Freitag, 10. März 2017

Song des Tages: The Wolven Storm




(Marcin Przybyłowicz: "The Wolven Storm (Priscilla's Song)", aus dem Soundtrack zu dem Spiel "The Witcher 3: Wild Hunt", 2015; Coverversion von Malukah, 2015)

These scars long have yearned for your tender caress
To bind our fortunes, damn what the stars own
Rend my heart open, then your love profess
A winding, weaving fate to which we both atone

You flee my dream come the morning
Your scent – berries tart, lilac sweet
To dream of raven locks entwisted, stormy
Of violet eyes, glistening as you weep

The wolf I will follow into the storm
To find your heart, its passion displaced
By ire ever growing, hardening into stone
Amidst the cold to you in a heated embrace

You flee my dream come the morning
Your scent – berries tart, lilac sweet
To dream of raven locks entwisted, stormy
Of violet eyes, glistening as you weep

I know not if fate would have us live as one
Or if by love's blind chance we've been bound
The wish I whispered, when it all began
Did it forge a love you might never have found?

You flee my dream come the morning
Your scent – berries tart, lilac sweet
To dream of raven locks entwisted, stormy
Of violet eyes, glistening as you weep



Anmerkung: Es ist nur eine Randnotiz, dass diese jugendliche Sängerin aus Mexiko eine Strophe des Songs sowie einen Refrain wie selbstverständlich in polnischer Sprache singt. Möglicherweise ist die Menschheit doch noch nicht dem unvermeidlichen Untergang geweiht.

Donnerstag, 9. März 2017

Wissenschaft versus Religion: Ein Widerspruch?


Es gibt zahlreiche Beispiele für die These, dass nicht wenige anerkannte Wissenschaften, die selbstverständlich an Universitäten und Fachhochschulen gelehrt werden und in denen reichlich Forschungsarbeit betrieben wird, tatsächlich eher semireligiöse Glaubenslehren sind. Als Beispiele sind – aus im Rahmen dieses Blogs wohlfeilen Gründen – die Ökonomie (BWL/VWL) zu nennen oder auch die Astronomie (Kosmologie). Letztere fußt zwar auf physikalischen Erkenntnissen, die im von Menschen erlebbaren Raum durchaus als gesichert gelten können, besteht aber dennoch zu weiten Teilen aus bloßen Spekulationen – wie beispielsweise der in dieser Disziplin generell gehegten Vermutung, "Leben" auf anderen Planeten könne nur in einem ganz besonders engen – natürlich "erdähnlichen" – Rahmen entstehen, der u.a. ein fest definiertes Temperaturspektrum, das Vorhandensein von flüssigem Wasser und diverse weitere gemauerte "Säulen" umfasst. Die Liste der Beispiele allein aus dem Fachbereich der Kosmologie, der mich persönlich sehr interessiert, ist schier endlos – dazu weiter unten noch mehr.

Ein anderer Wissenschaftszweig, der auf ähnlich tönernen Füßen zu stehen scheint, ist die Ernährungswissenschaft. In einer Rezension zu dem Buch "Ernährungswahn" von Uwe Knop aus dem Jahr 2016 las ich kürzlich bei "Wissenschaft aktuell":

Die Liste der möglichen Ernährungsphilosophien und Nahrungsmittelunverträglichkeiten scheint nahezu endlos. Nicht selten kommt es einem heutzutage so vor, als sei die Nahrungsaufnahme beinahe schon zur Ersatzreligion avanciert. Um die richtige und falsche, gesunde und ungesunde Ernährung ranken sich mehr Mythen, Ideologien, Ratschläge und Dogmen denn je.

In einem Radio-Interview beim WDR legte der Autor, der selbst Ernährungswissenschaftler ist, vor einigen Tagen nach:

Das sind Studien, die keine Kausalitäten liefern können, also Ursache-Wirkungsbeziehungen. Sie liefern nur ganz schwache, vage Korrelationen im Ernährungsbereich. Das sind statistische Zusammenhänge. (...) / Dafür gibt es keinen wissenschaftlichen Beweis, dass Obst und Gemüse irgendeinen Effekt auf die Gesundheit haben. Das wird immer gerne aus dem Bereich der Ernährungsfunktionäre und Ernährungsinstitutionen propagiert. Aber sie haben keinen Beweis dafür. Auch dafür, dass man fünfmal am Tag Obst und Gemüse essen soll, wie eine Kampagne sagt, gibt es keine Beweise.

Das ist ein weiteres, sehr anschauliches Beispiel für die große, giftige Nebelwolke, die heute mehr denn je um die hehre, seriöse Wissenschaftlichkeit wabert. Weder in den Medien, noch in gewissen Teilen der wissenschaftlichen Fakultäten wird beispielsweise mehr ein erkennbarer Unterschied zwischen Evidenz (logischer, nachvollziehbarer Beweis) und einer vermuteten Korrelation, die anhand irgendwelcher Studien "nachgewiesen" werden soll, benannt. Die Beispiele, die Knop im Interview nennt, veranschaulichen das sehr gut: Obwohl dieses Interview vom WDR ausgestrahlt und ins Netz gestellt wurde, sind die meisten anderen Beiträge dieses Senders, die sich dem Thema Ernährung widmen (und das sind verdammt viele!), durchsetzt mit nebulösen, teils obskuren Ratschlägen, Tipps und sogar Diätanleitungen, die allesamt auf irgendwelchen Glaubensgrundsätzen beruhen, mit Wissenschaftlichkeit aber soviel zu haben wie die CDU oder SPD mit Seriosität.

