu dünn, wenn man alle verschmäht, die glauben, es auf ihre Weise tun zu können. Und Wagenknecht zähle ich zu den Wohlmeinenden (und habe dafür gute Gründe).

Ich bitte Dich, darüber nachzudenken.

Troptard hat gesagt…

Ich finde das immer so niedlich:

" Aber ich hätte schon gerne, dass sich die Gesellschaft dahin entwickelt, wo sie ein Stückchen besser für viele wird (Volker Birk)."

Also so richtig in die vollen gehen, dass mögen Deutsche wohl gar nicht: Immer nur ein bischen oder ein Stückchen! Man muss doch auch nicht gleich übertreiben, oder?

Also zieht sich durch meine Lebensgeschichte immer auch dieses bischen mit hindurch: "Ein bischen Spass muss sein", "ein bischen Frieden" " ein bischen mehr soziale Gerechtigkeit" usw., immer nur ein bischen.

Erinnert sich noch jemand an den Walter Ulbricht? Den aus der ehemaligen mit dem spitzen Bärtchen? Der hat so schön gesächselt. Der war für uns Jugendliche, damals, eine richtige Spasskanone.

Der konnte bestimmt englisch sprechen und sicher auch verstehen. Aber geweigert hat er sich, englische Worte auch englisch auszusprechen. Und so bleibt mir unvergessen, dass er Jugendliche oft als Teenager angesprochen hat, aber ausgesprochen wie Tee-nager. Darauf haben wir uns dann den Spass erlaubt, einen Spruch draus zu machen: "Liebe Tee-nager und Kaffee-Lutscher...".

Das waren noch echt lustige Zeiten. Und jetzt diese Spassbremsen aus der Linkspartei mit ihrem Alleinvertretungs-Anspruch für's Linkssein.

Nee Charlie, dass muss nun wirklich nicht sein. Weil, die nehmen das richtig für ernst, was sie da schreiben, wo ich auf Gedanken komme, die ich mal lieber nicht in die Tasten kloppe.

LG

Charlie hat gesagt…

@ Volker: Es steht Dir doch völlig frei, an die Strohhalme und "guten Absichten" diverser Menschen zu glauben. Ich teile diesen aus meiner Sicht naiven Optimismus jedoch nicht und nehme mir die Freiheit, das auch zu benennen.

Wem, bitte schön, soll geholfen sein, wenn die Linkspartei im "Bäumchen-wechsle-dich"-Spiel der Demokratiesimulation das Sagen hat? Ich habe doch oben schon einen Link gepostet, der die "Erfolge der Linkspartei" auflistet. Muss man erst 100 Jahre warten, bevor man das rückblickend aufarbeiten kann? Oder sind das alles nur "versehentliche Einzelfälle", die man nicht überbewerten darf? Wie bewertest Du das?

Du machst einen aus meiner subjektiven Sicht sehr guten, wichtigen Job, auch wenn ich nicht mit allen Deinen Postings bzw. den zitierten Quellen konform gehe. Umso unerklärlicher ist es mir, weshalb Du ausgerechnet einer Frau Wagenknecht, die nun ganz offen gegen linke Selbstverständlichkeiten wie das Asylrecht (jenseits der beschnittenen Perversionen durch SPD, CDU, FDP und die Grünen) argumentiert, das Wort redest.

Es sind nicht prominente Personen des aktuellen Politbetriebes, die den Karren aus dem Dreck ziehen könnten. Nie und nimmer. Und ganz gewiss sind es nicht materiell gut versorgte TeilnehmerInnen dieses Systems. Wenn Du daran glaubst, bist Du tatsächlich nicht weit von den Esos entfernt, die Choräle singen und irgendwelchen obskuren, lächerlichen "Weisheitslehrern" folgen.

"Die Geschichte lehrt, aber sie hat keine Schüler." (Ingeborg Bachmann)

Liebe Grüße!