Es bleibt also festzuhalten, dass stets dann eine große Skepsis angesagt ist, wenn sich irgendwer vornehmlich oder gar einzig auf "Studien" beruft – die sind nämlich oft genauso aussagekräftig wie die Bibel oder der Koran. Insbesondere muss dann nachgeprüft werden, wer besagte "Studien" in Auftrag gegeben und/oder finanziert hat, und wie sie "angelegt" sind: Mit der "richtigen" Fragestellung und Konstruktion der "Untersuchung" lassen sich bekanntermaßen nahezu beliebige, schon vorher festgelegte Ergebnisse erreichen. Ich gehe jede Wette ein, dass ich mit einer entsprechenden Studie mühelos "nachweisen" könnte, dass LeserInnen dieses Blogs mit einer 30prozentig erhöhten Wahrscheinlichkeit an einer verschluckten Erdbeere ersticken als LeserInnen der Springer-Presse. Die Wissenschaft und die Medien folgerten sodann daraus: "Narrenschiff böse, Springer gut".

Welche bizarren Stilblüten die Wissenschaft sonst noch so hervorbringt, lässt sich beispielsweise auch in dem unten genannten Buch des Physikers Frank Tipler nachlesen, in dem der Mann allen Ernstes den "physikalischen Beweis der Existenz Gottes" zu führen versucht. Im Klappentext heißt es:

Die Auferstehung der Toten, die Existenz von Himmel und Hölle und Gott sind physikalisch belegbar – das ist die These des international renommierten Physikers Frank J. Tipler. Mit der analytischen Schärfe eines Naturwissenschaftlers und mit physikalischen Argumenten rekonstruiert er fundamentale Glaubenssätze der Religion und beweist, dass Gott existiert und dass das ewige Leben des Menschen nicht Glaubens-, sondern Tatsache ist. Ein Manifest zur Versöhnung von Wissenschaft und Religion, von Verstand und Gefühl.



(Frank Tipler: "Die Physik der Unsterblichkeit. Moderne Kosmologie, Gott und die Auferstehung der Toten", Piper [sic!] 1994 sowie dtv [sic!] 1995)

Das sehr umfangreiche, schwer lesbare Buch hat einen knapp 130seitigen "Wissenschaftlichen Anhang", der aus für den Laien unverständlichen mathematischen Formeln und "erklärenden Texten" besteht, die eben diesen "Beweis" nachvollziehbar machen sollen. – Und der Osterhase grinst schelmisch aus einer dunklen Ecke und trägt inzwischen einen quietschgelben Doktorhut, während er weiterhin nach der Unsterblichkeits-Formel sucht.


(Scan aus dem "Wissenschaftlichen Anhang" des "Gottesbeweises")

Dienstag, 7. März 2017

Wissenschaft, Verschwörungstheorien und Esoterik


Ein Gastbeitrag von Arbo Moosberg

NSU, NSA, Snowden, Ramstein und Drohnen sowie die Armutsberichte der Bundesregierung sind nur einige wenige Beispiele, die genügend Stoff liefern, um "offiziellen" Darstellungen von Regierungen grundsätzlich und mit gutem Grund skeptisch gegenüber zu treten. Daraus speist sich letztlich die Notwendigkeit und Bedeutung von kritischen und alternativen Medien und Medienformaten wie u.a. Makronom, Wirtschaft und Gesellschaft oder Tilo Jung. Zu diesem Kreis zählen für viele auch die Nachdenkseiten (NDS).

Am 7. September 2016 wurde dort ein Beitrag zu 9/11 eingestellt, der an der "offiziellen" Darstellung des Anschlags auf das WTC zweifeln lässt. Nun will ich gerne zugestehen, dass das ein kontroverses Thema ist und es auch Gründe geben kann, gerade die offiziellen Darstellungen zu kritisieren. Aber wer den Beitrag auf den NDS las, der oder die musste sich verwundert die Augen reiben, da der Beitrag vom Niveau her locker aus der "Truther"-Bewegung (Wikipedia) stammen könnte. Die ewigen Besserwisser mögen nun mit Häme einwenden, dass der Qualitätsverlust der NDS doch schon länger greifbar gewesen sei. Spätestens mit dem Weggang von Wolfgang Lieb (23.10.2015) hätte ein nun für alle sichtbarer Grund vorgelegen, die NDS stärker zu hinterfragen. Dennoch hatte ich persönlich nicht mit einem solchen Tiefpunkt gerechnet. Ich war deshalb reichlich schockiert, dass die Leserinnen und Leser hier mit diesem Beitrag in den Sumpf esoterischer Verschwörungstheorien (VT) geführt werden sollten.