Der Parlamentarier hat gesagt…

Wenn Kipping schon keine guten Absichten verfolgt, dann muss das doch die Wagenknecht tun! Oder? Oder?? Oder??? Ich entschuldige mich für meinen Lachflash.

jakebaby hat gesagt…

"Die Geschichte lehrt, aber sie hat keine Schüler."
Da gibt es ein paar Schueler, die der bisherigen Geschichte absolut gerecht werden und Folge leisten. ... gewaehlte Schueler vieler weiteren Folgeleistenden.

Arbo hat gesagt…

Offen gestanden ist mir Frau W. einfach unsympathisch. Da steht sie mit feschen Anglerhosen bereits reichlich tief im Sumpf und hält das Publikum wirklich für so blöde, um darauf insistieren zu können, dass sie doch gar nicht im Trüben fischen wolle... Gut, bei einem Teil mag das funktionieren. Jetzt ist wieder von 'Kampagne' die Rede. Die NDS rotieren bitweise im elektronischen Nirvana und mosern gegen Riexinger und Kipping.

Was bei der ganzen Chose untergeht, ist, dass es die Stiefel von Frau W. sind, die schlammige Spuren auf dem roten Teppich hinterlassen - und sie uns das als linkes Batik verkaufen möchte. Ich meine, mensch kann ja die Linke abschreiben. Kapitalismuskritik? Geschenkt. Aber dass sich 'linkes' 'Spitzenpersonal' offen ausländerfeindlich in einer sich dezidiert als 'links' verstehenden Partei gibt, dass die Schwächsten gegeneinander ausgespielt werden... dass sie (Frau W.) dieses menschenfeindliche Denken dort hoffähig macht, das ist schon echt übel.

Kritisiert wird u.a. von ihr der Riexinger: In feucht-fröhlicher Laune im vermeintlich diskreten Kreise soll er gemeint haben, dass Frau W. nicht 'abgeschossen' werden kann, sondern mehr oder minder gegen eine Mauer laufend 'gegangen werden' muss. Interessanterweise ist sich Frau W. nicht zu schade, um ausdrücklich und namentlich darauf hinzuweisen, dass sie das auch (!) aus dem Schmierblatt hat, mit dem mensch - frei nach Pispers - keine toten Fische einwickeln möchte, um sie nicht posthum zu beleidigen. Interessant finde ich auch, dass dies (Zitat von Riexinger) ein Zeugnis der Kräfteverhältnisse in der Linken liefert. Die rechten Positionen scheinen mittlerweile ziemlich stark. Irgendwie kann ich da den Riexinger schon verstehen. Und wenn ich ein 'Linker' wäre, der mit der Linken - allen kritischen Einwänden zum Trotz - zumindest noch etwas 'Linkes' verbände, würde mich der Rechtsruck von Frau W. auch mehr als beunruhigen. Wie gesagt, Frau W. stapft mit schlammigen Stiefeln auf dem roten Teppich herum und wundert sich, wenn dann ein paar Leute sagen 'Hey, der Teppich hat braune Flecke...'.

Was aber auch nervt, das ist die mediale Verlogenheit. Der Knatsch in der Linken ist ja ein gefundenes Fressen. Da wird dann Frau W. hier und da kritisch angegangen, aber eben aus dem 'falschen' Motiven. Und wer Frau W. für ihren 'Realitäts-Sinn' lobt, dem oder der geht es in der Regel lediglich um eine weitere Spaltung und Schwächung linker Positionen (und eine geistige Anbiederung an die Mitte). Frau W. ist das personifizierte Uboot. Das trojanische Pferd einer opportunistischen Haltung, die auch vor recht-konservativen Positionen nicht halt macht.

Insofern, Charlie, ist mir nicht nach Popcorn zu mute. Wie gesagt, Du kannst die Linke als abschreiben, als mittlerweile in der Mitte angekommen ansehen, die 'Kapitalismus-Kritik' von denen mit der Lupe suchend unter Ulk verbuchen. Aber dass eine Linke mit rechten Positionen als 'links' hausieren geht, da fehlen mir die Worte. (Den Vogel hatte übrigens Herr L. kürzlich abgeschossen.) Ich vermute, dass wir gerade die Um-Ettiketierung des Labels 'links' erleben. Und in der Dreistigkeit und Massivität, in der ich das gerade auf mich einprasseln sehe, bleibt mir jedes Popcorn im Halse stecken...

Charlie hat gesagt…

@ Arbo: Deinem Kommentar ist nichts hinzuzufügen. Danke. Ich schrieb ja nicht versehentlich am Schluss des Textes: "Mein Popcorn ist alle."

Verzweifelte Grüße!

Volker Birk hat gesagt…

“Ich hätte auch gerne eine schöne Utopie.” (Constanze Kurz)

@Charlie: Du unterschreibst mit “Verzweifelte Grüße!”. Das kommt dem nahe, wie ich mich angesichts der Lage fühle. Und was Parteien angeht, egal welche, schon das Konzept ist so kap0tt, dass es sicher nie zu etwas gutem führen wird. Darum ging es mir jedoch nicht.

Ich sprach von den Wohlmeinenden. Das sind nicht unbedingt diejenigen, die eine positive Wirkung haben. Sondern diejenigen, die eine positive Wirkung haben wollen, sich für eine gute Sache einsetzen.

Wir alle hier im Chat leben privilegiert in den kleinen Reichen-Inseln im Nordwesten dieses Planetens. Der Rest des Planeten wird radikal ausgebeutet. Hier dagegen sind die Armen fett statt dünn, weil man wohl darauf kalkuliert, dass der Einsatz von billigen Kalorien lohnt, weil der Hunger antreibt, bevor er verzweifeln lässt. Wer fett ist, steht nicht auf.

Hier also, in einem der Zentren der Ausbeutung, in Deutschland, wird marktradikale Politik für die EU und ihre Kolonien gemacht. Hier wird entschieden, was woanders direkt und indirekt Millionen frieren und hungern lässt, leiden und sterben.

Wer hier wenig verbessert, ändert für so viele alles.

Nicht für alle, keine Frage. Das System der Ausbeutung bleibt weiter bestehen. Wenn man es hier schaffen könnte, das Hertz-4-Repressionssystem auch nur abzuschwächen, würden Millionen weniger Hoffnungslosigkeit erfahren, aber für alle anderen wäre immer noch alles gleich. Wenn man es hier schaffen könnte, dass Deutschland sich weder direkt noch indirekt an Rohstoffkriegen beteiligt, dann würden Hunderttausende weniger leiden und sterben. Für Millionen andere wäre alles immer noch genau gleich.

Das ist tatsächlich nicht viel. Für die betroffenen jedoch schon. Für sie ist es ggf. alles.

Ich schreibe ja nicht nur mein Blog. Sondern ich habe mir eine Aufgabe gewählt, wie ich meinen kleinen Beitrag leiste, Teil der Lösung oder zumindest Teil dessen zu sein, was verbessert und nicht noch schlimmer macht. Und ich überlege mir täglich genau, wie ich vermeiden kann, fehlgeleitet zu werden und Schaden anzurichten. Ich weiss nicht, ob mir das gelingen wird, ich gehe ein Wagnis ein.

Weshalb ich jedoch die Wohlmeinenden anspreche: sie sind diejenigen, mit denen dauerhaft politisch gearbeitet werden kann. Sie gilt es zu gewinnen. Und sie sind es, die zynisch instrumentalisiert werden – man denke einfach mal an die sogenannte “Tafelbewegung”, eine der wohl abscheulichsten Widerlichkeiten neoliberaler Perversion.

Dort arbeiten so viele Wohlmeinende. Sie alle wären woanders so viel wichtiger. Mit ihnen könnte man so viel verbessern. Und hier werden sie gebunden. Wie könnte man sie aus dieser Verwirrung herausführen, und ihre Kraft und ihre Arbeit dort einsetzen, wo sie gute Wirkung entfalten würden?

Die Frage stelle ich exemplarisch. Wenn man überhaupt etwas bewegen möchte, wie kann man die Wohlmeinenden gewinnen?

Denn sie sind alles, was es gibt, um etwas zu bewegen.

Volker Birk hat gesagt…

@Troptard: Wenn Du vorschlagen möchtest, wie man viel, vielleicht sogar alles verbessern kann, ich bin ganz Ohr.