Einige Gründe, die den NDS-Beitrag als esoterisch und verschwörungstheoretisch einordnen lassen, finden sich auf endless.good.news. Vor diesem Hintergrund möchte ich auf einen Artikel von Kai Ruhsert verweisen, der im Januar 2017 auf dem "Blog der Republik" (BdR) publiziert wurde und sich kritisch mit einem Video-Vortrag über den Anschlag auf das WTC auseinandersetzt. Interessant ist Ruhserts Artikel deshalb, weil viele der dortigen Argumente auch auf den besagten NDS-Beitrag übertragen werden können. Aber noch interessanter wird dieser Artikel dadurch, dass Ruhsert selbst einmal bei den NDS tätig war und zu seiner Zeit der besagte NDS-Beitrag zu 9/11 sicher nicht publiziert worden wäre. Allerdings zeigt die Diskussion, die sich in den Kommentaren zu Ruhserts Kritik auf BdR entspann, ein sehr grundlegendes Problem im Umgang mit Esoterik und esoterischen VTs im Speziellen. Vom naturwissenschaftlichen Weltbild der "wahren Fakten" ausgehend mag es nämlich konsequent sein, "fakes", Halb- und Unwahrheiten sowie Manipulationsversuche durch Sachargumente, "Fakten" usw. zu entkräften. Doch droht die Diskussion dann in Fachdetails abzudriften und sich auf Nebenschauplätzen zu verlaufen. Wer als Laie ohne Fachwissen diese Debatten verfolgt, ist deshalb vor das Problem gestellt, ob und wem geglaubt werden kann.

Allerdings liefern oft bereits die Art der Argumente, ihr Kontext sowie die konkrete Struktur der Argumentation und (ggf.) Diskussion erste Anhaltspunkte dafür, was – auch ohne Fachdetails kennen zu müssen – von den jeweiligen Beiträgen und Aussagen zu halten ist. Zur Klarstellung will ich betonen, dass ich damit nicht das Gewicht einer "Fakten"-, Fach- und Detaildiskussion schmälern möchte. Aber wer über kein Fach- und Detailwissen verfügt, dem oder der hilft die Sensibilität für bestimmte Argumentationsstrategien oder -muster, um Fragen zu stellen, deren Antworten zumindest ein wenig Orientierung in der Einschätzung bestimmter Aussagen, Darstellungen usw. liefern.

Von Zirkelschlüssen bis Schopenhauer

Das fängt bei ganz allgemeinen Argumentationsmustern wie logischen Zirkeln bzw. Zirkelschlüssen an, wo eine Argumentationskette aufgebaut wird, an deren letzter Stelle der Verweis auf ein bereits erwähntes Argument erfolgt. Verfeinert werden kann diese Technik dadurch, dass die Argumentationskette über eine "lange Strecke" aufgebaut wird (d.h. verschiedene Absätze, Seiten, Kapitel usw.). Leserinnen und Lesern ist dann nicht immer sofort bewusst, dass es sich um logische Zirkel handelt. Etwas erscheint dann als "begründet", obwohl es nur die Wiedergabe eines bereits genannten Arguments ist.

Ein anderes Argumentationsmuster läuft auf Argumente hinaus, die nicht mehr hinterfragt werden oder hinterfragt werden sollen oder können. Gemeint ist damit der Verweis auf "Selbstevidenz", Selbstbegründung, "Selbsteinsicht", Intuition oder Erfahrung. Der Klassiker ist der Verweis auf den "gesunden Menschenverstand". Vorsicht ist deshalb angebracht, weil die Frage im Raum steht, wer festlegt, was "gesund" und "Menschenverstand" (also "vernünftig") ist. Sobald der Verweis auf den "Menschenverstand" erfolgt, kann jedenfalls mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass es hier nicht ums "Verstehen" eines Sachverhalts geht, sondern darum, dass eine Behauptung einfach "geglaubt" werden soll.

Aktiv bewirkt werden kann dieser Effekt zum Beispiel durch das Zeigen eines Fotos oder eines Videos, bei dem die entsprechende Interpretation gleich mitgeliefert wird: Die Kritik von Kai Ruhsert (BdR) hinsichtlich der Verwendung einer ganz bestimmten Videosequenz, die dem Publikum den Eindruck eines symmetrischen Einsturzes des WTC-7-Gebäudes vermittelt, läuft im Grunde auf diese Strategie hinaus. Das Publikum sieht dann in unmittelbarer Erfahrung, dass das WTC-7 symmetrisch eingestürzt ist und dann muss es wohl auch so gewesen sein. Der Trick ist, dass unmittelbar wohl auch niemand auf die Idee kommt, das zu hinterfragen. (Was auch am "Gruppeneffekt" liegen kann. Denn das, was gezeigt wurde, das ist eine "Gruppenerfahrung", und wer stellt sich gerne gegen die Gruppe?)