Volker Birk hat gesagt…

@Parlamentarier: Kipping und Riexinger sind ein einziger Alptraum. Das kann man noch nach unten steigern: Bodo Ramelow https://blog.fdik.org/2017-10/s1508256831

altautonomer hat gesagt…

Gut. Also reden wir über Personalien: Kipping, Riexinger, Wagenknecht, Bartsch, Ramelow und ihre Wasserträger denken wesentlich langfristiger, was ihre politischen Karrieren betrifft. "Wenn es bei der letzten Wahl nicht zu Minister- und Staatssekretärspöstchen gereicht hat, dann bereiten wir in den nächsten 4 Jahren den aussichtsreicheren Coup vor." Der Wanderprediger Gysi mit Dauerabo in Talkshows hat es ja mit "Ehrensold" im EU-Parlament anscheinend bereits geschafft.

Das zeigt sich unter andrem in der notorischen Fixierung der beiden Bundesparteivorsitzenden auf den parlamentarischen Betrieb. Anstatt an der Basis Kampagnen ins Leben zu rufen, wollen sie Zeit, Energie und nerven in TV-gerechten Plenardebatten vertrödeln, wohl wissend, dass dem Publikum dort Demokratie simuliert wird, da ja alle Argumente bereits in den Fachaussschüssen ausgetauscht wurden.

Frauen wie Ulla Jelpke aus Dortmund, die lange Zeit als Parteilose für die PdL im Bundestag saß, regelmäßig in der JW publiziert und gute Basisarbeit in der Antifa macht, wurde "funktionslos" (nicht mal eine Vertreterin eines Vertreters!!)in die zweite Reihe verdrängt. Dazu fällt mir auch der äußerst unsolidarische Umgang mit Andrej Holm, Berlin, ein, den die eigene Partei im Stich ließ und nun mit dem Amt als parteiinternen Berater entschädigt hat.

Während Wagenknecht klar und überzeugt als völkisch interpretierbare Statements von sich gibt, ist Kipping in ihren Äußerungen manchmal radikal links, aber in Mimik und Rhetorik kommt sie bei mir extrem unauthentisch rüber, denn bei ihr hört sich alles wie auswendig gelernt an.




Troptard hat gesagt…

Willkürlich herausgeschnitten und ohne Kommentar:

Machtkampf in der Führung der Linkspartei
http://www.wsws.org/de/articles/2017/10/19/link-o19.html

"Die Linke reagiert auf das Ergebnis der Bundestagswahl und den Aufstieg der rechtsextremen AfD mit einem scharfen Rechtsruck, der sie innerlich zerreißt.
Die Partei hatte bisher vor allem in Ostdeutschland eine wichtige Rolle dabei gespielt, sozialen Widerstand unter Kontrolle zu halten und, wo sie Regierungspartei war, selbst soziale Angriffe durchzuführen. Diese Rolle ist nun gefährdet. In allen fünf ostdeutschen Bundesländern liegt die AfD deutlich vor der Linkspartei. Diese verlor insgesamt 400.000 ihrer Wähler an die AfD, vor allem unter Arbeitern und Arbeitslosen in ihren ehemaligen ostdeutschen Hochburgen.

Bundesweit konnte die Linke zwar ihr Ergebnis leicht verbessern, weil sie unter städtischen Mittelschichten, die sich bisher an der SPD oder an den Grünen orientiert hatten, neue Wähler gewann. Aber vom massiven Einbruch der Union und der SPD profitierten vor allem die AfD und die neoliberale FDP. Beide überholten Die Linke, die nun statt drittstärkste nur noch fünftstärkste Fraktion im Bundestag ist.
Wagenknecht reagiert auf den Einbruch der Partei im Osten und unter Arbeitern, indem sie das ausländerfeindliche Programm der AfD übernimmt. Sie und ihr Mann, der ehemalige SPD-Vorsitzende und Mitbegründer der Linken, Oskar Lafontaine, verfolgen seit längerem diesen Kurs.
Kurz nach der Wahl veröffentlichte Lafontaine dann einen Beitrag auf Facebook, der kurz danach auch in der Parteizeitung Neues Deutschland erschien. Darin macht er die „verfehlte Flüchtlingspolitik“ der Linkspartei für die „mangelnde Unterstützung durch diejenigen, die sich am unteren Ende der Einkommensskala befinden“, verantwortlich."

André hat gesagt…

Charlie und Sahra: "Alles Nazis außer ich"
http://www.zeit.de/2017/43/sahra-wagenknecht-die-linke-rassismus-vorwuerfe

Troptard hat gesagt…

@André,

bei der Sarah Wagenknecht, so wie überhaupt bei den heutigen Talkshow- Linken aus der Ehemaligen, da haben sich so manche Westlinke gerne mal die Finger dran verbrannt.

Nur weil sie gemeint oder geglaubt haben, dass die aus dem Osten, weil sie eigentlich den richtigen, den wirklichen Sozialismus wollten, das auch wirklich so gemeint haben.

Und so habe ich die Sarah Wagenknecht ausgerechnet bei den "Antideutschen" in Hamburg beim Gremliza auf dem Podium gesehen. Da wurde sie noch als Kommunistin vorgestellt, bevor sie später dann für den Kapitalismus à la Ludwig Erhardt, den Kapitalisten mit der fetten Zigarre im Maul, ihre Vorliebe entdeckt hat.

Und auch ein Thomas Ebermann konnte dem Charme einer Katja Kipping nicht widerstehen und mit ihr über Rassimus diskutieren.

Das sind bestimmt alles nur ganz furchbar nette Zeitgenossen, die sich ganz,ganz viele Gedanken darum machen, wie das zunehmend soziale Elend abgemildert werden kann.

Und so habe ich zuverlässig den Eindruck, dass es bei den sog. Linken sowie bei den sog. Rechten nur um Konkursverschleppung geht.

"Irgendwie muss es doch weitergehen! Ist doch immer irgendwie weitergegangen."

altautonomer hat gesagt…

Troptard: Wagenknecht und Kipping sollen dankbar sein, dass Leute wie Ebermann und Gremlitza ernsthaft mit ihnen diskutierten. Gysi ist gerade noch anschlussverwendbar, in Begleitung von Bodo Ramelow in Aachen den diesjährigen Orden wider den tierischen Ernst entgegen zu nehmen.

Arbo hat gesagt…

@altautonomer:

"Während Wagenknecht klar und überzeugt als völkisch interpretierbare Statements von sich gibt, ist Kipping in ihren Äußerungen manchmal radikal links, aber in Mimik und Rhetorik kommt sie bei mir extrem unauthentisch rüber, denn bei ihr hört sich alles wie auswendig gelernt an."

Das liegt sicher an der Sozialisation. Alle Gruppenratsvorsitzende (in DDR-Klassenverbänden) o.ä. klangen in meinen Augen so. ;-) Ernsthaft: Ich denke, dass die es einfach unsicher ist und es nicht besser kann. Kann ja nicht jedeR eine große rhetorische Leuchte sein. Da meint sie wahrscheinlich, sie müsse das auswendig lernen...

Jedenfalls wirkt Kipping so auf mich.

Und wenn ich ehrlich bin: Schau Dir mal Frau W. früher an... die klang genau so. Einfach nur Parolen, Text etc. runterspulen. Frau W. scheint aber einen Image-Berater gehabt zu haben. Ein wenig von der Unbeholfenheit schimmerte bei ihr letztens im Heute-Journal durch. Da hatte Slomka was kritisches gefragt (wie es in der Fraktion weitergehen soll, nach diesen offenbar unüberbrückbaren Differenzen) - und da sah' sie aus wie ein Fisch an Land.