Darüber hinaus gibt es auch verschiedene Immunisierungsstrategien. Diese können darauf gerichtet sein, bestimmten Kritikpunkten präventiv – also im Vorfeld – bereits den Wind aus den Segeln zu nehmen, z.B. durch "Leerformeln" bzw. schwammige Begriffe oder Aussagen oder den eben erwähnten Verweis auf den "gesunden Menschenverstand". Aber auch über längere Argumentationssequenzen (Artikel- und Buchserien) und in konkreten Diskussionen können Immunisierungsstrategien beobachtet werden. Diese modifizieren den Gehalt oder die Ausrichtung der ursprünglichen Aussage. Das kann einerseits erneut durch die eben genannten Präventivstrategien erfolgen, aber andererseits auch durch die Ausweitung der ursprünglichen Aussage, die Verlagerung ursprünglich genannter Gründe oder durch andere rhetorische Finten, wie z.B. das bewusste Abdriften in Details, das Werfen von "Nebelkerzen" oder das Ausnutzen von Wissensdefiziten.

Der Fantasie sind hier kaum Grenzen gesetzt, weshalb ich an dieser Stelle der Einfachheit halber auf Schopenhauers "Eristische Dialektik" (Wikipedia) verweisen möchte, die zahlreiche Argumentationsstrategien bereithält und auch für den Umgang mit Esoterik und VTs aktuell ist. Wegen des zum Teil recht illustrativen Wortlauts empfehle ich auf jeden Fall einen Blick ins Original (z.B. beim Projekt Gutenberg).

Da Immunisierungsstrategien nicht immer auf den ersten Blick erkennbar sind, kann es ratsam sein, sich bei Debatten und Artikeln, bei denen Esoterik vermutet wird, erst einmal zurückzunehmen und sie aus einer gewissen Distanz zu betrachten. Wenn die Kritik an bestimmten Aussagen, Darstellungen etc. dem Versuch gleicht, den bekannten Pudding an die Wand zu nageln, dann deutet das auf Immunisierungsversuche hin. Hilfreich kann es sein, nach dem "springenden Punkt" – also den zentralen Argumenten – zu fragen. Welche Argumente bilden das Fundament der Aussagen? Hilfreich wird es dann ebenso, bei den als "zentral" empfundenen Argumenten nachzuhaken, was denn eigentlich genau gemeint ist. Wenn darauf nur Leerformeln geliefert werden (also keine Kriterien, mit denen eine Aussage oder ein Argument auch abgelehnt werden kann), dann liegt ziemlich sicher ein Immunisierungsversuch vor. Ein wichtiger Prüfstein findet sich außerdem in der Frage, ob es sich hinsichtlich bestimmter Aussagen, Darstellungen etc. auch anders verhalten kann als es vorgegeben wird. Gibt es die Argumentation her, auch eine ganz andere Schlussfolgerung zuzulassen? Wenn nicht, dann sollte mensch große Skepsis walten lassen.

Von der Theorie zur Praxis

Neben Schopenhauers allgemeinen Argumentationsstrategien können weitere Argumentationsmuster benannt werden, die mir in esoterischen Beiträgen – zu denen auch Verschwörungstheorie-Beiträge zählen – geradezu archetypisch auffallen. Davon seien ein paar kursorisch genannt, die sich zum Teil auch im erwähnten NDS-Beitrag finden lassen.

  1. Präventive Distanzierung und Umdeutung: Um dem negativen Ruf esoterischer Verschwörungstheorien entgegenzutreten, mag es hilfreich sein, den entsprechenden Vorwurf aktiv aufzugreifen und zu thematisieren. Dies kann z.B. durch eine Distanzierung von "esoterischen" Verschwörungstheorien erfolgen, wobei die eigene VT natürlich als "seriös" dargestellt wird. Diese Distanzierung ist auch im erwähnten NDS-Beitrag zu finden, wobei sich die Frage stellt, inwiefern die dort genannten esoterischen VTs nicht vielleicht sogar nur Strohpuppen oder "rosa Elefanten" sind (Distanzierung von VTs, gemäß der das WTC mit Atombomben gesprengt worden sei oder gar keine Flugzeuge existiert hätten). Begleitet ist diese Strategie von der präventiven Umdeutung. Das, was "esoterische" Verschwörung ist, wird dort auf eine so harmlose wie kritisch notwendige Infragestellung "offizieller" Darstellungen reduziert. Zusammen ergibt beides eine recht clevere Strategie, denn indem die Distanzierung von offensichtlich abstrusen esoterischen VTs erfolgt, wird auf der anderen Seite durch die Umdeutung genau diesen VTs die Türe geöffnet. Der besondere Trick liegt auch darin, das eigentliche Problem esoterischer VTs zu überspielen. Es ist nämlich nicht so, dass esoterische VTs abstrus sein müssen, sondern im Gegenteil, dass sie durch das Erheischen von "Glaubwürdigkeit" fragwürdige und einseitige Erklärungsmuster bieten und bestimmte Vorbehalte verstärken können (z.B. Antisemitismus, Antiamerikanismus, Anti-Islamismus etc.) oder schlicht darauf abzielen, uns das Geld aus der Tasche zu ziehen (z.B. über Buchverkäufe oder Klicks auf Youtube).

  2. Das Prinzip gewandelter Verleugnung: Um eine esoterische VT glaubhaft zu machen, kann es eine Strategie sein, diese erst einmal zu verleugnen. Im Gegensatz zur eben erwähnten präventiven Distanzierung läuft diese Verleugnung aber darauf hinaus, sich vorgeblich – zum Teil widerwillig – von den "Fakten" der VT belehrt haben zu lassen. Mensch hat es nicht glauben wollen, aber die "Fakten" haben keine andere Schlussfolgerung zugelassen. Der rhetorische Effekt ist dabei, dass ich den Leser- und ZuhörerInnen meine (ursprüngliche) Fehlbarkeit zeige und dadurch Sympathien wecke, die mich seriös oder zumindest "glaubhaft" erscheinen lassen. Genau diese Strategie ist auch im erwähnten NDS-Beitrag zu erleben.

  3. Ich weiß es auch nicht besser: Ein ähnlicher Trick ist es, wenn ich betone, es auch nicht genau zu wissen. Ich mache mich damit ebenfalls "verletzlich" und "fehlbar". Gerade bei Themen, bei denen Fachwissen gefragt ist, kann ich so aber auch eine emotionale Brücke zum Publikum bauen, das aller Wahrscheinlichkeit nach selbst nicht über das Fachwissen verfügt. Im Grunde lässt sich damit aus der Not eine Tugend machen, wenn ich als Fachfremder mir die notwendigen Fachkenntnisse aneignen musste. Die Botschaft dahinter: Seht her, mir ging’s auch nicht anders, ich wusste – wie Ihr – nichts, habe mich deshalb erstmal mit der Materie beschäftigen müssen und dann festgestellt, da stimmt doch was nicht.

  4. Wissenschaftlichkeit und Quellen-Autorität: Um seriös zu wirken, arbeiten esoterische VTs oft mit wissenschaftlichen Fachbegriffen. Ein gutes Beispiel für das Einkleiden in wissenschaftliche Fachbegriffe und Argumente hatte ich selbst einmal vor langer Zeit hier im Blog angesprochen, als es um den Salzboom (Himalaya-Salz) ging, was natürlich umso besser funktioniert, wenn auf nicht vorhandenes Fachwissen gebaut werden kann. Bestimmte Bezeichnungen, wie z.B. Institut und Studie sind rechtlich gesehen frei verwendbar. Ähnlich wirkt das besondere Hervorheben wissenschaftlicher Attribute, wenn also im Text ganz besonders und/oder wiederholt betont wird, dass eine Person "Wissenschaftler(in)" ist (z.B. mehrmaliger Verweis darauf, längerer Verweis auf die Forschungsinstitution, Verweis auf Literaturliste, Forschungsgegenstand oder "eine neue Studie"). Das sollte erst einmal vorsichtig werden lassen und zu einer kurzen Recherche anhalten. In dem Sinne ist der Verweis auf Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie wissenschaftliche Publikationen ein beliebtes Stilmittel. Der Knackpunkt ist hier, dass oft die entsprechende Einordnung fehlt, so dass Dritte nur zur Kenntnis nehmen können, dass da irgendwas mit "Wissenschaft" im Zusammenhang steht. Klarzustellen ist, dass es natürlich auch in der Wissenschaft Minderheitenpositionen gibt und es fatal wäre, diese allesamt als "unwissenschaftlich" darzustellen (selbst wenn das in den Wissenschaftskreisen gerne gemacht wird). Mein Punkt hier ist aber, dass sich diese marginalisierten WissenschaftlerInnen wohl auch selbst oft entsprechend verorten. Wenn ich z.B. im Diskurs um Wirtschaftspolitik einen Gewerkschaftsökonomen, einen Marxisten oder Keynesianer habe, dann werden die sich vielleicht selbst so bezeichnen. Zumindest sind sie im Diskurs zuordenbar. Gerade bei heiklen Themen, wie sie die esoterischen VTs immer behaupten aufzugreifen, ist diese Einordnung aber notwendig. In den esoterischen VTs unterbleibt aber oft diese Einordnung. Im übelsten Falle ist es dann also Vorsatz, um davon abzulenken, dass die Quelle und Position vielleicht doch nicht so seriös sind. Im "einfachsten" Falle mag es schlicht Faulheit sein, weil die Einordnung Arbeit macht und dann vielleicht doch mehr Einarbeitung in Fachdebatten erfordert, als zur Bestätigung der eigenen Meinung notwendig ist. Egal, was zutrifft, ein Schuss ins Knie der Glaubwürdigkeit ist es dennoch. Wenn also immer wieder WissenschaftlerInnen oder Studien zitiert werden, ohne dass eine Einordnung erfolgt, darf auch das Anlass zur Skepsis sein.

  5. Tarnkappen-Argumente: Beobachten lässt sich auch die Taktik, den eigentlichen "verschwörerischen" Tobak in "Nebensätze" zu schieben oder als "Nebenaspekt" zu tarnen. Im oben erwähnten Beitrag zu 9/11 auf den Nachdenkseiten wurde das mit der Behauptung gemacht, dass die Flugzeuge elektronisch ferngesteuert in die Wolkenkratzer flogen. Die dann weiter dahinter liegende – aber nicht ausbuchstabierte – Verschwörungsfrage hängt natürlich mit der Frage zusammen, wer (warum) die Flugzeuge (fern)gesteuert habe.