Ansonsten möchte Frau W. zwar eloquent wirken, aber mein Eindruck ist, dass das eher eine einstudierte, aber dennoch ungelenke Eloquenz ist. Da kommen ja auch fast immer die gleichen Floskeln. Im Grunde ist das GruppenratsvorsitzendeR-Niveau 2.0. ;-) Jedenfalls kann die in meinen Augen keinen eigenen Gedanken fassen. Die schnappt was auf, hechelt ideologisch hinter irgendwas her... wechselt vielleicht mittelfristig mal das ideologische Fundament (von kommunistischer Platzform zu Erhards Sozialer Marktwirtschaft)... aber sitzt halt immer irgendwie auf einer Welle. Ich meine, die mag in manchen Ohren 'kluge' Sachen von sich geben, aber richtig originell war da doch nichts bisher. Ich kann mich jedenfalls an keinen interessanten eigenen (!) Geistesblitz von ihr erinnern.

Was Frau W. für mich noch 3x unsympathisch macht: Sie weiß um ihre mediale Anziehungskraft und spielt das zynisch aus.

Für mich bislang schwer erkennbar: Ist das Verhalten gegenüber Frau W. von Riexinger und Kipping tatsächlich von einem anti-faschistischen Restbestand motiviert oder geht's allein um Machtspielchen?

LG
Arbo

Charlie hat gesagt…

@ Volker: Deine sicherlich gutgemeinte Frage "Wenn man überhaupt etwas bewegen möchte, wie kann man die Wohlmeinenden gewinnen?" greift aus meiner Sicht leider zu kurz. Zunächst sollte ja klar sein, wer da was bewegen möchte - allein in diesem schwammigen Feld gibt es schon dreißig verschiedene Meinungen und Abstufungen, wenn auch nur 10 Leute diskutieren.

Sicherlich wäre einer Menge Menschen geholfen, wenn - um mal ein Beispiel herauszugreifen - die menschenfeindlichen Sanktionen im Hartz-Terror-System abgeschafft würden. Die sind allerdings das zentrale Instrument, auf dem dieses ganze perfide Gesetzeswerk aufbaut - ohne Sanktionen wäre das zwar immer noch staatliche Zwangsverarmung, würde seinen Sinn der Drangsalierung und Schikane aber verlieren, so dass niemand mehr zu sinnfreien "Maßnahmen", unbezahlter Zwangsarbeit oder in die prekäre Beschäftigung gezwungen werden könnte. Glaubst Du denn allen Ernstes, dass die Bande ihren größten Trumpf auf diesem Gebiet tatsächlich wegwerfen würde? Selbst wenn die Linkspartei in einer - utopischen - Regierungskoalition mit SPD und vielleicht den Olivgrünen am Ruder säße, käme es im Leben nie zu einer Abschaffung der Sanktionen. Und dafür verwette ich meinen Arsch.

Der Hartz-Terror ist aus kapitalistischer Sicht nur dann effektiv, wenn der Staat Betroffene willkürlich gängeln, schikanieren, in pure Existenzangst stürzen und sie zudem dazu zwingen kann, jedwede "Arbeit" zu jeder Bedingung anzunehmen. Dieses perverse, geradezu faschistoide Instrument wird die Bande freiwillig nicht wieder preisgeben.

Dasselbe trifft in ähnlicher Form auf die meisten übrigen Bereiche (beispielsweise Rente, Gesundheitssystem, Steuern etc.) ebenfalls zu. Wenn es da oder dort mal "Verbesserungen" geben sollte - was ich für äußerst unwahrscheinlich halte -, dann werden diese so marginal ausfallen, dass es sich nicht einmal lohnt, darüber auch nur zu sprechen. Die Linkspartei hat auf Länderebene in Regierungsverantwortung doch nachhaltig und wiederholt bewiesen, was man von ihr zu erwarten hat.

Dieses System ist nicht reformierbar. Es gehört rückstandslos abgeschafft. Die beschworene Politik der "kleinen Schritte" ist ein infantiles Ammenmärchen, das seit über hundert Jahren immer und immer wieder erzählt wird, ohne dass sich an der feudalen Klassengesellschaft der wenigen (freien) Reichen und vielen (abhängigen) Armen etwas verändert hätte. Es ist sehr verwunderlich, dass es von vielen Menschen trotzdem noch immer geglaubt wird.

Daher: Revolutionäre Grüße! :-)