  6. Wir-gegen-die-Konstruktion: Ein weiteres Merkmal von Verschwörungstheorien ist die Konstruktion von Gegensatzgruppen. Typischerweise sind das a) die "Verschwörer" und b) die, die die "Verschwörung" erkennen. Weil das aber zu offensichtlich ist, kann hinsichtlich a) auch verallgemeinert vom "Mainstream" gesprochen werden. Auch das ist im NDS-Beitrag zu finden – einmal direkt, aber auch indirekt darüber, wenn sich AutorInnen als "Märtyrer" darstellen. Streng genommen kann auch differenziert werden nach 1) denen, die die "Verschwörungsfakten" kennen, 2) denen, die bestimmte "Verschwörungsfakten" nicht anerkennen, "gehirngewaschen" oder schlicht (zu) "dumm" sind, und 3) denen, die zu den "Verschwörern" zählen. Wichtig ist, dass dabei oft auch eine gewisse Wertigkeit mitgeliefert wird, d.h. 3) ist klar abzulehnen, 2) wird bestenfalls bemitleidet und muss "aufgeklärt" werden und 1) sind ganz klar die "Guten".

  7. Andeutungen: Esoterische Verschwörungstheoretiker sind nicht blöd und wissen, dass eine direkte Verschwörungszuweisung unseriös wirkt und wohl auch nicht oder nur sehr, sehr schwierig belegt werden kann. Es wundert daher nicht, dass die eigentliche "Verschwörung" oft nur angedeutet und im Subtext (zwischen den Zeilen) zu finden ist, sich gleichwohl aber zum Greifen nah befindet. Im erwähnten NDS-Beitrag wird z.B. nicht direkt gesagt, dass die US-Administration den Anschlag auf das WTC plante oder durchführte. Aber es wird von Manipulation der Deutungshoheit, von der vermutlichen Verstrickung des CIA, von ferngesteuerten Flugzeugen, Sprengung usw. gesprochen, die insgesamt auf genau diese Schlussfolgerung zulaufen. Ob das rhetorisches Kalkül ist, lässt sich schwer sagen. Der Effekt ist jedoch sicher nicht zum Nachteil der esoterischen VTlerInnen. Es wird nichts Genaues gesagt, also auch von keiner "Verschwörung" gesprochen. Wer den entsprechenden Personen eine esoterische Verschwörungstheorie vorwirft, der oder die kann sich nicht auf handfeste belastbare Aussagen berufen. Die Weste bleibt rein.

Zu diesen Strategien tritt z.B. das Ausblenden von Gegenmeinungen oder deren Verächtlichmachung (wer die "offizielle" Version glaubt, ist halt reichlich dumm).

Als weiteres Merkmal lässt sich beobachten, dass zu bestimmten Themen auf eine Quelle oder einen Autor immer und immer bevorzugt verwiesen wird und zwar sowohl innerhalb einzelner Beiträge, als auch über verschiedene Beiträge/Bücher hinweg oder sogar innerhalb der entsprechenden VT-Szene. Sarkastisch ließe sich dazu anmerken, dass dies wohl auch nicht anders sein kann, denn wenn in der Wissenschaft oder in den Medien insgesamt die Argumente einer "esoterischen" VT geteilt werden, würde es sich nicht mehr um eine "Verschwörung" handeln. Damit ließe sich auch nicht unbedingt die Aufmerksamkeit erreichen, die dann in bare Münze umgewandelt werden kann. Die VTler suchen sich folglich die Personen, Studien usw., die ihre Behauptungen stützen – und die liegen typischerweise in Randbereichen.

Das ist natürlich nichts, was nur in Kreisen von VT angetroffen werden kann. Selbst in der Wissenschaft und im Journalismus findet sich häufig das Phänomen, nur die "Fakten" und "Belege" wiederzugeben, die einer bestimmten (eigenen) Denkhaltung entsprechen. Natürlich gilt auch da, dass es auf den Kontext ankommt. Gleichwohl ist es auch in Wissenschaft und Journalismus nicht gerade ein Ausweis von Seriosität, sich im schlimmsten Falle nur auf eine Quelle oder eine äußerst überschaubare Zahl an Quellen oder Belegen zu berufen. Und ebenso wie ich dann die Qualität eines wissenschaftlichen Papiers bemängle, muss ich natürlich auch bei esoterischen VTs auf diesen Mangel verweisen. Wichtig ist mir an dieser Stelle, darauf aufmerksam zu machen, dass es zur Skepsis mahnen sollte, wenn immer wieder auf bestimmte Publikationen oder Personen verwiesen wird und diese Verweise eine gewisse Exklusivität aufweisen.

Schlussbemerkung

Die Liste an Argumentationsmustern und -strategien, die auf esoterische VTs hindeuten, kann sicherlich noch erweitert werden. Ich will es bei den obigen Ausführungen belassen und mir abschließend noch ein paar Klarstellungen erlauben.

Viele der Argumentationsmuster und -strategien im Esoterik-Bereich finden sich auch im Alltag, in der Wissenschaft, Politik und im Journalismus. Nicht immer handelt es sich um Esoterik oder eine esoterische VT, aber diese Muster sind aus naheliegenden Gründen besonders in den letzteren Bereichen anzutreffen. Die Existenz von esoterischen VT besagt ferner nicht, dass es nicht auch tatsächlich Verschwörungen gibt oder geben kann. Erinnert sei nur an das Hitler-Attentat aus den Kreisen der Nazi-Militärs, die Iran-Contra-Affäre / Irangate oder die Powerpointshow von Colin Powell. Die zentrale Frage ist hier aber, inwiefern eine seriöse Beschäftigung damit aussehen kann.

Tatsache ist aber auch, dass die unsaubere und zum Teil dogmatische Arbeitsweise in Wissenschaft, Politik und Journalismus selbst dafür sorgt, dass esoterische VTs auf fruchtbaren Boden fallen. Und das ist das eigentliche Problem an der Sache. Wir können uns über esoterische VTs aufregen, aber in Zeiten von "fake news" und neoliberaler Propaganda drohen wir zwischen unseren "Doppelstandards" aufgerieben zu werden. Und nur, weil wir Propaganda feststellen, heißt das nicht, dass die Gegenpositionen automatisch "besser", "wahr" usw. sind. Es kann sich auch schlicht um Gegenpropaganda handeln.

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Dieser Text erschien zuerst im Blog "Krautism" und wird hier mit freundlicher Genehmigung des Verfassers wiedergegeben.

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Anmerkung des Kapitäns: Ich halte dies für einen sehr bedenkenswerten, wenn auch kritikwürdigen Text, der insbesondere deutlich macht, weshalb es eine ganz schlechte Idee ist, die notwendige Kritik an so manchen "linken MeinungsbildnerInnen" wie beispielsweise den "Nachdenkseiten" dem rechten Troll-Pöbel zu überlassen. Was die aus dieser Vorlage machen, kann man ja lebhaft beim "Herrn Karl" (den ich hier gewiss nicht verlinke) und vielen anderen nachlesen.

Gewiss pflichte ich nicht jedem Punkt, den Arbo genannt hat, bei – in der Summe jedoch bin ich ganz nah bei ihm und danke ihm wärmstens für die Erlaubnis, den Text hier ebenfalls publik machen zu dürfen.

Kritik ist nicht nur erlaubt, sondern erwünscht! Ich persönlich glaube den Mumpitz von den islamistischen Verschwörern, die am 11. September 2001 "Amerika angegriffen haben", ebensowenig wie den Gegenentwurf des nicht weniger "verschwörerisch" auftretenden Daniele Ganser, der im Text zwar nicht namentlich erwähnt wird, aber offensichtlich gemeint ist. Es ist sicherlich kein Zufall, dass dieser populäre Wissenschaftler, der völlig unwissenschaftlich agiert und argumentiert, inzwischen im (finanziell wohl sehr lohnenden) Compact- und KenFM-Sumpf angekommen ist, in dem sich dumme, verblendete und rechtsextreme Menschenfeinde die braune Klinke in die Hand geben.

Ja, Verschwörungen gab es stets und gibt es ganz gewiss auch heute – aber wer diesem Fiasko auf Nachdenkseiten-, KenFM- oder Ganser-Art beikommen möchte, springt mit voller Absicht in die Jauchegrube und suhlt sich darin wie ein hirntoter Esoteriker, der zu lange dem Faulfuß'schem Stumpfsinn von "Jenseits der Realität" ausgesetzt war.

Montag, 6. März 2017

Der Analplug des Kapitalismus: Gewerkschaften


Zur Rolle der Gewerkschaften im kapitalistischen System dürfte inzwischen wohl kaum mehr Informationsbedarf bestehen – es sollte hinreichend bekannt sein, dass diese Organisationen, die auch zu früheren Zeiten schon nichts anderes waren als schnöde Mitbewahrer des kapitalistischen Ausbeutungssystems, heute weitestgehend korrumpiert sind und nichts weiter darstellen als einen weiteren Stein in der Mauer, die Lohnsklaven von der in utopischer Ferne liegenden antikapitalistischen Befreiung trennt.

Trotzdem ist es doch immer wieder hilfreich, einzelne besonders widerwärtige Figuren aus diesem institutionalisierten Sumpf exemplarisch herauszugreifen, um auch dem letzten ausgebeuteten Dummdödel in Kapitalistan begreiflich zu machen, dass Gewerkschaften nicht seine Interessen vertreten, sondern die Interessen der Funktionäre und damit des Kapitals. Der folgende ist kein Einzelfall, sondern ein typisches Beispiel, auch wenn der Text bei Zeit Online dies geflissentlich verschweigt, wo ich vor einigen Tagen las:

Wahrscheinlich ist Horst Neumann einer der reichsten Gewerkschafter im Ruhestand. Fast 50 Millionen Euro verdiente Neumann zwischen 2005 und 2015 als Personalvorstand von Volkswagen. Außerdem zahlt das Unternehmen dem 67-Jährigen in den kommenden Jahren eine Pension aus, deren Wert aus heutiger Sicht insgesamt etwa 23,7 Millionen Euro beträgt. / Konzernbosse haben es schon schwer genug, vor ihre Beschäftigten zu treten, um ihre Vergütung zu rechtfertigen. Wie aber erklärt der langjährige IG-Metall-Mitarbeiter Horst Neumann einem Malocher vom Band, dass er gerecht entlohnt wird? / Die Antwort: gar nicht.

Neumann hat eine beispielhaft systemkonforme Gewerkschaftsbiografie aufzuweisen, die ihn letztlich an die Fleischtröge geführt hat. Allerdings sollte bei der Betrachtung nicht vergessen werden, dass auch die Millionen, die diesem Herrn für wohlfeiles Verhalten aufs Konto überwiesen wurden, im herrschenden System nichts weiter als Peanuts aus der Portokasse sind. Auch Neumann ist nur ein Lakai – wenn auch ein sehr nützlicher und besonders treuer. Damit ist er allerdings ein glühendes Vorbild für all die nachrückenden Gewerkschafts- sowie Parteifunktionäre aus dem "linken Spektrum", die auch gerne Millionäre wären und mehr als bereit und willig sind, jede Menge Schwänze zu lutschen und Kotwürste zu inhalieren, um es – dem Thema angemessen – vulgär zu formulieren. Die Herren Schröder, Schulz oder Steinmeier grüßen stramm und brav schluckend.

Es bedarf keiner gesonderten Erwähnung, dass der Autor dieses Zeit-Artikels nirgends irgendwelche systemischen Zusammenhänge thematisiert oder auch nur andeutet. Für ihn ist Herr Neumann einfach ein (womöglich bewundernswertes?) Arschloch und ein "bedauerlicher Einzelfall" – andernfalls wäre der Text in dieser Form wohl auch nicht publiziert worden. Auf der anderen Seite ist dieser Text ein vortreffliches Beispiel dafür, wie auch noch die letzten Reste der womöglich vorhandenen Gegenwehr und Solidarität erfolgreich ausgemerzt werden.

Das Thema ist indes so alt wie der westliche Kapitalismus seit 1945: Ohne kaptitalfreundliche Geschwerkschaftsfunktionäre wäre der furchtbare soziale Kahlschlag der "sozialdemokratischen Agenda 2010" nicht so ohne weiteres umsetzbar gewesen, und schon in den 80er Jahren war es in diesen verhurten Kreisen opportun, die Interessen der angeblichen Klientel munter zu verraten. Ich erinnere nur an den kürzlich hier geposteten Song der Dead Kennedys aus dem Jahr 1985, in dem es heißt ("unions" bedeutet "Gewerkschaften"):

The unions agree: "Sacrifices must be made!
Computers never go on strike!
To save the working man
You've got to put him out to pasture!"

Die Frage, weshalb irgendwelche Hanswürste, die zufällig – meist aufgrund einer feudalen Erbschaft – Kapitaleigner sind, laufend satte Profite kassieren, obwohl sie nichts tun, während die überwältigende Mehrheit der Menschen sich den Rücken krumm schuftet und dafür mit lächerlichen Almosen abgespeist wird, wird weder in der Zeit, noch in den Gewerkschaften gestellt. Das perverse System brummt und die Sklaven bleiben ruhig – und die Gebildeteren können sich nun schön über Herrn Neumann aufregen und dabei stets im Hinterkopf behalten, dass sie es ja genauso täten, wenn sie denn nur die Chance dazu bekämen, ebenfalls ein paar Millionen zu ergaunern.

Am Rande sei noch erwähnt: Wenn mir jemand eine Million oder auch nur einen Bruchteil davon anböte, damit ich mit meinem Geseiere hier endlich aufhöre und das kapitalistische System nicht weiter störe – ja, dann nähme ich das unverzüglich an und hielte ab sofort mein Maul! Soviel Ehrlichkeit muss schon sein angesichts der widerwärtigen Armut, in die SPD und Grüne unter tatkräftiger Mithilfe auch der Gewerkschaften mich gestürzt haben und die mich und Millionen andere jeden Tag aufs neue vor die Frage stellt, wie die nächsten Wochen ohne Stromsperre, ohne Telefon und Internet oder ohne den unfreundlichen Besuch des Gerichtsvollziehers zu überstehen sein sollen. Im Kapitalismus wird man sehr schnell zur liderlichen Hure – je ärmer jemand ist, desto schneller und billiger geschieht das.

Ich hätte wohl rechtzeitig in eine Gewerkschaft – oder in die SPD – eintreten müssen, um das zu vermeiden ... ;-)

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Die neue Notverordnung
[oder: Der sozialdemokratisch-grüne Hartz-Terror zur Sicherung der kapitalistischen Profite]


"Der Reichs-Hund soll nicht verhungern, wir haben ihm noch mal ein Stück vom Schwanz abgeschnitten und füttern ihn damit!"

(Zeichnung von Olaf Gulbransson [1873-1958], in "Simplicissimus", Heft 12 vom 22.06.1931)